Aktueller Waldbericht: In den Tropen wird drastisch abgeholzt
2017 wurde weltweit eine Waldfläche zerstört, die halb so groß ist wie Deutschland. Die Gründe: Ackerland, Holzwirtschaft, Feuer – und Frieden.
Weltweit werden dramatisch schnell Wälder zerstört. 2017 war laut einem neuen Bericht des World Resources Institute (WRI) das Jahr mit dem zweithöchsten Verlust von tropischen Waldgebieten weltweit nach 2016. Auf 16 Millionen Hektar – einem Gebiet etwa halb so groß wie Deutschland – wurden die Bäume gefällt oder abgebrannt. Das sei „so viel wie der Verlust von 40 Fußballfeldern in jeder Minute über ein Jahr“, erklärte Frances Seymour, WRI-Experte für das Projekt Global Forest Watch. Der jährliche Überblick über den Zustand der Wälder stützt sich auf Satellitendaten der Universität von Maryland.
Am heftigsten wird der Wald weiterhin am Amazonas zerstört: Brasilien führt mit 4,5 Millionen Hektar die Rangliste der Waldkiller an, es folgen die Demokratische Republik Kongo (1,4 Millionen Hektar), Indonesien, Madagaskar, Malaysia, Bolivien und Kolumbien. Trotz aller Versuche, den Wald zu bewahren, schwindet die tropische Baumdecke damit seit fast 20 Jahren. Neben der Holzwirtschaft und der Ausbreitung von Agrarflächen registrierten die Forscher steigende Verluste durch Feuer und Stürme. Diese natürlichen Ursachen nehmen demnach durch den Klimawandel zu.
Die aktuelle Studie wurde in der vergangenen Woche auf dem Oslo Tropical Forest Forum vor 500 Experten vorgestellt. Norwegen legt einen Schwerpunkt auf die Rettung der tropischen Wälder und hat im letzten Jahrzehnt dafür 2,8 Milliarden Dollar investiert. Umweltminister Ola Elvestuen nannte die Geschwindigkeit des Waldverlusts eine Katastrophe: „Die Waldzerstörung heizt den Klimawandel an“, warnte Elvestuen auf der Konferenz. Auch Johannes Zahnen, Waldexperte des WWF Deutschland, warnt vor der Entwicklung: „Weltweit verschwinden vor allem die Tropenwälder, das ist ein Desaster für den Klimaschutz und die Artenvielfalt.“ Die EU-Regeln gegen illegales Holz würden kaum durchgesetzt.
Die globalen Daten zeigen, dass auch der Frieden eine Bedrohung für den Wald sein kann: Am schnellsten hat demnach 2017 die Waldvernichtung in Kolumbien zugenommen. Seit dem Friedensabkommen zwischen Regierung und Guerilla haben die Kämpfer große Waldgebiete als ihr Territorium aufgegeben. Nun sind dort Straßen und Wege zugänglich für Siedler, die durch Rodungen Besitz vom Wald ergreifen.
In Brasilien brannte die zweitgrößte je verlorene Waldfläche nieder. Schuld daran sind nach Meinung der Forscher von Menschen gelegte Brände, die Korruption und Straffreiheit im Land sowie die Unsicherheit, nachdem die Schutzgesetze verwässert wurden. Die Forscher befürchten häufigere Brände durch die zunehmende Trockenheit am Amazonas.
Positive Nachrichten gibt es aus Indonesien. Dort ging der Waldverlust um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück: Das Verbot, Sümpfe trockenzulegen, viel Regen und Aufklärung der Bevölkerung scheinen zu helfen. In der Demokratischen Republik Kongo aber stieg die Entwaldung auf einen Rekordwert wegen der Land- und Holzwirtschaft sowie der Produktion von Holzkohle. In der Karibik hinterließ die extreme Hurrikansaison 2017 Tote und zerstörte Gebäude, und sie dezimierte auch die Wälder: Puerto Rico verlor 10 Prozent seiner Waldfläche, die Insel Dominica sogar jeden dritten Baum.
Das WRI erinnerte daran, dass Wälder wichtig für die Artenvielfalt sind und Millionen von Menschen mit Nahrung, Baumaterial und Medikamenten versorgen. Zudem sind sie neben den Ozeanen auch die großen Speicher für Kohlenstoff und regulieren das weltweite Klimasystem. Diese Funktion müsse etwa durch die Projekte zum Klimaschutz deutlicher werden, warnten die Forscher des WRI. Obwohl die Wälder 30 Prozent des CO2 aus der Atmosphäre filterten, gingen nur 2 Prozent der Hilfsgelder in Waldprojekte.
Die Studie kommt auf hohe Zahlen, weil sie alle gefällten Bäume zählt. Ausgleich durch Aufforstungen oder Nachwachsen registriert sie nicht. Die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO dagegen rechnet Bäume, die für die Holzwirtschaft geschlagen und durch neue Setzlinge ersetzt werden, nicht zum „Waldverlust“. Die FAO kommt daher für 2017 nur auf etwa 3,3 Millionen Hektar zerstörter Forstfläche. (mit reuters)
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