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Kommentar EntwicklungsministeriumDas System Niebel bleibt

Kommentar von Hanna Gersmann

Niebel hat die Entwicklungshilfe bürokratisiert und machte aus dem Ministerium ein FDP-Sozialamt. Das wird ihn als Minister überleben.

Umstritten: Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel. Bild: dpa

W er glaubt, die Bilanz von FDP-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel ist desaströs, weil er nur an die deutsche Wirtschaft und an Exporte denkt, irrt. In dieser Hinsicht war er viel weniger schlagkräftig, als er selbst gerne vorgibt.

Das viel größere Problem illustriert der Fall Büssemaker. Niebel hat die Entwicklungshilfe aufgebläht und der FDP zu eigen gemacht. Selbst angenommen, dass es im September zum Machtwechsel kommt: Das System Niebel bleibt.

Niebel, der beharrliche Verfechter eines schlanken Staats, in dem Eigeninitiative und Subsidiarität so wichtig sind – er hat die Entwicklungshilfe bürokratisiert. Einst wollte Niebel das Amt abschaffen. Da war er noch nicht der Chef. Als er dies überraschend übernahm, erklärte er, er werde kein „Weltsozialamt“ leiten. Man muss sich das noch mal in Erinnerung rufen, um den Widersinn zu erkennen.

Niebel schaffte nicht nur die staatliche Anlaufstelle für die Initiativen in der Entwicklungshilfe, die diese gar nicht wollten. Er machte aus drei bundeseigenen Hilfsorganisationen eine große, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), eine Art staatlichen Monopolisten. Er vergrößerte sein Ministerium, so gibt es nicht nur fünf statt vorher drei Abteilungsleiter. Letzendlich machte er aus dem Entwicklungsministerium ein FDP-Sozialamt.

Ein FDP-Minister brachte alte FDP-Kollegen unter, gescheiterte Bundestagskandidaten, Vorsitzende aus Ortsvereinen. Niebel besetzte nicht nur die Schlüsselpositionen mit seinen Günstlingen. Das machen andere übrigens auch. Niebel stellte selbst bei Referentenstellen die fachliche Eignung hinten an.

Nun kann eine Nachfolgerin des FDP-Ministers Referenten aus gutem Grund nicht einfach feuern. Niebel bleibt fest im Staatsapparat verankert. Zu fest.

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taz-Autorin
War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.
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8 Kommentare

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  • C
    claudi

    Einer wird gestürzt weil er von einem Freund die Zahlung v. 700 € (?) fürs Hotelzimmer angenommen hat (was er später zurückgezahlt haben soll) dafür zahlen wir Steuerzahler dem Herrn lebenslang 250.000 € pro Jahr plus ....

    Der hier holt sich eine Frau ins Haus die im Jahr 100.000 Gehalt bekommt, also ein Managergehalt.

    Frage wofür dies hohe Gehalt ??

    Sollte sie nun entlassen werden ? Welche Zahlungen bekommt sie dann von Steuergeldern.

    Ja da waren noch die Millionen für die Drohnen usw. auch er sitzt immer noch auf seinem Stuhl.

    Das gehört auch ins schwarze Buch der Steuerverschwendung

  • G
    gerdh

    komisch, diese Ministerium war unter der "roten Heidi" eine Geldverteilmaschine für gutbürgerliche Abiturienten in den sogenannten "NGOs", die sich aber alle an die Fleischtöpfe dieses "G" heranwanzten.

     

    kaum macht der Niebel das gleiche mit der eigenen Klientel, kommt der Aufschrei

     

    wäre glaubhafter gewesen, wenn das Empören früher eingesetzt hätte. alle kommentare, die man jetzt so liest haben ja alle den gleichen Tenor: die haben mir Geld weggenommen, also eine reine Machtfrage. Um Inhalte gehts da ja gar nicht.

     

    schönen gruß von einem, der den entwicklungspolitischen Irrsinn aus den rot-grünen Tagen in Afrika selbst erlebt hat.

     

    PS: das bedeutet aber natürlich keinen Persilschein oder Lob für Niebel - der macht das gleiche Spiel weiter, nur mit anderen Beteiligten...

    • @gerdh:

      Ich sehe das genauso. Die "rote Heidi" habe ich noch schlimmer Erinnerung.

  • C
    cirrus

    Dass Herr Niebel als Entwicklungshilfeminister ein schlechter Witz ist, ist schon längst klar. Warum jedoch das "System Niebel" ihn selbst überdauern würde, das begründet der Artikel nicht wirklich...

  • Z
    Zorro

    Jemand mit relativ intimer Kenntnis des Entwicklungshilfeministeriums sagte mir einmal, er halte die FDP nur noch für eine "kriminelle Vereinigung". Speziell Niebel steht seit Jahren im gut belegten Verdacht, alles andere als ein eherenwerter Mensch zu sein, sondern ein Eigennutz-Minister, wie auch immer, es scheint da jedenfalls eine "Uternehmerblase" auch rund um Westerwelle zu geben, die sich wiederum über die Nibel-Connection lukrative Aufträge zuschachern lässt. Wie bedauerlich, dass den Auftragsvergaben des Entwicklungsministeriums nicht mal genau auf den Grund gegangen wird, da käme vermutlich einiges zu Tage, was als Vetternwirtschaft noch viel zu nett bezeichnet wäre. Es scheint eher der quer durch Europa überall zu beobachtenden "Kriminalität im Amt" zu gleichen, das ist das darüber liegende Thema.

    Viele freundliche Grüße, Zorro

  • NN
    Niemehr Niebel

    Das schlimmste an der Causa Niebel finde ich eigentlich, dass dessen Machenschaften nicht mal wirklich als Skandal wahrgenommen werden und sein unglaublicher Nepotismus und fachliche Inkompetenz einen geringeren Einfluss auf die Bundestagswahl haben werden, als eine BILD-Kampagne gegen den Veggie-Day. Das Signal, das davon ausgeht: Solange du als Politiker keine heissen Eisen anfasst, kannst du dir eigentlich alles erlauben. Musst nur dreist genug sein. Bei aller Inkompetenz und Ignoranz im Kabinett Merkel ist Niebel wirklich der absolute Überflieger.

  • Herr Niebel sieht zu, dass die Steuern im eigenen Land - und möglichst in der eigenen "Familie" - bleiben. Was er hierhin leitet, spart er immerhin an anderer Stelle ein, wie an bereits gemachten und von ihm zurückgezogenen Zusagen über finanzielle Hilfen bspw. zum Schutz des Regenwaldes.

     

    Die Liste wäre lang. Seine Gegenrechnung geht auf. Das Ansehen Deutschlands leidet. Der Gerechtigkeitssinn ebenfalls. Aber der Wähler hatte sich für diese Partei entschieden - und die Kanzlerin für diesen Minister.

  • R
    ridicule

    liebe taz - wo bleibt das Positive?

     

    Von "kw" zu "ku" und diese Beschränkung auf nur eine StaatsdienerInnenstelle

    das ist doch ein Fortschritt;

     

    würde einfach das "kw" für Dichter Nebel anmahnen!

    schaung mer mal - nach dem 22. was dann an den

    Wassern von Babylon so los ist, ob und wenn sich

    der Nebel verzogen hat.