Hip-Hop-Biopic „Roxanne Roxanne“: Eine unbekannte Pionierin

Frauen sind rar im Hip Hop. Bei Netflix läuft nun ein Film über eine der ersten Rapperinnen: Roxanne Shante. Ein Streamingtipp für die Feiertage.

Eine Frau und ein Mann schauen sich mit ernstem Blick an

Fällt immer wieder auf gewalttätige und egomanische Typen rein: Roxanne Shante (Chanté Adams) Foto: Netflix

Fast drei Jahrzehnte bevor Nicki Minaj 2011 ihr Album „Roman's Revenge“ veröffentlichte, wurde die Rapperin Roxanne Shante mit ihrem Hit „Roxanne's Revenge“ zur weiblichen Hip Hop-Pionierin. Lolita Shante Gooden war 14 Jahre alt und auf dem Weg zur Wäscherei als ein Producer sie auf der Straße fragte, ob sie spontan für ihn rappen könnte. Auf die Beats von „Roxanne Roxanne“, einem erfolgreichen Song von U.F.T.O., in dem ein Mädchen nicht auf die Avancen eines Mannes reagiert, freestylt sie eine Antwort – ein Diss-Track. In nur einem Versuch – sie musste ja die Wäsche ihrer Mutter waschen – entstand „Roxanne's Revenge“. Der Song verkaufte sich 250.000 mal und aus der 14-jährigen Lolita wurde der Hip-Hop-Star Roxanne Shante.

Nun wurde Shantes Geschichte verfilmt. Das HipHop-Biopic „Roxanne Roxanne“ feierte seine Premiere im Januar letzten Jahres auf dem Sundance Festival, wo die Newcomerin Chanté Adams für ihre Rolle als Roxanne ausgezeichnet wurde. Das Drehbuch stammt von Michael Larnell, Koproduzent war der Musiker Pharell Williams. Vergangene Woche ist der Film in den US-amerikanischen Kinos angelaufen und zur gleichen Zeit in vielen Ländern bei Netflix zum Streaming freigeschaltet worden.

Auch wenn es so klingt, aber Roxanne Shantes Leben lässt sich nicht als eine dieser American-Dream-Geschichten erzählen, die uns Film und Fernsehen all zu gerne vorsetzen. Roxanne Shante wuchs in den frühen 1980er Jahren in einer Sozialwohnungssiedlung Queens in New York City auf. In dem Film sehen wir, wie ihre Familie in Armut lebt. Roxanne stiehlt Klamotten, die sie weiter verkauft, um ihre Familie finanziell zu unterstützen. 1984 wird sie als Rapperin entdeckt – fortan finden ihre Rap-Battles nicht mehr auf der Straße, sondern in den verschiedensten Clubs der USA statt.

Ein Star wird sie trotzdem nicht. „Roxanne Roxanne“ zeigt ihre Karriere, wie sie beginnt – und stagniert. Wie ihr Manager und andere Männer in der Musikindustrie sie ausnutzen und um ihr Geld bringen. Wie ihre Mutter Peggy Gooden (Nia Long), nachdem ihr Freund mit ihren gesamten Ersparnissen abhaut, alkoholabhängig wird. Sie warnt ihre Töchter immer wieder vor Männern, die Frauen schlecht behandeln. Doch auch Roxanne Shante lässt sich auf einen gewalttätigen Mann ein.

Szenen, wie ein Rapsong

Cross (gespielt von Mahershala Ali, der für seine Nebenrolle in „Moonlight“ mit einem Oscar prämiert wurde) kauft ihr eine Pelzjacke, um sie um den Finger zu wickeln. Als die beiden zusammen kommen, behandelt Cross Roxanne nur noch wie sein Eigentum. Verdeutlicht wird das im Film in drei aufeinander folgenden Bildern: Wie ein Rapsong gereimt, sehen wir, wie die beiden miteinander schlafen, Roxanne ein Kind zur Welt bringt und von Cross geschlagen wird. Es sind die kurzen Szenen, die zwischen Rap-Battles und Auftritten gezeigt werden, die die Geschichte Roxanne Shantes nahbar machen.

„Roxanne Roxanne“ erzählt von einer begabten Frau und damit viel über die männerdominierte Hip Hop-Branche. 1984, das war die Zeit vor weiblichen Hip-Hop-Stars wie Cardi B., Lil Kim oder Missy Elliott. Und obwohl die drei genannten Künstlerinnen zeigen, dass sich etwas verändert hat und sich das Ungleichgewicht der Geschlechter im Hip Hop verschiebt, wird die Industrie immer noch von Männern dominiert, wie Drake, Jay-Z oder Kendrick Lamar.

Die US-Rapperin Cardi B stand mit ihrer Debüt-Single „Bodak Yellow“ im vergangenen Sommer auf Platz 1 der US-amerikanischen Billboard-Top100-Charts. Und das als erste Solo-Rapperin nach 19 Jahren. Es tut sich was – doch von einem Paradigmenwechsel zu sprechen, ist noch immer optimistisch.

Roxanne Shante arbeitete heute längst nicht mehr als Rapperin, weil sie damit nie Geld verdient hat. Vielleicht bekommt sie nun durch den Film die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Drei Jahrzehnte später.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.