piwik no script img

Kommentar EZB-PolitikDraghis riskantes Spiel

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Euro-Zentralbankchef Mario Draghi wollte den Griechen den Geldhahn zudrehen. Prompt muss er noch mehr Geld nach Athen schicken.

Will von griechischen Staatsanleihen wenig wissen: EZB-Chef Mario Draghi. Bild: reuters

S o schnell kann es gehen. Am Donnerstag wollte Euro-Zentralbankchef Mario Draghi den Griechen den Geldhahn zudrehen – und prompt muss er noch mehr Geld nach Athen schicken. Der Reihe nach: Erst traf Draghi die überraschende Entscheidung, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten zu akzeptieren. Prompt bekamen die Griechen Angst, ihr Land könnte doch noch aus dem Euro fliegen.

Offenbar haben die ersten Sparer sofort gehandelt und ihr Geld von den griechischen Banken abgezogen. Damit die Institute in Athen nicht sofort Pleite sind, musste Draghi jetzt eingreifen – und Notkredite von bis zu 60 Milliarden Euro für die griechischen Banken bereitstellen. So sieht Politik aus, die nach hinten los geht.

Draghi hat alles falsch gemacht. Er kippte die EZB-Hilfslinie für Griechenland ausgerechnet nach seinem ersten Gespräch mit dem neuen Finanzminister Janis Varoufakis. Kurz zuvor hatte Bundesbankpräsident Jens Weidemann genau diesen Schritt gefordert – und Härte gegen die neue Linksregierung in Athen.

Dass ein solcher Warnschuss schon seit Tagen von Bundesbank und Bundesregierung gefordert wird, macht Draghi zu einem objektiven Bündnisgenossen der fiskalpolitischen Hardliner um Finanzminister Wolfgang Schäuble. So wird er vom Feuerlöscher zum Brandstifter. Die Finanzmärkte, die sich nach Kompromisssignalen aus Athen und Brüssel beruhigt hatten, brachen auf breiter Front ein.

Draghi hat eindeutig sein Mandat überschritten. Er darf Geld- und Fiskalpolitik der Euroländer nicht vermischen. Das hat der Generalanwalt des höchsten EU-Gerichts in Luxemburg gerade festgestellt. Darüber hat sich Draghi einfach hinweggesetzt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Nicht ist ueberzeugender als Erfolg. Dazu muss man sich nur die Wirtschaftsdaten anschauen. Ich bin nicht gegen den Human Development Index, aber selbst Kuba dreht sich etwas.

  • So kann es passieren, wenn unfähige Politiker eine EU gründen, die von vornherein zusammengemurkst wurde.

  • God loves watching Goldman-Sachs fail

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Index:

      Vielleicht kennt der Meister aus seiner Zeit bei Goldman&Sachs demokratische Strukturen gar nicht, oder irgendwelche Gesetze, Konsequenzen, Grenzen und Gerichte? Vielleicht ist er für diesen Job gar nicht geeignet? Danke Herr Bonse für diesen Kommentar.

  • "So sieht Politik aus, die nach hinten losgeht" - das unterstellt doch, dass es hier um ein einfaches Hü und Hott geht, bei dem unterm Strich alles beim Alten geblieben ist und die Sparer und Anleger unnötig verunsichert wurden.

    Aber tatsächlich geht es um eine Umschuldung innerhalb der EZB-Gläubiger, bei der sehr zeitnah ein Brocken von 56 Milliarden Euro von Krediten der EZB-Zentrale durch Kredite der griechischen Nationalbank abgelöst werden, plus 4 Mia. Puffer...

    Das ist auch in der Bilanz keine reine Luftbuchung, sondern ein klarer Schritt in Richtung "griechisches Haftungskarusell" - ist die Umbuchung auf ELA abgeschlossen, dann trifft ein Ausfall griechischer Staatsschulden bei griechischen Banken mit folgendem Bankencrash ausschließlich die griechische Nationalbank, also mittelbar den griechischen Staatshaushalt (Rekapitalisierung der Nationalbank) oder Staatsschatz (Goldreserven...).

  • Griechenlnd muss die Korruption bekaempfen und Steuern eintreiben. Wenn es da besser wird, ist auch die EZB zu Zugestaendnissen bereit.

  • Draghi soll weg. Er ist überfordert.

  • Es war eine Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik, als Ramsch geratete Anleihen entgegen den sonst üblichen Regeln als Sicherheiten für Zentralbankkredite zu akzeptieren - die konnte man noch wegdiskutieren mit Argumenten wie "manchmal sind die Märkte nicht ganz rational und raten jemanden als Ramsch der noch zahlen wird - insbesondere überschuldete, aber brave und fleiße Reformstaaten".

    Wenn der Schuldner einen Haircut offensiv fordert, dann ist der Ramschstatus aber unumstößlich, egal was man von Ratingagenturen hält - also wäre es umgekehrt eine unzulässige Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik, den Ramsch weiterhin als Sicherheit zu akzeptieren!