Nazi-Leaks in der taz: Die geheimen Mails der NPD
Sie schimpfen über „Bimbos“ und „Negerkinder“ und verabschieden sich gerne auch mal „mit deutschem Gruß“: Zehntausende interne E-Mails blamieren die NPD.
BERLIN taz | Mehr als 60.000 E-Mails aus dem Inneren der rechtsextremen Partei wurden der taz und anderen deutschsprachigen Medien zugespielt. Die allermeisten wurden zwischen März 2010 und Januar 2011 verschickt. Darunter sind E-Mails zwischen den führenden Köpfen der NPD, aber auch Anweisungen an die Kader vor Ort, Rechnungen, Mitgliederlisten und Darlehensverträge.
Die taz und Experten außerhalb unserer Zeitung haben die Mails sowohl technisch als auch inhaltlich geprüft. Weder Plausibilitätsgesichtspunkte noch der Inhalt begründen Zweifel an deren Echtheit. Der NPD wurde eine Auswahl vorgelegt. Konkrete Aussagen zur Echtheit der vorgelegten Mails sehen anders aus.
Am Nachmittag teilte Pressesprecher Klaus Beier dann schriftlich mit, man gebe grundsätzlich „keine Auskunft über parteiinternen oder persönlichen Schriftwechsel“. Und weiter: „Sollten trotzdem Passagen aus solchen möglicherweise manipulierten Briefen genutzt werden, müssen die Medien den Wahrheitsgehalt vor Gericht nachweisen. Die Rechtsabteilung der NPD wird alle juristischen Möglichkeiten zur Strafverfolgung dieser kriminellen Handlungen nutzen.“
Die Sammlung ermöglicht einen tiefen Einblick in die Strategie der NPD im Wahljahr 2011. Ein Schwerpunkt in den E-Mails liegt auf Sachsen-Anhalt, wo am 20. März ein neuer Landtag gewählt wird. Die Rechtsextremen setzen alles daran, dort über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen und somit in das dritte Landesparlament einzuziehen. Der Weg in den Landtag werde aber „nur über eine gigantische Materialschlacht erfolgreich zu beschreiten sein“, heißt es in einer internen E-Mail vom 12. Oktober 2010. Doch in der Realität scheitern die Rechtsextremen oft an Kleinigkeiten, werfen sich „Arbeitsverweigerung“ und „Kindergartenniveau“ vor.
In den E-Mails bildet sich auch die menschenfeindliche, rassistische und neonazistische Ideologie der Partei ab. Dort ziehen NPD-Politiker über „Negerkinder“ und das „Fettfüttern von Bimbos“ her. Intern grüßen sich NPDler schon auch mal mit der strafbaren Formel „mit Deutschem Gruß“ oder beenden ihre E-Mail mit der Abkürzung „88“. Das steht in der rechtsextremen Szene für „Heil Hitler“. NPD-Politiker Holger Apfel schreibt in einer internen Diskussion über ein Wahlkampfplakat: „Eine Horde ‚widerwärtig‘ aussehender Ausländer wäre mir da noch lieber.“
Nach außen hin wollen sich die NPD-Politiker hingegen bürgerlich präsentieren. Das geht aus einem „Leitfaden für NPD-Kommunalpolitiker und Mandatsträger“ hervor, der sich ebenfalls in den mehr als 60.000 Mails wiederfindet. Dort heißt es, dass auch „bürgerliche Wähler“ erreicht werden müssten, denn „eine politisch radikal auftretende Partei wie die NPD kann (derzeit) nicht allein von den Stammwählern existieren“. Man solle deshalb Szenebegriffe und „radikale Sprache“ vermeiden. „Szene-Klamotten“ dürften nur in geschlossenen Veranstaltungen getragen werden.
Teile der E-Mails liegen auch der Landtagsverwaltung des sächsischen Landtags vor und haben dazu geführt, dass nun einer möglichen Vermengung von Fraktionsarbeit und Parteiarbeit nachgegangen wird. Dabei geht es vor allem um Holger Apfel, der NPD-Fraktionsvorsitzender im sächsischen Landtag ist und den Wahlkampf der NPD im benachbarten Sachsen-Anhalt leitet. „Die Landtagsverwaltung prüft, ob es einen Anfangsverdacht gibt, dass Fraktionsmittel durch die NPD unzulässig für Parteiarbeit verwendet wurden und ob Mitarbeiter der NPD-Fraktion während ihrer Arbeitszeit gesetzwidrig Parteiaufgaben übernommen haben“, sagte Landtagssprecher Ivo Klatte der taz. Feststellen müsste das dann der Rechnungshof.
Die sächsische NPD-Fraktion wollte am Freitag auf Nachfrage keine Stellung nehmen.
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