AfD schließt Bremer Redakteur aus: taz ist zu unbequem
Bremens AfD lässt die taz nicht auf ihre Pressekonferenz. Der Grund: Die Zeitung sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“.
![AfD-Mann Frank Magnitz hält seine Hand vor die Kamera AfD-Mann Frank Magnitz hält seine Hand vor die Kamera](https://taz.de/picture/3199626/14/N4-hb24auf-magnitz-by-heidelberger.jpeg)
Als Grund für den Ausschluss nannte Partei-Vize Thomas Jürgewitz: Die taz sei „eine Institution im Kampf gegen rechts“. So zumindest berichteten es mehrere KollegInnen anderer Medien später von der Pressekonferenz. Magnitz habe erklärt, die taz würde immer etwas anderes schreiben, als ihr gesagt werde. Jürgewitz hatte der taz bereits früher die Auskunft verweigert: „So lange Sie nicht vernünftig berichten, sehen wir keinen Grund mit Ihnen zu reden“, sagte er am Sonntag.
Die Landespressekonferenz verurteilte den Ausschluss. Dies sei „zutiefst undemokratisch“, erklärte der Vorstand des Zusammenschlusses hauptberuflicher Bremer JournalistInnen. „Die AfD unterminiert gezielt eine unabhängige, kritische Medienberichterstattung, indem sie einzelne Kolleg*innen ausschließt.“ Das Vorgehen der Bremer AfD sei kein Einzelfall, sondern „symptomatisch für das problematische Verhältnis dieser Partei zu den Medien“.
Annette Rose, Landessprecherin der Deutschen Journalist*innen-Union in Ver.di sagte: „Die AfD inszeniert lieber ihre eigene Wahrheit, als Tatsachen von anderen darstellen und bewerten zu lassen“. Ver.di-Landesleiter Detlef Ahting erklärte, wer missliebige Berichterstattung zurückweise, missachte das Grundrecht der Pressefreiheit: „Wer das einschränken will, beschneidet Grundpfeiler der Demokratie.“
AfD-Landeschef und Bundestagsabgeordneter Frank Magnitz steht dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ nahe. Magnitz war auf dem letzten Jahrestreffen des „Flügel“ als Redner angekündigt.
Der Verfassungsschutz stuft die AfD mittlerweile als einen „Prüffall“ ein, den „Flügel“ als einen „Verdachtsfall“ und nimmt ihn stärker unter die Lupe.
Beobachtet durch den Verfassungsschutz wird seit September die Bremer Junge Alternative – wegen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche und rechtsextremistische Handlungen und engen Verbindungen zur rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“.
Einen Aktivisten der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ beschäftigte Magnitz in seinem Wahlkreisbüro.
In der völkisch-nationalistischen „Patriotischen Plattform“ wirkte der Bremer AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis als Schriftführer. Der Verein gab im September die Selbstauflösung bekannt.
Auf der AfD-Pressekonferenz kündigte Magnitz nach taz-Informationen erneut an, auch nach einer Wahl in die Bremische Bürgerschaft sein Mandat als Bundestagsabgeordneter zu behalten. Er gehe davon aus, dass die große Koalition im Bund nicht mehr lange halten werde und es im Herbst zu Neuwahlen komme. Bei der Bürgerschaftswahl rechne er mit einem zweistelligen Ergebnis für die AfD, sagte er laut Deutscher Presse-Agentur. In der letzten Umfrage im September 2018 lag die AfD bei sechs Prozent.
Nicht auf die Landesliste gewählt wurde laut Radio Bremen der aktuelle Bürgerschaftsabgeordnete der AfD, Alexander Tassis. Mit ihm lag der Parteivorstand im Streit und hatte mehrfach versucht, ihn auszuschließen. Der Fernsehjournalist Hinrich Lührssen, der gegen Magnitz in einer Kampfkandidatur um Platz 1 unterlag, erklärte auf Facebook: „Die Möglichkeit eines demokratischen Neuanfangs in der Bremer AfD ist vertan.“ Er habe den Landesvorstand verlassen. Er erklärte, an der Wahl hätten allein sechs Mitglieder der Magnitz-Familie teilgenommen. Magnitz’ Tochter trete auf Platz 5 der 13 Listenplätze an. Mit insgesamt 31 Parteiausschlussverfahren habe die Bremer AfD Chancen, als „politische Volltrottel im Guinness-Buch der Rekorde zu landen“, so Lührssen.
Frank Magnitz, Bremer AfD-Chef
Magnitz äußerte sich auch erneut zu dem Angriff auf ihn, bei dem er vor zwei Wochen verletzt wurde. Zunächst hatte die AfD behauptet, er sei mit einem Kantholz angegriffen und am Boden liegend getreten worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dieser Darstellung widersprochen. Magnitz berief sich daraufhin auf zwei Handwerker, die ihm geholfen hatten. Einer von ihnen erklärte nun der Neuen Osnabrücker Zeitung, er und sein Kollege hätten den Angriff gar nicht direkt beobachtet und daher auch gar kein Kantholz erwähnt. Am Montag erklärte Magnitz dazu laut dpa: „Ich hatte massive Wahrnehmungsprobleme in dem Moment. Ich kann es heute nicht mehr sagen.“
Zweifel scheint Magnitz an den Überwachungsaufnahmen zu haben, auf denen weder Kopftritte noch Kantholz zu sehen sind. Die Polizei Bremen hatte sie veröffentlicht und sah sich einem Shitstorm von AfD-AnhängerInnen ausgesetzt, die meinten, das Material wäre manipuliert. Die Polizei wies diese Vorwürfe zurück. Magnitz forderte nun einen unabhängigen Gutachter für das Videomaterial. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärte dazu der taz: „Wir sehen dafür überhaupt keine Veranlassung.“
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