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Rechte Demos zum 1. MaiNeonazis dürfen marschieren

Die Rechtsstreite sind entschieden. Alle geplanten Neonazi-Demos um den 1. Mai haben die Gerichte zugelassen. Sie konzentrieren sich auf Bremen, Greifswald, Halle und Heilbronn.

Tausende Menschen wollen sich den Neonazis entgegenstellen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Alleine noch der angekündigte breite Protest von Antifa-Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und Kirchen könnte die Märsche in Bremen, Greifswald, Halle und Heilbronn stoppen. "Keinen Meter der NPD!", heißt es in Bremen. Doch auch in den anderen Städten wird aufgerufen, früh aufzustehen, um sich den Neonazis entgegenzustellen.

An der Weser will die NPD schon einen Tag vor dem "Internationalen Tag der Arbeiterbewegung" aufmarschieren. Ab 10 Uhr sollen ihre Anhänger unter dem Motto "Soziale Sicherheit statt Raubtierkapitalismus" zum Bahnhof Neustadt anreisen. Von hier soll die zentrale Demo des NPD-Parteipräsidiums durch den Bremer Stadtteil starten. Viel Partei- und Szeneprominenz ist als Redner angekündigt: der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt, die Chefin der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangenen und deren Angehörige" Ursel Müller, und der NPD-Bundesvize und –Bürgerschaftsspitzenkandidat Matthias Faust. Ist der Marsch doch auch von dem NPD-Wahlkampfleiter Jens Pühse bewusst als zentrale Wahlaktion zur Bremer Bürgerschaftswahl am 22. Mai ausgerichtet.

Geschickt kündigte Pühse seit Monaten auch einen Sozialkongress zum 1. Mai an. Einen Tag vor dem heutigen Marsch spricht der Wahlkampfleiter bei den Mobiliserungsankündigungen und Auflage-Bekanntgaben im Internet nicht mehr von einem Kongress. Die Kundgebungen bei dem Marsch scheinen wohl jetzt "der" Kongress zu sein – wenn sie überhaupt marschieren können.

In Bremen werden zu dem NPD-Marsch, an dem etwa 250 Anhänger teilnehmen sollen, massive Gegenpoteste erwartet. Bei zwei kleinen Wahlkampfaktionen vorher wurde die NPD bereits mit starkem und lautem Gegenprotest konfrontiert – spontan organisiert.

Zu der Gegendemonstration erwartet der DGB bis zu 5.000 Menschen. An die 3.000 Polizeibeamte sollen die Route der Neonazis sichern. Das Aktionsbündnis "Keinen Meter" ruft die Anwohner der Neonazimarschroute auf: "Versammelt euch vor euren Häusern, setzt euch auf die Straße, hängt Transparente und Plakate auf oder spielt laute Musik. Auch Wasserbomben, der Blumentopf auf der Fensterbank und euer (Sperr-)Müll auf der Straße können der NPD ihren Marsch vermiesen".

In Greifswald verließen sich weder die Stadt noch das Aktionsbündnis auf das Oberverwaltungsgericht. Schon vor der Aufhebung des Marsch-Verbotes am Freitagnachmittag wurde betont, dass zur Kundgebung und Blockade weiter mobilisiert werde. Unter dem Motto "Fremdarbeiter stoppen" will die NPD am Sonntag aufmarschieren. In Heilbronn und Halle hoffen Bündnisse am 1. Mai die Märsche der Freien Nationalisten unter dem gleichen Motto ebenso stoppen zu können. "Halle blockt" heißt es und "Heilbronn stellt sich quer –gemeinsam Nazis blockieren".

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6 Kommentare

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  • N
    Niko

    Schön genehmigt. Und wen darf ich jetzt wegen Ruhestörung am Sonntag zwischen 12:00-14:30 verklagen! Sollen die Gerichte die nächsten Demonstrationen in ihren Gärten genehmigen.

  • S
    Schlummi

    Ist Demokratie denn wirklich so schwer zu leben ?

     

    Meinungsfreiheit, Demonstrations- und Versammlungs- recht gelten für alle Bürger gleichermaßen, ob nun linke Gesinnung, rechte oder dazwischen.

     

    Unsere Verfassung sieht es nicht vor, daß sich eine politische Gruppe das Recht anmaßt, die genehmigte Veranstaltung einer anderen politischen Gruppe zu stören oder zu verhindern, auch wenn man diese noch so sehr ablehnt.

     

    Das ist Selbstjustiz.

    Und Selbstjustiz ist immer falsch und willkürlich, gleichgültig ob sie von rechts oder links kommt.

     

    Selbstjustiz ist auch dann falsch, wenn man sie als "Ungehorsam" verniedlicht oder als "Zivilcourage" schönredet.

     

    Es hat es etwas lächerliches, wenn sich 5000 Leute aufmachen, um die Demonstration von 200 zu stören.

    Nein halt, nicht "Demonstration". Linke benutzen grundsätzlich den Begriff "Aufmarsch", wenn es um die Versammlungen politisch Andersdenkender geht.

     

    Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Linke mit einer eigenen Veranstaltung gegen die der Rechten demonstrieren, aber bitte getrennt.

    Wollt Ihr wirklich eine Entwicklung in Richtung des politischen Straßenkampfs, wie in der Weimarer Republik ?

    Warum unterstützt die TAZ eine solche Entwicklung ?

     

    Es gar nicht so lange her, da las ich in der TAZ einen Bericht über eine geplante Homosexuellen-Demo in irgendeiner baltischen Hauptstadt. Rechte Gruppen waren wohl dagegen und wollten dies verhindern.

    Die TAZ zitierte damals einen der Veranstalter in etwa so (aus meiner Erinnerung): "es die Aufgabe der Polizei, diese rechtmäßige Demonstration zu schützen und die ungestörte Durchführung zu gewährleisten".

    Richtig so, auch wenn die Mehrheit anderer Meinung sein sollte, hat jeder das Recht zu demonstrieren, auch eine unerwünschte Minderheit.

     

    Und jetzt noch zu dem Argument, das gerade hier unter den Kommentaren oft zu lesen ist:

    "Das sind Nazis, die haben keine Rechte".

     

    Erstens, jeder Mensch hat Grundrechte, unabhängig von seiner politischen Gesinnung.

    Zweitens, es obliegt nicht Euch, darüber zu entscheiden, wer Nazi ist und wer nicht.

    Bei manchen Linken hat man das Gefühl, sie bezeichnen alles als Nazi, was rechts der Union ist.

    Das ist genauso unsinnig, als würde man alles, was links der SPD ist, als Kommunisten bezeichnen.

     

    In einem Rechtsstaat haben nur Gerichte darüber zu entscheiden, was verfassungswidrig ist und was nicht

    - bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht.

    Und in unserer Rechtsordnung ist nunmal alles erlaubt, was nicht verboten ist - davon profitieren auch Linke.

     

    Fazit: Mein Aufruf zu mehr politischer Toleranz.

     

    Man kann nicht am Grab von Rosa Luxemburg - "Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden" - Kränze niederlegen, sich dann umdrehen und exakt entgegengesetzt handeln.

     

    Tut mir leid, das ist jetzt etwas lang geworden, aber ich musste mir das einfach mal von der Seele schreiben.

  • H
    h.morun

    es mutet schon komisch an, wenn die Medien nur über Linke und Rechte berichten. Wenn jeder, der das Kreuz hat, gegen Rechte Parolen aufzustehen sofort als linker Autonomer betitelt wird, dann sollte es nur noch Linke Autonome geben.

     

    Die Alternative wäre rechts oder wegsehen. Zuviel saßen leider in Strassencafes- nur 100 Meter von den Nazis entfernt. Schämen sollten die Wegseher sich auf jeden fall.

  • E
    Ewald

    "Alle geplanten Neonazi-Demos um den 1. Mai haben die Gerichte zugelassen." Das kann doch nicht war sein. Was alles von Verbrechen im 20 Jahrhundert die Nazis eingerichtet haben. Weist doch jeder. Brach man nicht aufzählen. Und man hat bis jetzt noch diese Partei, als legal funktionierenden Verein. In Deutschland !!! Gehört zu "Demokratie" ? Unfassbar.

  • K
    KlarSicht

    Wieso auch nicht. Islamisten, Salafisten, Antifa, NPD, Autonome usw...jeder darf, solange er auf dem Boden der FDGO steht. In der Enge des Denkens stehen sich die o.g. vermutlich sowieso nahe. Man muß die jeweilige Meinung ja nicht teilen. Mal ganz demokratisch gefragt: wieso wird die NPD als 'Neonazi'-Partei bezeichnet? Müßte sie nicht verboten sein, wenn es so sein sollte?

  • OH
    Olaf Helbmeijer

    Soll doch gut gelaufen sein. 250 Teilnehmer auf Seiten der NPD - keine Störer. So soll es sich verhalten, so soll es auch morgen funktionieren.