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FrühjahrsgutachtenWeg mit der Schuldenbremse!

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Der Investitionsbedarf ist enorm, die Schuldenbremse ein Hemmschuh. Der Kleinkrieg unter den Wirtschaftsweisen ist ein Nebenschauplatz.

Achim Truger, Martin Werding, Monika Schnitzer, Ulrike Malmendier und Veronika Grimm (v.l.n.r) stellen ihr Gutachten vor Foto: Kay Nietfeld/dpa

B atterien oder Wasserstoff? Darüber streitet der Sachverständigenrat in seinem Frühjahrsgutachten. Die Mehrheit will eine Fokussierung auf Batterien als zukünftige Antriebstechnik für Lkw. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm will auch auf Wasserstoff setzen – und löst wegen ihres Postens bei Siemens Energy Zweifel an ihrer Integrität aus.

Dabei wird bei dem Streit verdeckt, dass es anderswo nichts mehr zu diskutieren gibt: dass es fünf vor zwölf ist, dass jetzt geklotzt werden muss, will man die Klimaziele erreichen und nicht für Jahrzehnte ins Hintertreffen geraten.

Dabei ist bereits der Ist-Zustand alles andere als rosig. In ihrem Frühjahrsgutachten haben die sogenannten Wirtschaftsweisen ihre Prognose gesenkt. Demnach wird das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr nur um 0,2 Prozent wachsen. Statt 0,7 Prozent, wie noch im Herbst angenommen. Und dabei sind es eben nicht nur ein paar Prozentpunkte hinter dem Komma, die kurzfristig Sorgen machen. Nicht erst in dem neuen Gutachten steht – und nicht nur der Sachverständigenrat warnt –, dass Deutschland auch mittelfristig ein Problem mit dem Wachstumspotential hat.

Denn in Deutschland wird zu wenig investiert. Um ein Gefühl zu bekommen, wie viel fehlt: Allein der Staat müsste in den kommenden zehn Jahren zusätzliche 600 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die öffentliche Infrastruktur zu erneuern und fit für die klimaneutrale Zukunft zu machen, berechneten gewerkschafts- und arbeitgebernahe Öko­no­m*in­nen jetzt. 200 Milliarden taxierten sie dabei für die Dekarbonisierung.

Offensichtlicher Interessenkonflikt

Und dabei geht es nicht allein darum, eine Infra­struktur zu schaffen, mit der die Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Beim Umbau geht es auch um gute Lebensbedingungen für alle, einen verlässlichen Personennah- und Fernverkehr, Klimaanpassungsmaßnahmen und den Ausbau von Ganztagsschulen.

Dafür müsste der Staat aber Geld in die Hand nehmen und die Schuldenbremse endlich reformieren. Das scheint derzeit eher utopisch. Notwendig ist es trotzdem. Und wenn Christian Lindner nicht mehr an der Schuldenbremse und dem damit selbst auferlegten Sparzwang festhalten würde, müsste sich der Sachverständigenrat vielleicht nicht mehr über Lkw-Antriebstechniken streiten. Dann gäbe es vielleicht genügend Mittel, um Batterien und Wasserstoff gleichermaßen zu fördern. Ein Geschmäckle hätte das Sondervotum von Veronika Grimm dann trotzdem noch. Denn ein Interessenkonflikt ist aufgrund ihrer Tätigkeiten außerhalb des Sachverständigenrats offensichtlich.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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17 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Volle Zustimmung bis auf " Dann gäbe es vielleicht genügend Mittel, um Batterien und Wasserstoff gleichermaßen zu fördern."

    Ja wir brauchen mehr Mittel aber trozdem auch Prioritisierung.

    Große Mengen H2 brauchen wir so oder so, die Infrastruktrur für die Lagerung, Transport etz wird nicht billig, aber das muss man mit dem Ausbau vom Schienennetz kombinieren, der Transport per LKW ist zu mimieren längere Pipeline ist bei H2 soweit ich weis praktisch nicht möglich.

    Und wenn das ausgebaute Schienennetz steht und die Güterbahnhöfe asgebaut sind mit direkter Verbindung in jedes Industreigebiet dann.... oh Wunder, erübrigt sich die Diskusion um den Treibstoff für LKWs !!!!!!

    Was gebraucht wird ist ein schlüssiges Gesammtkonzept. Für die vollständige Digitalisierung. Wenn ein online Antrag im Amt ausgedruckt und abgeheftet werden muss und jedes Bundesland ein anderes Dateiformat benutzt, so dass Akten oft per Post verschickt werden müssen bei Umzügen... dann gilt das derzeit als DIGITALISIERT!!!!!!!!

  • Wenn wir unsere Welt der nächsten Generation mit einem Riesenschuldenberg, aber ohne Putin übergeben, sind Welt und Generation besser dran. Mehr Nachhaltigkeit ist leider nicht möglich.

  • Die Schuldenbremse hin und her, berechtigt oder nicht Debatte taugt von der Sache her wie gerufen darüber hinwegzutäuschen wie alle Regierungsparteien bis in die parlamentarische Oppositionsparteien CDU/CSU, AfD in Schockstarre verharren, wenn es um die staatliche Seite steuerlichen Einnahmen statt Neuverschuldung geht, notwendige Instandsetzungs-, Modernisierungsmaßnahmen in Infrastruktur, Schulen, Fach- und Hochschulen, ambulante, stationäre, Pflege, ambulante Gesundheits-, Krankenversorgung, Kliniken, Schienennetzverkehr, Stromtrassen, dezentrale Energieversorgung von Kommunen, Unternehmen über Steuereinnahmen, im Rahmen der Klimatransformation von Gesellschaft, Wirtschaft, Instandsetzung, Modernisierung Zivil-, Pandemiepräventions-, Katastrophenschutzes der Zivilbevölkerung, der Bundeswehr über projektgebunden befristete Zwangsabgaben vermögender Schichten zu finanzieren mit dem Nebeneffekt durch Abschöpfung von Überhangkaufkraft dieser Schichten der Inflation entgegenzuwirken, was im Fall staatlicher Neuverschuldung den umgekehrt Effekt hätte, die Inflation anzutreiben

  • Journalistisch nicht ganz sauber, über das Frühjahrsgutachten zu berichten, und dann davon zu schreiben, dass die Schuldengrenze reformiert werden müsste, ohne zu erwähnen, dass das die Meinung des Autors ist, und nicht im Gutachten erwähnt wird. Damit wird beim flüchtigen Lesen der Eindruck erweckt, das wäre im Gutachten so vorgeschlagen worden.

    Im Gegenteil, es wird im Gutachten ein Artikel der Wirtschaftsweisen von 2024 referenzieriert, der beschreibt, dass die Reform der Schuldenbremse kein Allheilmittel wäre:

    Gemeinschaftsdiagnose (2024), Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2024: Deutsche Wirtschaft kränkelt



    – Reform der Schuldenbremse kein Allheilmittel, 1–2024, Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose im



    Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Kiel.

    Für alle, die das Frühjahrsgutachten im Original nachlesen wollen:

    www.sachverstaendi..._Gesamtausgabe.pdf

  • Als jemand der oft in Griechenland unterwegs ist, muss ich hier vehement widersprechen. Die Schuldenbremse wurde auf deutschen Druck allen EU-Ländern oktroyiert um für Haushaltsdisziplin zu sorgen. Wir haben zugeschaut als in Griechenland binnen eines Jahres das durchschnittliche Haushaltseinkommen um 30% einbrach und auf Einhaltung aller Kriterien gepocht. Sobald uns selbst aber der haushalterische Schuh etwas drückt, die Situation hier ist lange nicht so dramatisch wie bei unseren Partnern damals, soll das auf einmal zur Disposition stehen? Die Außenwirkung wäre katastrophal würde ich mal behaupten. Die Schuldenbremse hat schon deshalb ihre Berechtigung. Der deutsche Staat hat außerdem nun wirklich kein Einnahmenproblem.

  • Die Ampel blockiert sich gegenseitig, auch hier. Mit der FDP ist keine konstruktive Politik möglich, Neuwahlen wären trotz AfD, trotz Merz der bessere Weg.

  • 6G
    601161 (Profil gelöscht)

    Nun gut, gestern der Artikel mit Herrn Truger, heute dieser hier. Die Intention ist klar erkennbar und natürlich zulässig: Schuldenbremse weg, alles auf Klimaschutz. Aber was ist, wenn die so nebenbei getätigte Äußerung "...dass jetzt geklotzt werden muss, will man die Klimaziele erreichen..."vielleicht den kleinen Fehler enthält, dass die Mehrheit (NICHT die öffentlichen Aussagen!) das Ziel nicht mehr so direkt vor Augen hat? Mich beschleicht doch der Eindruck, das vorsichtshalber nichts kostende Lippenbekenntnisse in fast jede Aussage zwar eingebaut werden, aber in der Realität eine ganz andere Sichtweise locker mehrheitsfähig ist. Wer es nicht glauben mag, solle nur mal die Berichte aus den allermeisten anderen Länder ehrlich lesen.



    Der Kaiser hat (vielleicht) doch nichts an?!!

  • Alles Pillepalle. Außer den CDSUFDP Hardlinern, die offenbar alles (!) besser wissen und können als ausgewiesene Fachleute, sagt jede/r Expert/in dass es die falscheste Opition ist, in einer Situation wie der derzeitigen alles noch weiter kaputtzusparen. Lindner muss es ja wissen, hat der doch schließlich seine subventionierte Firma in die Pleite geritten - das kann man noch toppen, indem man den ganzen Staat koppheister gehen lässt. Für ein paar Stimmen mehr... ???

  • Jau, raus mit der Knete!



    Wir haben’s ja.

    Und wenn nicht, können ja die Kinners die Schulden bezahlen.

  • Da Blöde ist nur, daß wenn man einmal den Deckel hebt, man das Faß nicht wieder schließen kann. Erst wird dann jede Ausgabe zur Investion erklärt, um anschließend von Ausnahmen zu reden. Siehe Mindestlohn: eigentlich sollte dieser von einer Kommission festgelgt werden. Nun fühlt sich jeder Depp berufen über dessen Höhe zu entscheiden. Es ist immer leicht das Geld anderer Leute auszugeben. Und die nachfolgende Generation wundert sich dann über den Schuldenberg, nur leider kann man das Erbe nicht auschlagen sondenr muß es (er)tragen.

  • Das scheint mir eine schwierige Abwägung. Die Ressourcen sind endlich - auch mit nochsoviel Geld geht es letztlich auch darum, wie man die endlichen Ressourcen auf die Aufgaben verteilt. Natürlich kann mehr Geld auch zusätzliche Ressourcen generieren, aber nicht beliebig. Andererseits kann mehr Geld auch Ressourcen verschwenden, weil es darüber hinwegtäuscht, dass eigentlich Priorisierungen bei den Ressourcen zu treffen wären. Das "Geld-Drucken" ist dann mehr ein Ausweg, weil man eine politische Diskussion der Gesellschaft nicht zutraut. In jedem Fall sollten zukünftige Generationen Spielraum für ihre Entscheidungen behalten, die in einer dann anderen Welt anders aussehen werden als unsere heutigen Prioritäten. Geld-Drucken kann dabei natürlich auch ein Weg sein, Ressourcen einzuteilen - aber im Moment ist es glaube ich eher eine Kapitulation, weil man sich die gesellschaftliche Diskussion nicht zutraut. Andererseits scheint mir ein starkes Argument für das Gelddrucken, dass es alle großen Staaten machen (USA, Euro-Länder). Irgendwie schiene es mir dann unfair als einziger nicht Geld zu drucken - man spart dann bei der eigenen Bevölkerung, ohne einen Nutzen, weil man mit den anderen genauso in den Crash reinlaufen würde - wenn er denn käme. Und wenn er nicht kommt, fiele ein starkes Argument gegen das Geld-Drucken weg.

  • "...müsste sich der Sachverständigenrat vielleicht nicht mehr über Lkw-Antriebstechniken streiten."



    Ich frage mich sowieso, inwieweit das zu seinem Aufgabenbereich zählt.

  • Wer nur auf Zahlungsströme schaut, verliert. Das haben sogar BWLer kapiert ;-)

    Entgegenstellen muss man Kapital. Für den Staat betrachtet: Wie ist der Zustand von Bahn, Schulen, sozialem Frieden, Umwelt? Wo wird noch auf Kosten der Zukunft gehandelt, um Lindners Kumpels noch mehr rüberzuschieben?

    Wer die Schuldenbremse aber einhalten will, soll endlich



    - umweltschädliche Zuschüsse auf Null bringen



    - Vermögenssteuer laufen lassen



    - Schlupflöcher schließen



    - extrem hohe Einkommen angemessen besteuern.



    Sonst will diese Person nur Ideologisches, sonst geht es dieser Person gar nicht um die Schuldenbremse, denn es gibt da die Einnahmenseite.

  • Der Kleinkrieg unter den Wirtschaftsweisen ist ein Nebenschauplatz.



    Der Streit unter den Parteien – Regierung oder Opposition - miteinander und untereinander auch.



    Die vornehmste Aufgabe von Politik ist doch im Sinne des Souverän Mehrheiten zu organisieren und keine kleingeistige Parteipolitik zu betreiben.



    Wenn es tatsächlich um das Land gehen würde, könnte man sich auch mit der Schuldenbremse zusammenraufen und 2/3 Mehrheiten finden.



    Aber es geht eben nicht um die langfristige Sache, sondern um Ideologien und kurzfristige Positionierungen für Wahlkämpfe.



    Manchmal wäre es gut gemeinsam an einem Strang zu ziehen, aber das benötigt Kompromisse – eine schwierige Angelegenheit in einer Zeit der Spaltung und in der vieles kaum mehr benannt und hinterfragt wird.



    Ich fände es großartig: die Schuldenbremse weg und der Souverän stimmt in direkter Demokratie darüber ab, wie das Geld ausgegeben wird – in der Schweiz funktioniert es und Infrastruktur, Bildung und Wachstum folgen der Vernunft der Bürger, mehr als den Ideen, die aus der politischen Blase aufsteigen.

  • Wenn das der Christian liest....

  • Es ist genug Geld da



    "Im Jahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt 915,9 Milliarden Euro Steuern vor der Steuerverteilung von Bund, Ländern und Gemeinden (Gebietskörperschaften) eingenommen. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg um 20,2 Milliarden Euro (+2,3 %)." Statistisches Bundesamt



    Wer mit 915 Milliarden nicht haushalten kann, der braucht auch keine 50-100 Milliarden Neuschulden, denn er kann es einfach nicht. Ich bin für die Schuldenbremse und gegen noch mehr Neuverschuldung auf Kosten unserer Kinder. Hört bloß auf mit Sprüchen wie "in die Zukunft investieren", das hat uns schon 2500 Milliarden Schulden eingebracht.

  • Die Schuldenbremse wird erst angegangen wenn die CDU/CSU an der Macht ist. Die Opposition wird einen Teufel tun der Regierung jetzt einen Mittel in die Hand zugeben um das Land nach vorn zu bringen.