Kommentar „Fridays for Future“: Kulturwandel als Ziel
Die „Fridays for Future“-Organisatoren haben konkrete Forderungen bekräftigt. Wichtiger ist: Sie sind dabei, die kulturelle Hegemonie zu gewinnen.
D ie OrganisatorInnen der SchülerInnenstreikbewegung „Fridays for Future“ haben einmal mehr gezeigt, dass sie klug und vorausschauend sind. In einem am Montag vorgestellten Positionspapier haben sie ihre Forderungen für mehr Klimaschutz bekräftigt, etwa die Begrenzung der Erderwärmung auf eine Zunahme von maximal 1,5 Grad oder den Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 – statt wie von der zuständigen Regierungskommission vorgesehen erst bis 2038.
Die SprecherInnen der SchulstreikerInnen sagen zwar, dass sie bewusst nur Ziele und keine Maßnahmen fordern, aber drei interessante sehr konkrete Dinge benennen sie trotzdem: das Ende aller Subventionen für fossile Energieträger, die Einführung einer CO2-Steuer und die Abschaltung eines Viertels der Kohlekraftwerke. Diese drei Maßnahmen sollen bis Ende dieses Jahres umgesetzt werden, also schnell. Das ist konkret genug, um die jungen AktivistInnen weiter in Bewegung zu setzen und gleichzeitig allgemein genug, um sich nicht in unproduktive Detaildiskussion verstricken zu lassen.
Und das reicht auch an Programmatik. Denn es ist nicht Aufgabe der jungen Leute, en detail den Notfallplan gegen die Klimakrise zu entwerfen. Ihre selbst gestellte Aufgabe ist, die Gleichgültigen und professionellen Auf-das-nächste-Mal-VerschieberInnen wach zu rütteln. Das haben sie geschafft.
Schon jetzt ist die junge Bewegung ein großer Erfolg. Die SchülerInnen haben es geschafft, das Thema Klimawandel auf die Tagesordnung zu setzen. Und sie haben es geschafft, klarzumachen, dass es dabei eben um viel mehr geht als um einige programmatische Punkte. Es geht um einen Kulturwandel, eine andere Art zu leben und Ressourcen zu verbrauchen. Man kann sich darüber mokieren, dass die schwedische Aktivistin Greta Thunberg in einer reichlich angestaubten ZDF-Samstagabendgala den Fernsehpreis Bambi bekommt, aber eines sollte man nicht übersehen: Die SchulstreikerInnen sind auf dem Weg, die kulturelle Hegemonie zu gewinnen. Das ist eine sehr wichtige Voraussetzung, um im Hier und Jetzt etwas zu verändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin