Haftbefehl im Fall Chemnitz: Justizbeamter mit rechten Kontakten
Ein Iraker soll in Chemnitz einen Deutschen erstochen haben. Wer ist der Justizbeamte, der den zugehörigen Haftbefehl an Rechte weitergab?
Seit Donnerstag ist nun immerhin klar, wer das Dokument weitergab. Der 39-jährige Justizbeamte Daniel Z. gestand in der Bild-Zeitung, den Haftbefehl fotografiert und verbreitet zu haben. Wer ist der Mann?
Fast alles, was man über ihn weiß, stammt aus der Bild, die direkt mit ihm gesprochen hat. Wirklich viel erfährt man aus dem Artikel über seine Person selbst allerdings nicht. Nur soviel ist bekannt: Z. arbeitet seit 2014 in der JVA Dresden und war an den Haftbefehl gelangt, als einer der Täter ins Gefängnis eingeliefert wurde.
Das Dokument habe im Zugangsbereich des Gebäudes herumgelegen. Nachdem Z. es fotografiert hatte, sandte er die Aufnahme an Kollegen aus der Justiz, an Freunde des erstochenen Deutschen, aber auch an die rechte Gruppe „Pro Chemnitz“, wie es in der Bild heißt. Als Begründung gibt er an, lediglich gewollt zu haben, „dass die Wahrheit und nur die Wahrheit an Licht der Öffentlichkeit kommt.“
Welche politischen Meinungen Z. vertritt, ist bisher noch nicht klar. Für ein enges Verhältnis zu Rechten spricht aber nicht nur, dass er den Haftbefehl direkt an „Pro Chemnitz“ weitergab. Auch der Anwalt Frank Hannig, den sich Z. aussuchte, um ihn beim Interview zu begleiten, hat Kontakte zu rechten Gruppen.
Der Dresdner Jurist hatte in der Vergangenheit etwa bei der Gründung des Pegida-Fördervereins geholfen. In der Bild sagte der 48-Jährige Verteidiger über seinen Mandanten: „Er steht zu seiner Tat und will die Konsequenzen tragen.“
Die bekommt Z. bereits jetzt zu spüren: Das sächsische Justizministerium hat ihn mittlerweile suspendiert. Ihm droht aber noch mehr. Laut Strafgesetzbuch kann derjenige mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden, der amtliche Dokumente eines Gerichtsverfahrens veröffentlicht, bevor sie in einer öffentlichen Verhandlung besprochen oder das Verfahren beendet wurde. Auch eine Anklage wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen wäre wohl möglich. Für Z. geht es also vielleicht doch noch einmal zurück in die JVA.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste