piwik no script img

„Breitbart“ in DeutschlandEin Fake ist ein Fake ist ein Fake

Aktivisten von „Hooligans gegen Satzbau“ haben das Internet verwirrt – und Nachhilfe in Sachen Quellencheck und Fake-News erteilt.

Steve Bannon: ehemaliger Breitbart-Chef, jetzt Trump-Berater Foto: reuters

Eigentlich sollte das rechtspopulistische bis rechtsextreme US-Portal Breitbart im Januar in Deutschland und Frankreich starten. Man wollte die Bevölkerung „informieren“, wie Breitbart es schon vor der US-Präsidentschaftswahl getan hatte. Passiert ist das bisher allerdings nicht, denn viele der möglichen Domains sind bereits vergriffen.

Breitbartnews.de etwa befindet sich nicht in Populisten-Hand, sondern im Besitz eines Berliner Fotografen. Er sei über Trumps Wahlsieg erschrocken gewesen, sagte der Berliner, der namentlich nicht genannt werden will, der taz. Einen Grund für dessen Erfolg sehe er in der Breitbart-Berichterstattung. Deswegen habe er sich breitbartnews.de gesichert.

„Ich habe einfach versucht, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit es der Populismus gerade auf der rechten Seite des politischen Spektrums vielleicht nicht ganz so einfach hat wie in den USA“, erklärt der Fotograf. „Ich wollte es Breitbart erschweren, unter dem eigenen Namen in Deutschland Fuß zu fassen.“

Nun leitet die Domain weiter auf eine Seite, die den Breitbärten gar nicht gefallen dürfte: Besucher landen auf hogesatzbau.de, der Seite der „Hooligans gegen Satzbau“. Die beiden linken Politaktivisten haben ihren Namen zwar angelehnt an die „Hooligans gegen Salafisten“, aber bezeichnen sich selbst auf ihrer Website als „Online-Nachhilfeinstitut für meinungsmanipulierende, aufrechtdeutsche, retronaziske und patriotische Stimmungsmacher.“

Der Plan der „Hooligans“

Sie entlarven Falschmeldungen aus dem rechten Lager. 2016 wurden die selbsternannten „Hooligans“ dafür mit dem Smart Hero Award ausgezeichnet, in ihrem Shop verkaufen sie Shirts für „Volksfahrräder“. Seit über zwei Jahren betreiben sie die Website, schreiben – wie sie der taz berichten – „in der Bahn, an der Supermarktkasse oder auf dem Klo“.

Die „Hooligans“ haben die Weiterleitung nicht sofort bemerkt. Erst Ende Januar waren sie darauf aufmerksam gemacht worden und haben sich überlegt, was sie aus der Chance machen sollten. „Wir haben uns dann für eine kleine Lektion in Sachen Fake-News entschlossen“, sagen sie. Wenn Nachrichten ge- oder missfallen, seien die Reaktionen bei allen Menschen ähnlich. „Wir schalten unser Hirn aus und reagieren emotional. Teilen, liken, kommentieren, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken.“ Darauf wollen die Hooligans hinweisen, um eine Umdenken zu provozieren.

„Wir wollten uns allen einen kleinen Denkzettel verpassen, der uns daran erinnert, wie wichtig es ist, Quellen und vermeintliche Fakten kritisch zu hinterfragen“, erklärt die Organisation. Es gebe in der Hinsicht auf allen Seiten Nachholbedarf.

Das haben sie in den letzten Tagen ausgerechnet den Medien eindrucksvoll bewiesen: Am Donnerstag wurden von unterschiedlichen Nachrichtenportalen wie n-tv, Bayern 2 und der Rheinischen Post Online (RP Online) Berichte darüber veröffentlicht, dass die Domain nicht dem Portal Breitbart gehört, sondern Aktivisten. Breitbart dürfte die Domain nicht mehr so leicht bekommen.

„Linksfaschisten“

Am Freitag griffen die Macher der Facebook-Seite Breitbart Deutschland einen dieser Artikel auf. In Populisten-Manier änderten sie Foto, Überschrift und Teaser eines RP-Artikels und posteten ihn. Nun hieß es: „Wie linke Hetzer die Pressefreiheit aufhalten wollen“. Geteasert wurde mit „Linksfaschisten“.

RP Online merkte die Veränderung und berichtete über die Fälschung. Dabei übersahen sie jedoch – ebenso wie andere Medien – eines komplett: Die Facebook-Seite Breitbart Deutschland existierte erst seit eben jenem Freitag. Am Nachmittag folgte die Auflösung des ganzen Spiels: Die Facebook-Seite Breitbart Deutschland betreiben ebenfalls die „Hooligans gegen Satzbau“. Die Hooligans hatten Leser und Medien abermals hinters Licht geführt. Chapeau!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ja, Chapeau (!?)... hinters Licht geführt im letzten Satz.

    Wenn man die Rechercheleistung der Medien "hinters Licht geführt" nennt... dann hätten Sie ja recht.

    So ist das aber nicht!

    Bei egal welchem Thema man sich z.B. beruflich recht gut auskennt und gleichzeitig thematisch dazu die Tagespresse liest wird einem die "Qualität" der deutschen Journalie oft genug klar. Allein die Fachpresse scheint mittlerweile in der Lage Sachverstand in spezifische Themen einzubringen.

     

    Was sagt das über die Qualität und Berichterstattung über gesellschaftliche oder politische Themen, also sozusagen das Fachgebiet der Tageszeitungen? Jeder möge in Zeiten des Sparzwangs bei nötiger Recherchetiefe und News-Lastigkeit der "schnellen" Medien selbst entscheiden.

    • @Tom Farmer:

      Was Sie nicht sehen ist mMn., dass die Tagespresse dem Anspruch nach einer tiefgreifenden, spezialisierten Information überhaupt nicht gerecht werden KANN. Ihre Aufgabe besteht in der Information über tagesaktuelle Themen, nicht darin, einzelne Themen vertieft zu behandeln. Dies mag ggf. in Ausnahmefällen passieren, ist aber allein aufgrund des zeitlichen Rahmens nicht möglich.

       

      Nehmen Sie das Beispiel der Le Monde diplomatique. Eine (mMn. tolle) Monatszeitung mit interessanten, gut aufbereiteten langen Artikeln. Wie sollen solch recherchierte Artikel in einer Tageszeitung möglich sein? Bei der Fülle an ggf. tagesrelevanten Meldungen? Natürlich braucht man für fundierte Artikel mehr Zeit, deshalb erscheint die LeDiplo auch nur einmal pro Monat.

       

      Insofern sollten Sie - medienkompetent - eben differenzieren. Oberflächliche Information aus der Tagespresse, vertiefte, fundiertere Informationen aus Spezialpublikationen. Diese nicht zu schließende Kluft dann (einseitig) der Tagespresse vorzuwerfen und diese pauschal als 'Journalie' abzuwerten ist alles andere als differenziert oder 'kritisch'.

       

      Ich werfe der ZEIT oder der TAZ ja auch nicht vor, dass im Ressort 'Gesellschaft' nicht bloß promovierte Soziolog*innen schreiben - und selbst wenn dies der Fall wäre, gäbe es sicher über diese Berichterstattungen auch viel Disput, weil Perspektivierungen eben nicht homogen sind, selbst wenn sie von Personen mit einschlägigem Fachwissen verfasst werden.

    • @Tom Farmer:

      @Tom Faber: Da kann ich nur voll zustimmen. Sobald man sich in einem Themenbereich gut auskennt, wird einem bewusst, wie unglaublich fehlerbehaftet Artikel in Tageszeitungen sind. Daraus kann man dann nur schließen, dass es bei anderen Sachverhalten, die man nicht so gut kennt, wohl kaum anders sein wird. Da weiß man dann halt nur nicht welche Informationen falsch sind, nur dass vermutlich einige falsch sind. Für einen guten Artikel braucht ein Journalist/eine Journalistin meiner Ansicht nach nun mal mindestens eine Woche Zeit. Für Zeitungen bedeutet das, dass sie vielleicht besser nur einmal die Woche publizieren sollten. Die kostspieligere Alternative wäre es natürlich, sehr viele Journalist_Innen einzustellen. Aber wer braucht schon eine Zeitung voll Information am Tag. So viel gibt es vielleicht auch gar nicht zu erzählen.

       

      Leider betrifft das auch die taz. Den Spruch "Wir betreiben keinen Onlinejournalismus, sondern Journalismus online" beispielsweise finden ich zwar super, nur leider befürchte ich, trifft es nicht so ganz zu. Ich lese sie zwar trotzdem, aber eben mit dem Hintergedanken, dass ich, wenn ich es wirklich wissen will, wohl besser noch ein bisschen Eigenrecherche betreiben sollte.

      • @Benjamin Toussaint:

        Die TAZ betrachte ich dabei als positive Ausnahmeerscheinung, zumindest was die thematische Auswahl betrifft.

         

        Was man hier mal zu Themen, ab vom Mainstream liest, und zwar z.T. zwei drei Jahre bevor es mainstream wird ist der Mehrwert der TAZ.

      • @Benjamin Toussaint:

        "Leider betrifft das auch die taz..dass ich, wenn ich es wirklich wissen will, wohl besser noch ein bisschen Eigenrecherche betreiben sollte.."

        ...

        Hohoh, werter @Benjamin!- Das betrifft ganz besonders die in ihrer Fadenscheinigkeit so spezielle Taz.