Kolumne Besser: Idioten gegen Idioten
Auf wen der Polizeiknüppel auch niedersaust, den falschen kann er nicht treffen. Aber sind Salafisten und „Pro NRW“ wirklich gleichermaßen unappetitlich?
E s gibt weitaus bessere Islamkarikaturen als jene, mit denen die Schwachköpfe von „Pro NRW“ in diesen Tagen durch ihr ödes Bundesland touren und damit den Zorn einiger zotteliger Volltrottel erregen. Zum Beispiel diese: Ein Verstorbener kommt ins Paradies. Dort wird er von einem Engel empfangen, der die versprochenen Jungfrauen mit sich führt. Doch zum Entsetzen des Gläubigen handelt es sich bei den Jungfrauen um zwei lüsterne Eselsstuten, die ihn gierig-sabbernd erwarten.
Dieser Cartoon gehörte nicht zu den inhaltlich wie zeichnerisch dürftigen Mohammed-Karikaturen, die im September 2006 in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten veröffentlicht wurden und einige Monate später weltweit für Aufmärsche beleidigter Leberwürste sorgten, sondern erschien ein Jahr zuvor. Der Zeichner hieß Erdil Yasaroglu, und gedruckt wurde der Cartoon in der türkischen Satirezeitschrift Penguen.
Was dieser Cartoon mit „Pro NRW“ zu tun hat? Nichts. Denn diesen Leuten geht es nicht um die Meinungs- und Kunstfreiheit; es geht ihnen auch nicht um eine Kritik am Islam. Bei Pro NRW“ versammeln sich lediglich ein paar Spießer, denen es nicht mehr reicht, zu kontrollieren, ob ihre Nachbarn den Müll ordentlich trennen und die Nachtruhe einhalten, und die ihr Leben voller Angst, Langeweile und Ressentiments nun im Verein aufzupeppen versuchen.
ist Redakteur bei taz.de.
Was also tun, wenn, wie am Wochenende in Bonn, Idioten gegen Idioten demonstrieren und der deutschen Polizei plötzlich die Rolle zuteil wird, als Organ der Vernunft dazwischenzustehen? Wie sich verhalten, wenn der Polizeiknüppel zum antifaschistischen Instrument wird, der gar nicht den Falschen treffen kann, weil jede Rübe die richtige ist? Beide Seiten gleichermaßen verurteilen, wie die Regierung von Nordrhein-Westfalen, die ein hartes Vorgehen gegen alle Beteiligten angekündigt hat, aber mit ihrem Versuch, das Zeigen von Mohammed-Karikaturen auf Kundgebungen zu verbieten am Montag vor Gericht gescheitert ist? Oder wie der Zentralrat der Muslime, der die Gewalt der Salafisten verurteilt und zugleich Strafanzeige gegen „Pro NRW“ erstattet hat?
Nein. Denn so unappetitlich die Heinis von „Pro NRW“ auch sind, es ist nicht dasselbe, ob man „Abschieben, abschieben!“ ruft und religionsfeindliche Karikaturen zeigt oder „Tod den Ungläubigen!“ brüllt und sich mit Messern bewaffnet ans Werk macht.
Wenig spricht dafür und viel dagegen, dass es sich bei „Pro NRW“ tatsächlich um eine rechtsextreme Partei handelt. Bei den anderen, die am Samstag ihre Ärsche in den Bonner Himmel streckten, liegen die Dinge schon viel klarer. Und vielleicht fühlen sich diese Islamfaschisten demnächst vom Christopher Street Day provoziert. Oder vom Gedenken an den Holocaust, den es gar nicht gegeben hat und der in Wirklichkeit gerade an den Palästinensern verübt wird. Oder irgendwas anderem, das gegen ihre Ideologie der Angst und des Ressentiments verstößt, die sie ihre Religion nennen.
***
Besser: Besser man sorgt für bessere Mohammed-Karikaturen, die die Islamfaschisten provozieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr