: Geld her! Irgendwie
ORTSTERMIN Der Mann, der gerade mit der Nachrichtenagentur dapd scheitert, diniert in Hamburg
Vielleicht war das der letzte Podiumsauftritt von Martin Vorderwülbecke als edler Medienunternehmer: Der Gesellschafter der insolventen Nachrichtenagentur dapd durfte am Dienstagabend in einem vornehmen Setting noch einmal den Kämpfer für staatsferne Medien und Agenturen, das Leistungsschutzrecht und die Pressefreiheit an sich geben.
Die Hamburgische Notarkammer hatte ihn eingeladen in die Eventlocation „Ehemaliges Hauptzollamt“ in der Hamburger Speicherstadt vor rund 30 ausgewählten Gästen, Notaren und Journalisten – ein großes Anzugträgertreffen: vier Tische auf Parkett, offene Dachbalken, Blick hinüber auf die alten Spiegel-Gebäude. Dazu ein Drei-Gänge-Menü, Hauptgang Wiesenlammkarre. Davor: eine kurze Podiumsdiskussion mit der SPD-Bundestagsabgeordneten und Exjustizministerin Brigitte Zypries und dem Leiter der Google-Rechtsabteilung Arndt Haller zum Thema Freiheit versus Urheberschutz im Netz. Eigentlich.
Am Ende ging es, angestoßen von Vorderwülbecke, nur um Leistungsschutzrecht – oder andere Wege vom Suchmaschinen-Giganten, Geld zu holen, um die freie Presse ohne Staatsgeld zu retten. Vorderwülbecke hatte Freude daran, sich mit dem Google-Vertreter Haller anzulegen. „Irgendwie muss mehr Geld ins System“, sagt Vorderwülbecke und schlägt eine Google-Steuer vor. Glaubt der Mann, seine gerade zerschellende Agentur könnte bei den Verlagen kostendeckende Preise durchsetzen, wenn die erst mal Google-Geld bekommen? Darauf antwortet der Investor: „Es ist die Frage, ob es zwei Vollagenturen in Deutschland geben kann. Die Frage hat sich entschieden.“ Mehr wolle er zu dem Thema nicht sagen.
Die Hamburger Notare sind hanseatisch-höfliche Gastgeber, einer hat auch schon mal für Vorderwülbecke gearbeitet. Das Wort Insolvenz fiel an diesem Abend nicht: Axel Pfeifer von der Notarkammer stellte ihn als Investor vor, der „mehr Spiel- und Standbeine hat, als sich die meisten hier erträumen“. Kein Wort übers Stolpern, über Verantwortung für Mitarbeiter und Hauruckentscheidungen.
Die Kammer hatte Vorderwülbecke eingeladen, als von seinem Scheitern noch niemand wusste, das Treffen atmete glorreiche Vergangenheit. Die Gegenwart war nicht dabei.
DANIEL KUMMETZ, HAMBURG