Kommentar Trumps Inner Circle: Ein kleiner Etappensieg – für Bannon
Das „Chaos im Weißen Haus“ hat Methode: Chefstratege Steve Bannon höhlt gezielt die Staatlichkeit aus – am Ende bleiben nur noch Polizei und Militär.
D as war Rekordzeit. Ein halbes Jahr hat Anthony Scaramucci darauf gewartet, endlich eine führende Rolle in Donald Trumps Weißem Haus spielen zu dürfen – und nur zehn Tage nach seiner Ernennung zum Kommunikationschef ist er schon wieder gefeuert.
Es ist unterhaltsam, aber nicht weiterführend, noch einmal alle Unglaublichkeiten aufzuzählen, die sich „The Mooch“ während dieses kurzen Abstechers geleistet hat. Wichtiger ist zu überlegen, was das nun eigentlich bedeutet.
Da ist einerseits die Stilfrage – Trump scheint sich mit Typen zu umgeben, die direkt aus „American Psycho“ in seinen Tross hinein gesprungen sein könnten. Er selbst hat die Regeln des menschlichen Anstands und des leidlich rationalen politischen Diskurses auf eine Weise verschoben, dass es kaum verwundert, dass er solche Leute anzieht.
Im Gegenteil: Seinen treuesten Anhängern kann er das noch immer als „den Washingtoner Sumpf austrocknen“ verkaufen. Wer sich erst einmal hat einreden lassen, „das Establishment“ im Einklang mit den „Systemmedien“ sei der Feind, hat sich weit genug von politischem Denken verabschiedet, um auch noch Trumps wahnsinnigste Tweets zu bejubeln.
Trumps Trick: So tun, als wolle und würde er regieren
Mit John Kelly als neuem Stabschef hat sich Trump jetzt einen weiteren Ex-Militär geholt – offenbar, um Entschlusskraft zu signalisieren. Der Trick an Trumps Präsidentschaft besteht ja darin, zumindest so zu tun, als wolle oder würde er tatsächlich regieren. Nur: Beides ist nicht wahr.
Tschüssi Scaramucci
Denn auch wenn sein Chefstratege Stephen Kevin „Steve“ Bannon in den letzten Wochen öffentlich immer unsichtbarer geworden ist – es nützt sehr, sich dessen Ziele immer wieder vor Augen zu führen. Da geht es nicht um gute Regierungsführung, sondern um die Abschaffung von Regierung, von Staatlichkeit als Bezugspunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Was in dieser Vorstellung von Staat übrig bleibt, sind Polizei und Militär.
Und genau auf diesem Weg ist jeder neue Tag, an dem wir über das „Chaos im Weißen Haus“ sprechen und schreiben, ein kleiner Etappensieg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin