Hackergruppe löst sich auf: Lulzsec wird Nullsec
Die Hackergruppe Lulz Security gibt überraschend ihre Auflösung bekannt. Sechs Mitglieder fürchten nach Expertenmeinung ihre Enttarnung. Ein Ende der Sabotageakte ist unwahrscheinlich.
NEW YORK dapd | Die durch ihre Angriffe auf die Computernetze der CIA, des US-Senats und von Sony bekannt gewordene Hackergruppe Lulz Security hat am Samstag überraschend ihre Auflösung bekannt gegeben. Die sechs Mitglieder dürften diese Entscheidung angesichts der polizeilichen Ermittlungen gegen sie getroffen haben, erklärten Experten. Mit einem Ende der Sabotageakte im Internet ist allerdings nicht zu rechnen, da es mittlerweile etliche Nachahmer gibt.
Die Nachrichtenagentur AP sprach am Freitag mit einem der Hacker von Lulz Security, auch LulzSec genannt. Bei dem Interview deutete nichts daraufhin, dass die Gruppe ihre Auflösung plant. Vielmehr erklärte das LulzSec-Mitglied, mindestens fünf Gigabyte Datenvolumen von Regierungs- und Polizeibehörden weltweit gestohlen zu haben, die in den kommenden drei Wochen veröffentlicht werden sollten.
Am Samstag gaben sie schon einmal eine Kostprobe, indem sie Dokumente und Login-Informationen, die offenbar von Gaming-Websites und Computernetzen von Unternehmen erbeutet wurden, ins Internet stellten. Bei einem Großteil der Dateien schien es sich um interne Dokumente des US-Telekomkonzerns AT&T zu handeln, in denen der Ausbau eines neuen, drahtlosen Breitbandnetzwerkes ausführlich beschrieben wird.
Der Startschuss für das Netzwerk ist für diesen Sommer geplant. Ein Konzernsprecher konnte die Echtheit der Dokumente nicht bestätigen. Die am Samstag ins Netz gestellten Dokumente machen nach Angaben von LulzSec nur ein Zehntel der geplanten Veröffentlichungen aus.
"Sie können sich zurücklehnen und das Chaos beobachten"
Der Abschied der Hackergruppe via Twitter fiel damit ebenso medienwirksam aus wie ihre zweimonatige Aktion. LulzSecurity hatte anders als andere Hackergruppen immer die mediale Aufmerksamkeit gesucht und über Twitter mit der Öffentlichkeit kommuniziert.
Beobachtern zufolge ist LulzSec ein Ableger von Anonymous, einer größeren, lose organisierten Hackergruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hacker für ihren Kampf gegen ihrer Meinung nach unmoralische Ziele zu gewinnen, wie beispielsweise repressive Regimes im Nahen Osten und Gegner von Wikileaks.
LulzSec startete Hackergriffe hingegen einfach zum Spaß, also für das "Lulz", was im Internetjargot für "Lachen" steht. Sie bekannten sich zu Angriffen auf die Websites von Sony, der CIA, des US-Senats, FBI-Partnerorganisationen und einer Porno-Website. Neben der Polizei machten auch rivalisierende Hacker Jagd auf LulzSec. Sie verbreiteten Informationen, die nach ihren Angaben zur Ergreifung der sechs Hacker führen könnten.
Der Sicherheitsberater und ehemalige Hacker Kevin Mitnick sagte, die Gruppe habe sich wahrscheinlich ausgerechnet, dass das Risiko, dass man ihnen auf die Spur kommt, mit jeder Aktion größer werde. Sie hätten aber Nachahmer in der ganzen Welt gefunden, daher seien ähnliche Angriffe wie die von LulzSec auch nach deren Auflösung zu erwarten.
"Sie können sich zurücklehnen und das Chaos beobachten, ohne Gefahr zu laufen, gefasst zu werden", sagte Mitnick.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter