Guttenberg in Indien: Türöffner für die Rüstungsindustrie
Während Verteidigungsminister Guttenberg in Indien erfolgreich für den "Eurofighter" wirbt, ist die Opposition darüber verärgert. Sie wirft ihm vor, eine fragile Region weiter zu destabilisieren.
BANGALORE dapd | Die Reise von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Indien hat sich gelohnt. Zumindest aus Sicht der EADS. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern will schließlich 126 Kampfflugzeuge vom Typ "Eurofighter" für zehn Milliarden US-Dollar nach Indien verkaufen. "Ohne den Bundesminister hier hätte Cassidian keinen Auftritt gehabt", sagt der Chef der EADS Verteidigungssparte Cassidian, Stefan Zoller.
Zwei Tage war Guttenberg in Indien. Neben der Aero India 2011, einer der größten Luftfahrtmessen Asiens, in Bangalore standen Spitzengespräche auch in der Hauptstadt Neu Delhi auf dem Programm des Ministers. Fazit aus Sicht der Industrie: Der "Eurofighter" hat eine wichtige Etappe im Konkurrenzkampf zu den Flugzeugen aus den USA, Frankreich, Schweden und Russland genommen.
Bis 2015 will die indische Luftwaffe die alten Kampfjets russischer Bauart ersetzen. Zu den 126 Festbestellungen kommen weitere 64 Maschinen. Dafür will Indien auch eine Lizenzfertigung mit eigener Endmontage für das Flugzeug sowie einen Technologietransfer erreichen. Umgerechnet sind das 20.000 Arbeitsplätze in Indien und etwa 100 hochspezialisierte Zulieferer im Land.
"Der Besuch von Verteidigungsminister zu Guttenberg war hier hilfreich", sagt der Vorstandsvorsitzende von Cassidian Air System, Bernhard Gerwert. Denn während die USA schon mit Präsident Barack Obama, Russland mit Präsidenten Dmitri Medwedew und Frankreich mit Präsident Nicolas Sarkozy in die Verhandlungen eingegriffen haben, waren die vier "Eurofighter"-Nationen bislang eher zurückhaltend.
Jetzt kam nicht nur Guttenberg nach Bangalore, auch die anderen "Eurofighter"-Nationen Italien, Spanien und Großbritannien schickten ihre zuständigen Staatssekretäre. "Das ist ein starkes Signal gewesen", schätzt Gerwert ein. Parallel dazu eröffnete die Industrie jetzt ein Ingenieurzentrum in Indien, um Indien als einen "Schlüsselpartner" für den Verteidigungsbereich zu gewinnen.
Vorwürfe der Opposition in Deutschland
In Deutschland wird die Annäherung gerade in der Rüstung nicht von allen gern gesehen. Guttenberg helfe mit dem Verkauf von Kriegswaffen, eine ohnehin fragile Region zu destabilisieren, heißt es in der Opposition. "Es zeigt sich einmal mehr, wie leichtfertig die Bundesregierung mit den bewusst restriktiv formulierten deutschen Rüstungsexportrichtlinien umgeht, nach denen Lieferungen in Spannungsgebiete untersagt sind", sagte SPD-Fraktionsvize Gernot Erler Spiegel Online.
Grünen-Chefin Claudia Roth beklagte ebenfalls bei Spiegel Online, Guttenberg breche "offen mit einem Grundsatz der deutschen Rüstungsexportpolitik". Und der Linke-Fraktionsvize Jan van Aken sieht in dem Minister einen "lebendigen Beweis, dass in Deutschland eine echte Kontrolle von Waffenexporten de facto nicht existiert."
Guttenberg ficht das nicht an. Leicht süffisant erinnert er daran, dass der "Eurofighter"-Deal noch unter Rot-Grün eingefädelt worden sei. Und da war Erler Staatsminister im Auswärtigen Amt bei Ressortchef Frank-Walter Steinmeier. "Die heute so laut tönen, haben diese Voranfrage vor vier Jahren positiv entschieden", erinnert Guttenberg die SPD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“