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Archiv-Artikel

„Mir lebn ejbig, ess brent a Welt“

Morgen jährt sich die Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Rund um den Gedenktag finden zahlreiche Veranstaltungen statt. Morgen gedenken Auschwitz-Komitee und Bezirksversammlung Nord der Opfer des NS

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die letzten Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus finden in den nächsten Wochen zahlreiche Veranstaltungen in Hamburg statt.

Seit einer Woche beteiligen sich etwa zahlreiche Kultureinrichtungen, Schulen, Bücherhallen, Initiativen und engagierte Einzelpersonen an der „Woche des Gedenkens“ im Bezirk Nord. Noch bis zum 15. Februar ist in deren Rahmen eine Anne Frank-Ausstellung im Foyer des Bezirksamtes zu sehen. Morgen gibt es dort eine Feierstunde der Bezirksversammlung, in deren Mittelpunkt die seit Jahrzehnten im Auschwitz-Komitee aktive Auschwitz-Überlebende Esther Béjarano steht. Gemeinsam mit ihrer Tochter Edna und begleitet von der Gruppe „Coincidence“ wird sie jiddische Lieder, Lieder aus dem Ghetto und antifaschistische Lieder singen. Ihre Auftritte sind anrührend, mitreißend und unvergesslich. Wenn sie singt: „Mir lebn ejbig / Ess brent a Welt / Mir lebn eibig on a Groschn Geld“ ( „Wir leben ewig / Es brennt eine Welt / Wir leben ewig / Ohne einen Groschen Geld“ ), dann ist es auch so gemeint. Nicht um Selbstmitleid geht es oder darum, pittoreske jiddische Begleiterscheinung der deutschen Kultur nach Auschwitz zu sein, sondern um den Einsatz für eine bessere Welt – und gegen die alten und neuen Nazis. Im Lied des sowjetischen jüdischen Widerstandes „Shtil, di Nacht iz oysgeshternt“ („Still, die Nacht ist ausgesternt“) etwa singen Esther und Edna Béjarano davon, wie eine junge Frau mit einem Schuss aus ihrer Pistole einen deutschen Lkw voller Waffen aus einem Hinterhalt heraus stoppt und würdigen so die Minskerin Mascha Bruskina und ihre GenossInnen: „Getzilt, gechossen un getrofen.“

Ebenfalls am Sonntag veranstaltet das Auschwitz-Komitee eine Hommage an sein 1999 verstorbenes Mitglied Hans Frankenthal. Gezeigt wird das etwa 20-minütige Film-Interview „Hans Frankenthal – Ein Jude aus dem Sauerland“ von 1994, dazu wird aus seiner Biografie gelesen. „Hans Frankenthals Erinnerungen setzen den Opfern von Auschwitz und Widerstand, der ihm und seinem Bruder mehr als einmal das Leben rettete, ein literarisches Denkmal“, so Helga Obens vom Auschwitz-Komitee. Bedeutsam sei es vor allem, weil er als einer der wenigen Überlebenden das soziale Milieu der Juden auf dem Land schilderte, das in Deutschland unwiederbringlich zerstört sei. Nachzulesen ist in Frankenthals Biographie auch, dass dem Erinnern das Verleugnen des Geschehenen gegenübersteht: „Man hat uns und unsere Geschichte einfach ignoriert. (…) Die Entnazifizierung war eine Farce.“ GASTON KIRSCHE

Auschwitzkomitee-Veranstaltung: So, 27. 1., 13 Uhr, Polittbüro, Steind. 45. Gedenkfeier der Bezirksversammlung Hamburg-Nord mit Esther und Edna Béjarano und Coincidence: So, 27. 1., 11 Uhr, Aula der Gesamtschule Eppendorf, Löwenstraße 58 / Curschmannstr. 39. Die Veranstaltungen der „Woche des Gedenkens“ im Bezirk Nord finden bis zum 25. Februar statt. Das gesamte Programm findet sich unter: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/bezirke/nord/aktuelles/pressemeldungen/2008-01-03-woche-des-gedenkens.html