Polizeigewalt in Berlin-Kreuzberg: Tritte in den Bauch
Ein Polizeieinsatz am Kotti eskaliert: Ein Beamter tritt auf einen am Boden liegenden Verdächtigen ein. Nun wird gegen ihn ermittelt.
In einer ersten Pressemeldung am Donnerstagabend hatte dies noch anders geklungen. Da sprach die Berliner Polizei von einem Fall von „schwerem Landfriedensbruch“. Bei der versuchten Festnahme eines mutmaßlichen Fahrraddiebes, der aggressiv gegenüber Beamten geworden sei, seien die Kollegen aus einer Gruppe von Umstehenden „mit Steinen, Blumentöpfen, Aschenbechern und Glasflaschen beworfen worden“.
Erst durch weitere herbei gerufene Beamte habe man die Lage schließlich beruhigen können. Vier Personen im Alter zwischen 16 bis 36 Jahren seien vorläufig festgenommen, drei Polizeibeamte verletzt worden. Letztere hätten ambulant im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Empfohlener externer Inhalt
„Warum schlagt ihr ihn?“
Tatsächlich sieht man in einem zweiten Video, das zeitlich vor dem oben genannten entstanden sein muss, wie zwei Beamte versuchen, den am Boden Liegenden unter Kontrolle zu bekommen, während Stimmen von Umstehenden „Warum schlagt ihr ihn?“, aber auch „Hurensöhne“ rufen. Der Mann steht kurz auf oder wird von den Beamten hochgezogen, dann tritt einer der Polizisten ihn wieder zu Boden. Mehrere Gegenstände fliegen in Richtung des Geschehens und zerschellen am Boden.
Auch die überwiegende Mehrzahl der User von Twitter sieht in dem Gezeigten einen Fall von ungerechtfertigter Polizeigewalt und die Misshandlung eines Wehrlosen, andere verteidigen den Einsatz. Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber twitterte zunächst: „Was gestern am Kotti ablief, ist ein Teil der Parallelgesellschaft. Es widert mich an, wenn Personen bewusst & zielgerichtet Flaschen & Steine auf die @polizeiberlin bei einer Festnahme werfen.“ Am Freitagmittag schob er dann nach: „Es ist auch völlig richtig, dass die @polizeiberlin Ermittlungen gegen die Beamten, welche am Kotti gestern eine Festnahme vollzogen, aufnimmt, um zu klären, ob dort rechtlich sauber & verhältnismäßig gearbeitet wurde.“
Empfohlener externer Inhalt
Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Walter befand am Freitagmittag, die verschiedenen zirkulierenden Videos seien „nur schwer zu ertragen. Eine Prüfung und Aufklärung der genauen Umstände des Einsatzes ist nun notwendig und rechtsstaatlich geboten!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin