Dragoner-Areal in Kreuzberg: Die Utopie planen
Die Planungen für das Kreuzberger Gelände beginnen. Die Initiativen, die lange gegen die Privatisierung kämpften, dürfen mitentscheiden.
Dass es nun die Möglichkeit gibt, das ehemalige Kasernengelände zu einem städtebaulichen Modellprojekt zu entwickeln, wie es den Initiativen vorschwebt, war noch vor Kurzem nicht absehbar. Erst im Dezember machte der Bund den Verkauf an einen Privatinvestor rückgängig, im Mai folgte dann – im Rahmen der neuen Hauptstadtverträge – die Übergabe des Grundstücks an das Land Berlin.
Die Planung beginnt jetzt bei „Phase null“, wie es Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) ausdrückt: Die Politik verzichtet auf Vorgaben. Das ist ganz im Sinne etwa von Lisa Vollmer, aktiv bei der Initiative „Stadt von unten“, die seit drei Jahren um das Kreuzberger Filetgrundstück kämpft. „Wir hatten Angst, dass ein Beteiligungsverfahren von oben verordnet wird.“
Doch nun geht es im ersten Schritt um die „Beteiligung an der Beteiligung“, so Schmidt. Gesteuert von dem Sanierungsbüro S.T.E.R.N., sollen die weiteren Verfahrensschritte erarbeitet werden. Das Ziel ist, die allgemeinen Sanierungsziele – Schaffung von Wohnraum und Infrastruktur – zu konketisieren, wie Geschäftsführer Theo Winters sagt.
Die Veranstaltung findet am Dienstag, den 17. Juli von 18 bis 20.30 Uhr in der Christuskirche in der Hornstraße 7/8 statt.
Schon um 16.30 Uhr gibt es einen Rundgang über das Dragoner-Areal, Treffpunkt an der LPG, Mehringdamm/Ecke Obentrautstraße.
Bis schließlich ein städtebaulicher Wettbewerb stattgefunden hat und ein Bebauungsplan aufgestellt ist, können drei bis vier Jahre vergehen. Was grundsätzlich dabei herauskommen soll, haben „Stadt von unten“, die Gewerbetreibenden – zwei Clubs, eine Taxischule, Handwerksbetriebe –, eine gedenkpolitische sowie weitere nachbarschaftliche Initiativen bereits formuliert. Die wichtigsten Punkte: Zu 100 Prozent sollen Wohnungen mit bezahlbaren Mieten entstehen, und alle Gewerbetreibenden sollen bleiben dürfen.
Vollmer spricht von einer „konkreten Utopie“ – der Verbindung des sozialen Anspruchs im kommunalen Wohnungsbau mit den demokratischen Prinzipien selbstverwalteter Wohnprojekte. „Das Gute von beiden zusammenführen“ sei das Ziel. Entstehen könnten also Hunderte günstige Wohnungen – Privatisierung ausgeschlossen –, dazu Flächen für soziale Infrastruktur und Gewerbe.
Bei Florian Schmidt hört sich das kaum anders an: Sein Leitbild sei die „Kreuzberger Mischung“ aus bezahlbarem Wohnen, Gewerbe, Kultur und Infrastruktur. Er erhofft sich die Entwicklung von Modellen, die „die Ökonomie des Wohnens neu beleuchten“, so Schmidt – also etwa Kooperationen zwischen gemeinwohlorientierten Trägern und Wohnungsbaugesellschaften. Auch neue Konzepte für die Verbindung von Wohnen und Arbeiten könnten entstehen.
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