: Die Zwangsvereinigung
FUSION Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Kölnische Rundschau“ wollen ihre Lokalredaktionen in eine tarifungebundene Redaktionsgemeinschaft verlagern
AUS KÖLN PASCAL BEUCKER
Es ist eine kleine Bombe, die in Köln explodiert ist. Mitten in den Tarifverhandlungen für die Tageszeitungsbranche haben der Kölner Stadt-Anzeiger und die Kölnische Rundschau angekündigt, die meisten ihrer Lokalredaktionen in einer tarifungebundenen Redaktionsgemeinschaft zusammenzulegen. Dreißig Redakteursstellen sollen wegfallen, außerdem eine bisher nicht genannte Zahl von Pauschalisten.
Ab Juni sollen in der neuen „Rheinischen Redaktionsgemeinschaft“ die Redaktionen der beiden Zeitungen in Rhein-Erft, Rhein-Berg, Rhein-Sieg sowie Euskirchen/Eifel zwangsvereinigt werden. Hinzukommt die bereits zusammengelegte Redaktion in Oberberg. Nur in Köln wird es weiterhin zwei getrennte Redaktionen geben. Was die Sache äußerst pikant macht: Herausgeber der Kölnischen Rundschau ist Helmut Heinen, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). BDZV-Ehrenpräsident Alfred Neven DuMont gibt den Kölner Stadt-Anzeiger heraus. Die beiden versprechen sich mittelfristig eine jährliche Kostenersparnis von 4 Millionen Euro.
Die Journalistengewerkschaften sind brüskiert. „Wer in Tarifverhandlungen lamentiert, er wolle die Tarifflucht von Zeitungsverlagen stoppen, und dann selbst Tarifflucht begehen will, ist unglaubwürdig“, sagte dju-Landesgeschäftsführer Christof Büttner. „Die Vernichtung journalistischer Arbeitsplätze ist schon schlimm genug“, kritisierte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. Die Überführung der verbleibenden Stellen in eine tariflose Gesellschaft zeige zudem „auf erschreckende Weise“, welchen Stellenwert die Tarifverträge für die beiden Verbandsfunktionäre hätten.
Beim Verlag M. DuMont Schauberg, der sowohl den Kölner Stadt-Anzeiger als auch die Kölnische Rundschau verlegt, liegen Personalabbau und Tarifflucht derzeit schwer im Trend. Erst Anfang März musste der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung eingestehen, dass er den Kampf um den Erhalt von 84 Arbeitsplätzen im Druckzentrum, im Verlagsbereich und in der Verwaltung verloren hat. Wenn sich bis zum 30. April nicht genügend Beschäftigte gefunden haben, die die Abfindungs- und Alterszeilzeitangebote des Verlags annehmen, drohen betriebsbedingte Kündigungen. Auf solche soll immerhin bei der Zusammenlegung der Lokalredaktionen verzichtet werden.
Bereits zum Jahreswechsel hat M. DuMont Schaubertg (MDS) die Anzeigenabteilung und den Zeitungsverkauf in die tarifungebundene „MVR Media Vermarktung Rheinland“ ausgegründet. Außerdem lagert MDS die Bildbearbeitung und das Korrektorat an einen externen Dienstleister aus. Die DuMont-Redaktionsgemeinschaft, die den Kölner Stadt-Anzeiger, die Berliner Zeitung, die Mitteldeutsche Zeitung und – trotz ihrer Loslösung von MDS – die Frankfurter Rundschau mit überregionalem Content füttert, ist ebenfalls tariffrei.
67 „journalistische Mitarbeiter“ sollen künftig in der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft „ständig beschäftigt“ sein – wie viele davon als festangestellte Redakteure und wie viele nur als Pauschalisten, wird bisher nicht verraten. „Da die Gespräche mit Mitarbeitern und Betriebsrat nun erst beginnen und somit auch Detailplanungen jetzt erst in Angriff genommen werden, können wir weitergehende Aussagen noch nicht treffen“, teilte MDS-Sprecher Wolfgang Brüser auf taz-Nachfrage mit.