DuMont Schauberg Verlag: Krach, Klage und Kündigungen
Der Kölner DuMont Schauberg Verlag klagt gegen die Wahl des eigenen Betriebsrats. Unter den Mitarbeitern herrscht Angst vor Kündigungen.
KÖLN taz | Das Kölner Medienhaus M. DuMont Schauberg (MDS) eskaliert den Konflikt mit den Beschäftigten. Die Geschäftsführung will den gerade gewählten Betriebsrat nicht anerkennen. Sie hat beim Arbeitsgericht Köln eine Anfechtungsklage gegen die Wahl eingereicht.
An den Wahlen zum Betriebsrat am Kölner Stammsitz von MDS hatten sich Mitte März 62 Prozent der Beschäftigten beteiligt. Der Streit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat entzündet sich an den Wahlberechtigten. Konkret geht es um rund 90 VerlagsmitarbeiterInnen, die MDS zu Jahresanfang in die tarifungebundene Tochtergesellschaft „MVR Media Vermarktung Rheinland“ (MVR) verschoben hat. Nach Auffassung des Betriebsrats gehören sie zur Belegschaft, da MDS und MVR ein gemeinsamer Betrieb seien.
Das sieht die Geschäftsführung anders. Der Wahlvorstand habe „die beiden Unternehmen aus unserer Sicht rechtlich unzutreffend als gemeinsamen Betrieb qualifiziert“, heißt es in einer Information an die MitarbeiterInnen. Es handele sich um eine „unrechtmäßige Wahl“. Deshalb würde MDS sie anfechten.
Jetzt muss das Kölner Arbeitsgericht entscheiden. „Die MVR hat Anspruch auf einen eigenen Betriebsrat, der sich ausschließlich auf die Interessen der MVR-Mitarbeiter konzentriert“, so Geschäftsführer Karl-Heinz Goßmann. „Wir gehen davon aus, dass ein rechtskräftiges Urteil erst in bis zu zwei Jahren vorliegen wird“, sagt er. Bis dahin werde MDS „weiterhin mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten“.
Verdi-Gewerkschaftssekretär Stephan Otten geht davon aus, dass es um eine gezielte Schwächung des Betriebsrats geht. Hintergrund sei der derzeit stattfindende Umbau des Verlagshauses. „Dabei will die Geschäftsführung möglichst wenig gestört werden“, sagt Otten.
„Die Stimmung im Haus ist katastrophal“
Im Herbst vergangenen Jahres hat die Unternehmensleitung angekündigt, 84 MitarbeiterInnen in Verlag, Druckerei und Verwaltung betriebsbedingt zu kündigen. Nach zähen Verhandlungen mit dem Betriebsrat ist MDS nun zwar bereit, den von Kündigung betroffenen Beschäftigten ein Abfindungs- und Altersteilzeitangebot zu machen. Nehmen es nicht genug MitarbeiterInnen an, wird es zu Entlassungen kommen. Die Entscheidung darüber fällt in den kommenden Wochen. „Die Stimmung im Haus ist katastrophal“, sagt ein Insider. Die KollegInnen hätten Angst.
Daneben filetiert MDS kräftig. Viele Bereiche des Medienhauses werden in tarifungebundene Tochtergesellschaften ausgelagert. So werden inzwischen die digitalen Angebote von Kölner Stadt-Anzeiger, Berliner Zeitung, Mitteldeutscher Zeitung, Express, Hamburger Morgenpost und Berliner Kurier in der tarifungebundenen Du Mont Net gebündelt.
Die Personalbetreuung an den Verlagsstandorten Köln, Berlin und Halle hat zum 1. April die ebenfalls tariffreie DuMont Personal Management GmbH übernommen. Außerdem sollen die meisten Lokalteile des Kölner Stadt-Anzeigers und der Kölnischen Rundschau zusammengelegt werden. Von bisher rund 110 sollen nur noch 67 „journalistische Mitarbeiter“ in der neuen von MDS und dem Verlag Heinen gemeinsam betriebenen „Rheinischen Redaktionsgemeinschaft" ständig beschäftigt sein.
Wie die Anfechtungsklage ausgeht, gilt als offen. Eine eindeutige Rechtsprechung gibt es zu diesem Sachverhalt noch nicht, heißt es. Beim Kölner Stadt-Anzeiger und bei der Kölnischen Rundschau laufen die Gespräche zwischen Unternehmensvertretern und den JournalistInnen, die von der Zusammenlegung der Lokalteile betroffen sind. Bei der Rundschau lassen sich viele vom Betriebsrat begleiten, beim Stadt-Anzeiger nicht.
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