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Zwei Alt-Autonome über G-20„Das Outfit gehört dazu“

Der Anwalt Andreas Beuth und der Alt-Autonome Peter H. erwarten bei der Anti-G-20-Demo „Welcome to hell“ den größten schwarzen Block Europas.

Die „Welcome to hell“-Demo wird anders aussehen als andere Demos gegen den G-20-Gipfel Foto: dpa

taz: Ist die autonome G-20-Demo „Welcome to hell“ die Hölle für alle, die keine direkte Konfrontation mit der Polizei wollen?

Andreas Beuth: Die Demo ist von uns nicht als Krawall-Demo angedacht. Es wird natürlich vom Outfit anders aussehen als auf den anderen Demos: Es wird einer der größten schwarzen Blöcke, die es in Europa jemals gegeben hat. Das merken wir schon an der Mobilisierung.

Warum ist es so wichtig, dass es auch eine autonome Demon­stration gibt?

Beuth: Es ist wichtig, um zu sagen, dass wir den Gipfel nicht reformieren wollen, sondern ihn ablehnen. Es gibt auch keinen besseren oder schlechteren Kapitalismus, er gehört abgeschafft. Das war immer die Position der Autonomen, das schwarze Outfit gehört dazu.

Ist diese Demo nicht eine Einladung für alle Gewaltbereiten?

Beuth: Man braucht einen gewissen Sprachduktus. Wenn wir sagen, die Demo soll geschlossen losgehen und ankommen, dann wissen die Leute einfach, dass es nicht gleich bei der ersten Provokation mit der Polizei abgehen soll. Es kann gut sein, dass es nach der Demo knallt. Aber wir wollen diese Konfrontation nicht auf der Demo.

Auf dem Plakat für die Demo ist ein brennendes Hamburg zu sehen. Entspricht das Ihrem Sprachduktus?

Beuth: G-20 in Hamburg – und dann auch noch im linken Szeneviertel – wird als eine unglaubliche Provokation, als Machtdemonstration und als Übungsfeld zur Aufstandsbekämpfung bei sich verschärfenden sozialen Konflikten verstanden. Die wollen hier mit 20.000 Einsatzkräften üben und wir wollen es ihnen schwer machen.

Also geht es Ihnen doch um die Konfrontation mit der Polizei?

Beuth: Das politische Anliegen ist, klarzumachen, wer sich da trifft: Das sind bürgerliche Staaten wie Deutschland und Frankreich, Diktaturen wie die Türkei, Folterstaaten wie Saudi-Arabien, das ist ein Rassist und Sexist wie Trump, der mal eben aus dem Klima-Abkommen aussteigt. Ist das gut für die Normalbevölkerung, was die für eine Politik machen? Die treffen sich doch, um die kapitalistischen Verhältnisse neu zu ordnen und zu festigen.

Peter H.: Es ist ein Irrglaube, mit solchen Leuten wirklich reden zu können. Dafür werden Millionensummen ausgegeben – und die werden mit roten Teppichen empfangen. Wir werden zu den Gewalttätern gemacht.

Im Interview: Peter H.

ist ein Alt-Autonomer und wohnt seit 1977 im Hamburger Schanzenviertel.

Sind Sie das nicht?

Beuth: Wir üben keine Gewalt aus, wir leisten Widerstand. Gewalt geht von den herrschenden Verhältnissen aus. Aber das sind Definitionsfragen.

Von offizieller Seite sind auch Sie nicht besonders willkommen. Die Hamburger Polizei hat vergangene Woche zum G-20-Gipfel eine große Demo-Verbotszone verfügt.

Beuth: Zu unserer großen Überraschung ist unsere Route unstrittig. Wir streiten uns nur über den Ort der Abschlusskundgebung. Andererseits wird jetzt schon berichtet, es würde die größte Krawall-Demo und die schlimmste von allem.

Peter H.: Die Polizei sagt aber mittlerweile, dass der Verlauf des Protests während der Gipfeltage von unserer Demo am 6. Juli abhängt. Die Demo ist aber nur ein Teil unserer Aktivitäten. Wir sind auch beteiligt an den Blockaden und an der Großdemonstration am 8. Juli.

Ist es klug, das Protestwochenende mit der Demonstration einzuläuten, die das höchste Eskalationspotenzial birgt?

Beuth: Es bringt ja nichts, super peacig anzufangen und sich dann langsam zu steigern. Wir wollen zeigen: Das läuft so nicht und ihr macht nie wieder einen Gipfel in einer europäischen Großstadt. Um das deutlich zu machen, sind einige Leute bereit, ein gewisses Risiko einzugehen.

Glauben Sie, die Polizei lässt die Demo losgehen?

Beuth: Die Veranstaltung startet ja um 16 Uhr mit Konzerten und Redebeiträgen aus Mexiko, der Türkei, Russland, den USA und anderen Ländern. Dann wird sich irgendwann die Demo aufstellen. Wenn sie uns nicht losgehen lassen, werden wir das nicht kampflos hinnehmen. Oder wenn sie uns, wie bei der Demo „Die Stadt gehört allen! Refugees, Esso-Häuser und Rote Flora bleiben“ am 21. Dezember 2013, sofort angreifen, wird es natürlich knallen.

Betrachtet man das Protest-Spektrum, haben Sie das Image der Super-Bösen, die die „gewaltbereiten Autonomen“ aus anderen Ländern einladen. Wie gefallen Sie sich in der Rolle?

Im Interview: Andreas Beuth

64, gilt als Anwalt der linken Szene und ist einer der rechtlichen Vertreter der Hamburger Roten Flora. Er ist Leiter der Versammlung „Welcome to hell“.

Beuth: Die Radikalsten kriegen natürlich den schwarzen Peter zugeschoben, aber das kann man auch als Lob auffassen.

Peter H.: Es läuft ja bei den Autonomen nicht wie bei irgendeiner Partei. Wir rufen ja nicht in Frankfurt oder in Italien an und sagen: Kommt mal so und so! Das geht gar nicht. Wir wissen ja nicht, was die Leute in ihren eigenen Strukturen planen. Autonom heißt ja auch, dass die Leute ihre eigenen Dinger durchziehen. Wir können und wollen nicht verhindern, dass Vermummte dabei sind oder das Pyro abgebrannt wird.

Was bedeutet das Demonstrationsverbot für den Protest?

Beuth: Für mich sind die Leute, die versprochen haben, man kann überall demonstrieren, nur nicht zu dicht an den Messehallen, Lügner. Wenn Hamburgs Innensenator Andy Grote kein Camp für Gipfelgegner zulässt, ist er ein Rechtsbrecher. Camps sind als Versammlungen anzusehen und Versammlungen werden in der Regel genehmigt. Da kann sich kein Innensenator zum Richter aufspielen.

Im Moment sieht es aber so aus, dass keine Camps genehmigt werden.

Beuth: Das befürchte ich auch. Das würde dazu führen, dass die Leute Plätze besetzen. Nicht einen, der leicht geräumt werden kann, sondern, bei halbwegs gutem Wetter, alle Grünflächen.

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5 Kommentare

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  • Kein Friede mit den herrschenden Verhältnisse, wer dnekt diese Verhältnisse sind mit Hände halten zu verändrn lebt im Märchen und hat längst nicht verstanden das das ganze Märchen nur so strozt vor Gewalt!

     

    Marcuse sagte:

     

    „[…] ich glaube, daß es für unterdrückte und überwältigte Minderheiten ein ,Naturrecht‘ auf Widerstand gibt, außergesetzliche Mittel anzuwenden, sobald die gesetzlichen sich als unzulänglich herausgestellt haben. Gesetz und Ordnung sind überall und immer Gesetz und Ordnung derjenigen, welche die etablierte Hierarchie schützen; es ist unsinnig, an die absolute Autorität dieses Gesetzes und dieser Ordnung denen gegenüber zu appellieren, die unter ihr leiden und gegen sie kämpfen – nicht für persönlichen Vorteil und aus persönlicher Rache, sondern weil sie Menschen sein wollen. Es gibt keinen anderen Richter über ihnen außer den eingesetzten Behörden, der Polizei und ihrem eigenen Gewissen. Wenn sie Gewalt anwenden, beginnen sie keine neue Kette von Gewalttaten, sondern zerbrechen die etablierte.“

  • Die Frage, was, wann, wo Gewalt bedeutet, ist eine Definitionsfrage. Man könnte auch das faktische Aberkennen von Bürgerrechten als Gewalt bezeichnen.

    Das ein Zusammentreffen von hochrangigen Politikern geschützt werden sollte, ist wohl unstrittig. Wenn dieser Schutz allerdings nur gewährleistet werden kann, wenn der Staat einen Rechtsfreien Raum schafft, dann ist es wichtig, auf die Unrechtmäßigkeit einiger Maßnahmen aufmerksam zu machen. Die Einen versuche dies mit Klagen vor diversen Gerichten, die Anderen gehen lieber auf die Straße. Solange Brutalität nicht Teil des Konzeptes ist, sind beide Varianten absolut legitim.

    Fraglich ist jedoch, ob die Staatsmacht das Gebot der Deeskalation verfolgt.

    Schon bei den Castor-Transporten hat sich gezeigt, dass es Fehlverhalten auf beiden Seiten gibt. Der Polizist in Kampfmontur hat allerdings einen erheblichen Vorteil dem unbewaffneten Demonstranten gegenüber.

    Ich befürchte einen heftigen Zusammenstoß der beiden "Gegner", bei dem im Nachhinein der jeweils anderen Seite die Schuld gegeben wird.

  • Der Sprachduktus, "wir bleiben ruhig, außer wenn sie provozieren" erinnert mehr so an Schulhof. Steine schmeißen kann jeder Klotz und Gewalt so wegzudefinieren klappt höchstens nach 2-3 Bier auf ner WG Party. Es wäre schön wenn die Herren und Damen in schwarz mal etwas selbstkritischer an die Sache rangingen. Der Zweck heiligt einfach nicht die Mittel.

    • @bernd konfuzius:

      Der Zweck heiligt nicht die Mittel, stimmt. Das gilt aber ebenso für das Verhalten des Innenministers. Auch für den G20 darf das Recht nicht außer Kraft gesetzt werden.