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Opposition in RusslandNeue Vorwürfe gegen Alexei Nawalny

Der Kremlkritiker und sein Bruder Oleg sollen sich durch Veruntreuung und Geldwäsche über eine Million Euro illegal angeeignet haben.

Demnächst wohl wieder vor Gericht: Alexei Nawalny. Bild: reuters

BERLIN taz | Dem russischen Oppositionellen und Blogger Alexei Nawalny droht neues juristisches Ungemach. Am Dienstag erhob das Ermitlungskomittee der Russischen Föderung Anklage gegen den 37jährigen sowie seinen Bruder Oleg wegen Unterschlagung und Geldwäsche.

So sollen die beiden in der Zeit zwischen 2008 und 2011 Yves Rocher Wostok, eine russische Tochterfirma des französischen Kosmetikkonzerns Yves Rocher, um umgerechnet 590.000 Euro betrogen haben. Die russische Firma MPK sollen die Nawalnys um 90.000 Euro erleichtert haben. Desweiteren lautet der Vorwurf auf die widerrechtliche Aneignung von rund 480.000 Euro durch Geldwäsche. Bei einer Verurteilung droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Nawalny, Anwalt und erklärter Gegner von Präsident Wladimir Putin, wurde vor einigen Jahren mit einem Antikorruptionsblog bekannt. Mittlerweile hat er auf Twitter mehr als 400.000 Follower. Er war einer der maßgeblichen Mitorganisatoren der Massenproteste gegen die manipulierten Parlamentswahlen im Dezember 2011 und die Rückkehr von Wladimir Putin im Mai 2012 in den Kreml.

Im vergangenen Juli war Nawalny in einem umstrittenen Prozess wegen Korruption zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Er soll im Jahr 2009 als Berater des Gouverneurs von Kirow eine staatliche Holzfirma um umgerechnet 500.000 Euro betrogen haben.

Gute Nachrichten

Nachdem Nawalnys Anwalt Berufung eingelegt hatte, wurde sein Mandant auf freien Fuß gesetzt, so dass Nawalny bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen am 8. September antreten konnte. Dort unterlag er zwar Amtsinhaber Sergei Sobjanin, erreichte mit 27,24 Prozent der Stimmen jedoch einen Achtungserfolg. Mitte Oktober setzte ein Gericht in Kirow die fünfjährige Haftstrafe zur Bewährung aus.

Unmittelbar nach dem Urteil kündigte Nawalny an, sich auch künftig politisch betätigen und seinen Kampf fortsetzen zu wollen. Am vergangenen Sonntag nahm er an einer Kundgebung in Moskau teil, bei der mehrere tausend Menschen die Freilassung aller politischen Gefangenen in Russland forderten.

Die jüngsten Beschuldigungen seien komplett absurd, sagte Nawalny am Dienstag. Und schrieb in seinem Blog: „In gewisser Hinsicht sind das aber auch gute Nachrichten. Denn das zeigt, dass, dass wir die richtigen Dinge tun und die Staatsmacht vor uns Angst hat.“

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5 Kommentare

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  • Nawalny ist ein aktiver Politiker mit guten Beziehungen in die russ. Elite (u.a. ist er Verwaltungsrat in der staatlichen Fluggesellschaft Aeroflot) und noch besseren Beziehungen zu westlichen Regierungen. Dass sich die russ. Justiz trotzdem nicht scheut, gegen ihn, einen grossen Fisch, vorzugehen, spricht sehr für den russ. Rechtsstaat.

     

    Nawalny wurde ja bereits wegen Veruntreuung verurteilt. Das Schema war: Nawalny liess sich von seinem Kumpel, einem Politiker aus Kirow, als Berater in einem örtlichen Staatsbetrieb anstellen. Diesem Staatsbetrieb gab er den ''Rat'', seine Produkte weit unter Weltmarktpreis an eine von Nawalnys Strohfirmen zu verkaufen. Diese Firma verkaufte die Produkte dann weiter und strich einen riesigen Gewinn ein.

     

    @Montara

    Zu ihrem Vorwurf an Schietbüddel: Sie werfen ihm vor, ein vom Kreml bezahlter Agent zu sein, weil er Nawalny kritisiert. Sie dagegen loben Nawalny- muss man Ihrer Logik folgend davon ausgehen, dass Sie ein von Nawalny/Washington/Brüssel bezahlter Agent sind?

     

    Und der Rechtsextreme Nawalny würde ist wohl kaum als ''einzige Alternative zu Putin'' zu bezeichnen.

  • M
    Montara

    Lieber Schietbüddel,

     

    Sie meinten doch bestimmt Hitler statt Mahler, oder?

    Darf ich fragen, ob Sie vielleicht ein verdeckter und vom Kreml bezahlter Spion sind? Alle Kommentarseiten der Zeitungen sind voll von den immerselben Phrasen und Anschuldigungen gegenüber Nawalnij. Dabei fallen immer zwei Sachen auf: 1. die Anschuldigungen werden nicht Begründet und 2. sie kommen von Leuten, die augenscheinlich russische Politik mit deutschen Maßstäben messen, ohne zu begreifen, dass schon die Übersetzung von Aussagen und Texten zu falscher Wahrnehmung führt. Wie dem auch sei, solange Sie sich sicher sind, dass die einzige ernstzunehmende Alternative in der Opposition zu Putin aufgrund solcher Vorwürfe keine Beachtung verdient hat, sollten Sie sich bewusst sein, dass sie sich damit für ein Fortbestehen des aktuellen Unrechtsregimes einsetzen.

    • @Montara:

      Man kann relativ leicht herausfinden, mit was für fremdenfeindlichen Aussagen Nawalny auf Stimmenfang geht und mit welchen extremistischen Gruppierungen er zusammenarbeitet und u.a. nationalistische Märsche organisiert, die traditionell mit Jagd auf Ausländern enden, z.B. durch rechtsextreme Hooligans. Kritik an der Regierung, insb. Putin, ist berechtigt und aus meiner Sicht auch dringend nötig. Aber dafür beklatsche ich keine solchen Figuren. Einfach mal "nawalny wiki" bei Google einwerfen. Ein kleiner Auszug:

       

      2011 begann Nawalny nationalistische Slogans zu verwenden.[22] In einem Video[23] vergleicht er militante Kaukasier mit Kakerlaken, die anders als die Schabe nicht mit einer Fliegenklatsche oder einem Pantoffel, sondern nur mit einer Pistole zu bekämpfen seien.[24][25] Nawalny schlug die Deportation der „zersetzenden Elemente“ vor.[2]

      Am 22. Oktober 2011 nahm er an einem „Russischen Marsch“ in Moskau teil, zu dessen Organisationskomitee er auch gehörte.[26][27] Nawalny trat auf diversen Kundgebungen rechter Gruppierungen als Redner auf.[28] Die taz schrieb Ende 2011, Nawalny schrecke nicht davor zurück, nationalistische Stimmungen in der russischen Gesellschaft für seinen Kampf zu instrumentalisieren.[29] Die Tageszeitung Neues Deutschland nannte Nawalny in einem Bericht aus dem Jahr 2012 einen „lupenreinen Nationalisten“.[30] Die Bundeszentrale für politische Bildung bezeichnete ihn als unerschrockenen Aktivisten gegen Korruption, aber auch als „radikale[n] russische[n] Nationalist[en]“

  • "Kremlkritiker" ist natürlich eine nette Bezeichnung. Ist im Ausland Horst Mahler eigentlich ein "Kritiker" der Bundesregierung?

    • T
      Tolokno
      @Verkehrsfritze:

      Wenn Horst Mahler sich einen Namen damit gemacht hätte, systematische Korruption der gesamten politischen Klasse Deutschlands(wenn es sie denn gäbe) aufgedeckt zu haben, hätte er sich sicher den Namen Regierungskritiker verdient so wie ihn Nawalny sich zurecht verdient hat.