piwik no script img

Presse-Akkreditierung für Frauenfußball-WMWir müssen nicht mehr draußen bleiben

Polizei und Geheimdienst prüfen persönliche Daten von Journalisten tiefgehend - bei der Frauen-WM 2011 wird das nun anders sein. Doch eine Hintertür lässt sich die Fifa offen.

Bei der Fußball-WM im Sommer ist auch die taz nah am Ball. Bild: dapd

BERLIN taz | Am 26. Juni wird im Berliner Olympiastadion die Frauenfußballweltmeisterschaft feierlich eröffnet. Die taz wird dabei sein und darüber berichten. Selbstverständlich ist das nicht. Zu den Großereignissen der vergangenen Jahre war die taz nicht zugelassen worden, weil sich ihre Reporter geweigert hatten, einer polizeilichen und geheimdienstlichen Tiefenprüfung ihrer Daten zuzustimmen. Eine derartige Sicherheitsüberprüfung, wie es sie bei der Leichtathletik-WM 2009 und der Ski-WM im Februar 2011 gab, wird im Vorfeld der Fußball-WM, deren Akkreditierungsphase am 1. März begonnen hat, nicht durchgeführt. Für die taz ein Erfolg.

Mit dem taz-Boykott der Berichterstattung von der Leichtathletik-WM wurde eine Diskussion angestoßen, an der sich neben dem Deutschen Journalisten-Verband auch Juristen von ARD und ZDF sowie Vertreter der Zeitschriften- und Zeitungsverleger beteiligt haben. Gemeinsam wurde eine Änderung der Akkreditierungspraxis für sportliche und politische Großverantstaltungen gefordert: Journalisten auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen sei nicht notwendig.

Wer aber gehofft hatte, die geballte Medienmacht, die sich da an einem Tisch versammelte, würde schnell etwas bewirken, sah sich getäuscht. Von der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen durfte wieder nur berichten, wer sich durchleuchten ließ.

Den großen Medienhäusern, auch den öffentlich-rechtlichen Sendern war das Thema dann doch nicht so wichtig, was ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz der taz gegenüber genau so zugab.

Umso überraschender ist da, dass bei der Frauen-WM die Zuverlässigkeitsüberprüfung ausbleibt. Das Organisationskomitee der WM hatte eine solche nie für notwendig gehalten, aber immer auch gesagt, dass eine derartige Entscheidung letztlich auf der Innenministerkonferenz getroffen wird und nicht in den Büros der WM-Organisatoren. Und ganz gewiss ist es noch nicht, ob es bei einer neuen Einschätzung der Sicherheitslage nicht doch noch zur großen Durchleuchtung kommt. Eine Hintertür dafür lassen die Akkreditierungsrichtlinien der Fifa zu: "Die Antragsteller erklären sich damit einverstanden, dass die persönlichen Daten an die zuständigen Polizeibehörden weitergeleitet werden können, damit diese eine Sicherheitskontrolle vornehmen können." Ein bisschen ist es dann doch wie gehabt: Journalisten als mögliche Gefahrenquelle.

Derer gibt es mehrere bei Großveranstaltungen. Deshalb werden auch Würstelverkäufer durchleuchtet. Nicht auszudenken, wenn es für die Presse eine Sonderbehandlung gäbe, meinte Franz Sommerauer, Sprecher des Polizeipräsidiums Rosenheim, am Rande der Ski-WM und versetzte sich in die Lage eines Terroristen: "Dann würde ich mir doch eine Journalistenakkreditierung besorgen." Mal sehen, wer sich bei der Frauen-WM so auf den Pressetribünen herumtreibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    Passt mal wieder zu der Selbstgerechtigkeit der Journalisten.

    Denkt auch nur ein einziger Journalist über die Motivation der Veranstalter nach? Nein. ICH werde in meinen Sonderrechten beschnitten, ICH ICH ICH.

    Abgesehen davon, dass sich dieser Berufszweig durch das Recht auf freie Meinungsäußerung von der Pflicht zur Sachkenntnis befreit sieht, wird schnell vergessen, dass es immer wieder Kollegen gibt, die ihren Status anderen Idealen unterordnen. Welcher Journalist hat sich von dem Schuhwerfer distanziert? Sehr wenige! Bei einem Terroristen auf der Marvi Marmara reichte eine Mitgliedschaft im Journalistenverband um seinen Tod zu verurteilen. Das dieser Typ, der aktiv an Lynchversuchen beteiligt war, einen Presseausweis sein Eigen nannte, störte keinen seiner Kollegen. Warum nicht? Diese Frage kann der TAZ-Autor beantworten, der sich intensiv mit den Folgen der Gleichgültigkeit der Journalisten auseinandersetzt, aber nicht mit dem Verhalten der Journalisten.

  • T
    Terrourist

    Werden denn alle Zuschauer auch so durchleuchtet? 0der meinen die Sicherheitsexperten, ein Terrorist könne sich kein Ticket leisten?