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DIE DREI FRAGEZEICHEN„Die Bayern der Mobilisierer“

WIE KOMMT DAS? Endlich ist das Ruhrstadion wieder gut gefüllt – allerdings nicht wegen des VfL Bochum. Aleviten gegen Erdogan heißt der Publikumsschlager

taz: Herr Akin, der VfL Bochum bringt es in dieser Saison auf durchschnittlich 14.073 zahlende Zuschauer pro Heimspiel. Beim Protest gegen Erdogan brachte die alevitische Gemeinde am letzten Wochenende über 20.000 Menschen ins Ruhrstadion. Wie machen Sie das?

Serdar Akin: Das liegt weniger an uns als am Unmut der Teilnehmer über die Ereignisse in der Türkei. Die Verjährung des Gerichtsprozesses gegen die Täter des Pogroms von Sivas wurde vom türkischen Präsidenten Erdogan positiv kommentiert. Das ist etwas, was die Menschen sehr bewegt. Dieser Unmut hat zu diesen Menschenmengen geführt. Dabei hätte Erdogan einen Preis aus Bochum eigentlich verdient gehabt: Wenn man Bochum nicht mit „ch“, sondern mit „k“ schreibt – also Bokum –, ist es im Türkischen ein Wort für Scheiße. Sie halten wohl nicht viel von Bochum.

Sorry, aber ich komme aus Dortmund.

Hinter dem VfL steht eine riesige Vertriebsstruktur. Wie sieht Ihre Organisation aus?

Wir sind die Bayern der Mobilisierer. Zur alevitischen Gemeinde in Deutschland zählen 132 Ortsgruppen in elf Bundesländern. Außerdem haben wir das Glück, einen eigenen Fernsehsender betreiben zu können. Und wir als alevitische Jugendgemeinde können via Facebook und Twitter die Erwachsenenverbände zusätzlich stark unterstützen. Derzeit mobilisieren wir zu einer Großkundgebung am 31. März in Istanbul. Dort wer- den bis zu einer Million Menschen erwartet, die gegen das Urteil des Gerichts und gegen die Aussagen Erdogans demonstrieren wollen.

INTERVIEW: MARTIN KAUL

Serdar Akin, 28, ist Vorsitzender im Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ) und Vorsitzender der alevitischen Jugend in Europa

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