ULRICH SCHULTE ÜBER DIE WAHLVERSPRECHEN DER CDU: Beschämender Klamauk
Die Chuzpe der CDU ist wirklich bewundernswert. Sie scheut sich nicht, in dem irren Schauspiel um die milliardenschweren Wahlversprechen ihrer Kanzlerin noch einen draufzulegen. Fraktionschef Volker Kauder sagt jetzt allen Ernstes, diese stünden selbstverständlich „unter Finanzierungsvorbehalt“. Das ist Politiksprech und heißt übersetzt: Wir machen es nur, wenn Geld da ist. Vielleicht also. Vielleicht aber auch nicht.
Um diese Ansage wirklich würdigen zu können, ist nötig, sich die vergangenen Tage zu vergegenwärtigen. Erst erklärt Kanzlerin Angela Merkel ihrem Volk, welche Wohltaten sie ihm nach der Wahl gewähren will. Was sie kosten, sagt sie nicht, aber ihre CDU verspricht: Die Steuern werden auf keinen Fall erhöht. Medien rechnen aus, dass Merkels Pläne die gigantische Summe von 28,5 Milliarden Euro kosten würden. Daraufhin muss Kauder, ein Merkel-Getreuer, öffentlich erklären, das sei doch sowieso alles nicht so Ernst gemeint gewesen.
Aber klar doch! Alles nur Spaß! Über all das könnte man lachen oder wahlweise aus Verzweiflung den Kopf auf die Tischplatte schlagen. Doch damit würde man dem Vorgang nicht gerecht. Die CDU verkauft die Wähler in einer Art und Weise für dumm, die man nur abenteuerlich nennen kann. Wer etwas verspricht, muss dazu sagen, wie er es finanzieren will. Und er muss sich zumindest ernsthaft bemühen, das dem obersten Souverän gegebene Versprechen zu halten.
Indem die CDU allein auf die Popularität Merkels und ansonsten auf haltlose Versprechen setzt, entkernt sie Politik. Sie wird dann zum inhaltsleeren Klamauk, der die Menschen im besten Fall ratlos zurücklässt, im schlechtesten Fall aber tief frustriert. Vor Kurzem haben sich führende CDUler noch das Maul zerrissen über das solide gegenfinanzierte Wahlprogramm der Grünen. Das Beispiel ihrer eigenen Partei müsste ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Inland SEITE 6
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