Verfassungsschutz und die AfD: AfD-Politiker unter Beobachtung
Äußerungen der AfD sorgen immer wieder für Debatten, ob der Verfassungsschutz aktiv werden sollte. Doch einzelne Mitglieder werden schon längst beobachtet.
Aus dem niedersächsischen Innenministerium hieß es, Einzelpersonen fielen unter die Beobachtung, soweit sie in rechtsextremistischen Organisationen tätig sind. Die genaue Anzahl könne nicht genannt werden, da Mitgliederlisten der AfD, die kein Beobachtungsobjekt als Ganzes ist, nicht bekannt seien. „Dem Verfassungsschutz sind bislang lediglich Einzelfälle in Niedersachsen bekannt“, sagte ein Sprecher des dortigen Innenministeriums.
Die Berliner Senatsinnenverwaltung verwies auf personelle Verknüpfungen zwischen Anhängern der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ und der „Identitären Bewegung“, die Thema in den Verfassungsschutzberichten der vergangenen Jahre gewesen sei. Über die konkrete Beobachtung von Einzelfällen wollte sich der Sprecher aber nicht äußern: „Eine gesetzliche Pflicht, die Beobachtung einer Partei oder seiner Mitglieder öffentlich zu machen, besteht nicht“, sagte er.
Die Innenministerien in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen teilten mit, dass derzeit keine Einzelpersonen aus der AfD beobachtet werden. Die Behörden der anderen Bundesländer wollten keine Angaben zur Beobachtung von Einzelpersonen machen.
Beobachtung der ganzen Partei nicht ausgeschlossen
Eine Rede des sachsen-anhaltischen AfD-Politikers André Poggenburg, in der er sich verächtlich über die Türkische Gemeinde in Deutschland äußerte, hatte erneut Forderungen nach einer Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz nach sich gezogen. Derzeit beobachten weder das Bundesamt für Verfassungsschutz noch die Verfassungsschützer der Länder die Partei.
Eine Einflussnahme oder Steuerung der Partei durch Rechtsextremisten sei derzeit nicht erkennbar, erklärte das Bundesamt. Dort stehen derzeit nach Angaben der Pressestelle auch keine Einzelpersonen aus den Reihen der Partei unter Beobachtung.
Der Dresdner Politikwissenschaftler Steffen Kailitz plädierte für eine Beobachtung von Teilen der AfD durch den Verfassungsschutz. Dies sei „gerechtfertigt und notwendig vor allem im Falle der ostdeutschen Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen“, sagte er. In diesen Ländern werde der „völkisch-nationale Flügel immer dominanter“. Dieser rechtsradikale Teil der AfD habe auch innerhalb der Gesamtpartei eine „immer größere Kraft“, sagte der Forscher am Dresdner Hannah-Arendt-Institut.
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) bezeichnete die Forderung nach einer Beobachtung einzelner AfD-Mitglieder in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „plausibel“. Zudem schrieb er in seinem Gastbeitrag, sollte die Radikalisierung in der AfD fortschreiten, könne eine Beobachtung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz „nicht ausgeschlossen werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen