Zahl der Waffenscheinbesitzer: Auf Rekordhoch
Im vergangen Jahr beantragten die Deutschen so viele Schreckschusswaffen wie noch nie. Die Mehrheit hat aber keine Angst vor Terror.
Wie das Bundesinnenministerium auf taz-Anfrage mitteilte, wurden in Deutschland bis zum Jahresende 2016 insgesamt 469.741 kleine Waffenscheine registriert. Ein Jahr zuvor waren es noch 285.911 Waffenscheine. Das ist ein Anstieg um 60 Prozent. In den Jahren zuvor betrug der Anstieg jeweils rund fünf Prozent.
„Wir beobachten die auffällige Entwicklung sehr aufmerksam“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Man sehe den Zuwachs „mit gewisser Sorge“. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Sachsen Innenminister Markus Ulbig (CDU), sprach von einem „Indiz für ein sinkendes Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung“.
Halter eines kleinen Waffenscheins dürfen Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen verdeckt mit sich führen, sofern sie als zuverlässig eingestuft werden. Der Erwerb ist frei möglich.
Bereits nach der vorvergangenen Silvesternacht in Köln, in der es am dortigen Hauptbahnhof zu einer Reihe von sexuellen Übergriffen kam, war die Nachfrage nach kleinen Waffenscheinen deutlich gestiegen. Im Februar 2016, dem Folgemonat, wurden bundesweit 32.857 Scheine neu ausgegeben – die höchste Monatszahl im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor, im Februar 2015, wurden bundesweit lediglich 1.476 kleine Waffenscheine erteilt.
Auch nach dem jüngsten LKW-Terroranschlag in Berlin, bei dem zwölf Menschen getötet wurden, bemerkte die Polizei eine erhöhte Nachfrage nach den Waffenscheine. 352 Anträge wurden seitdem in der Hauptstadt gestellt – mehr als in den einigen Vormonaten insgesamt. Zum Jahresende zählte die Polizei in Berlin rund 4.400 Besitzer von kleinen Waffenscheinen. Ein Jahr zuvor waren es noch 816.
Einige Innenminister warnen vor der Selbstbewaffnung. Man rate dringend davon ab, sagte eine Sprecherin von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Auch Schreckschusswaffen könnten lebensbedrohliche Verletzungen verursachen, für die Polizei seien diese zudem nicht auf Anhieb von scharfen Waffen zu unterscheiden. „Solche Waffen vermitteln nur eine Scheinsicherheit.“ Verbote schloss IMK-Chef Ulbig gegenüber der taz aber aus: Der Verunsicherung „wirkt man nicht entgegen, indem man es untersagt, sich mit Schreckschusspistolen auszurüsten“.
Die meisten Deutschen reagieren indes gelassen auf die Terrorgefahr. Nach einer aktuellen Umfrage der ARD fühlen sich 73 Prozent der Bürger derzeit sicher. 57 Prozent erklärten, Deutschland sei gut gegen Terrorangriffe geschützt. Einzig bei AfD-Anhängern überwiegt die Angst: Hier fühlen sich zwei Drittel der Befragten unsicher.
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