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Fluchthilfe durch LinksparteifunktionärDiether Dehm soll Immunität verlieren

Der Bundestagsabgeordnete hatte einen Flüchtling nach Deutschland gebracht. Die Staatsanwaltschaft leitet nun ein Verfahren ein.

Dieter Dehm auf einer Kundgebung 2015 Foto: dpa

Berlin taz | Die Staatsanwaltschaft will offenbar Ermittlungen gegen den Linkspartei-Abgeordneten Diether Dehm einleiten und hat die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Das bestätigte Dehm am Freitagabend gegenüber der taz. Ihm werde wohl die Beihilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen, sagte Dehm der taz.

Als Abgeordneter ist Dehm vor Strafverfolgung geschützt. Über die Aufhebung seiner Immunität entscheidet der Bundestag.

Der Linken-Politiker der auch Schatzmeister der europäischen Linken ist, hatte im August einen minderjährigen Flüchtling von Italien zu dessen Vater nach Deutschland gebracht. Dehm hatte entsprechenden Medienberichte im September bestätigt. Die Berichte sowie ein Foto von einem Paar Beine in einem geöffneten Kofferraum wurden auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Anzeige gegen Dehm soll nun die Polizei in Böblingen / Baden-Württemberg erstattet haben. Dehm sieht’s gelassen „Ich war mit mir im Reinen und bin es auch jetzt.“ Alles weitere regle sein Anwalt.

Und der ist kein Geringerer als Peter Gauweiler, CSU-Mitglied und von 2013 bis 2015 Stellvertreter Horst Seehofers als Parteivorsitzender. „Mein guter Freund und Blutsbruder“, wie ihn Dehm nennt. Seit Gauweiler seine politischen Ämter und sein Bundestagsmandat 2015 niederlegte, arbeitet er verstärkt als Anwalt. Er habe ihn angerufen und gebeten, das Mandat zu übernehmen und Gauweiler habe zugesagt, sagt Dehm.

Bruch der Dublin-Regeln

Den Jugendlichen hatte er über eine Bekannte kennengelernt, die für eine Flüchtlingsorganisation arbeitet. Sie habe ihn zunächst gebeten, den Jugendlichen für eine Nacht in seinem Haus am Lago Maggiore zu beherbergen. Dehm hatte ihn anschließend nach Deutschland gebracht.

Der Junge, der seine Mutter in einem afrikanischen Bürgerkriegsland verloren haben soll und der über das Mittelmeer nach Italien übergesetzt hatte, war in Italien wohl noch nicht registriert. Nun sieht die Dublin-Verordnung jedoch vor, dass Flüchtlinge in dem Land, in dem sie ankommen, Asyl beantragen müssen – und dorthin zurückgeschickt werden können. Dehms Anhalter war also illegal unterwegs, was Dehm wohl auch bewusst war, weil er ihn in Grenznähe im Kofferraum transportierte.

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23 Kommentare

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  • Autsch... Hier `Antihumanismus´ zu legalisieren .. das passt doch nun wirklich nicht zur FDGO ! Ich finde die Handlungsweise von Herrn Dehm einfach Beispielehaft human und Ehrwürdig! Die Judikative sollte den "Fall Behm" positiv akzeptieren, evlt. als ne´ art Präzedenz für ähnliche Dinge in Gegenwart und Zukunft! Einem Bundestagsabgeordneten die Immunität zu kündigen, weil er human gehandelt hat, das passt nicht in den Geist der FDGO !!

  • Die Immunität gehört grundsätzlich abgeschafft. Da aber die Nutznießer selber sie abschaffen müssten, wird sie nicht abgeschafft werden. Immerhin ein richtiger Schritt gegen Dehm.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft gehört grundsätzlich abgeschafft! Staatsräson lässt sich mit Rechtsstaat nicht vereinbaren.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      und warum gehört "Die Immunität (...) grundsätzlich abgeschafft"?

  • Alles andere - als Ermittlungen der Staatsanwaltschaft - wäre auch mit Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar. Ansonsten würden mir auch manches einfallen, was ich im Sinne der Menschlichkeit oder aus anderen höheren Geboten gegen das Gesetz tuen könnte.

     

    Herr Dehm kann allenfalls ein sehr geringes Strafmaß (Geldstrafe oder so) erwarten. Der Volkszorn hier in der Kommune ist doch "künstliche Erregung" ... aber kann nicht ernsthaft gemeint sein.

  • fluchthilfe oder familienzusammenführung?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @christine rölke-sommer:

      Ohne die Veröffentlichung der Aktion durch Dehm wäre es wohl ein Akt der Humanität gewesen. So ist es nur billige PR...

      • @32795 (Profil gelöscht):

        quatsch.

        • @christine rölke-sommer:

          Nee, eher Querfront od. totale Verarsche zur besseren Vermarktung sich und seiner Spezln. Der feine Herr ist nicht nur sehr intim mit Gauweiler, sondern läßt sich auch von Müller-Vogg, einem erzkonservativ-reaktionären Schreiberling beweihräuchern.!

          Notabene, wenn meine Gegner micht loben muß ich etwas falsch gemachte haben.............(Bebel).

          Es sei denn, es wäre gut für's Marketing............

  • Verkehrte Welt für Konservative: Wenn der alte FJS wüsste, dass Gauweiler einen linken Politiker, dem man Schlepperei zugunsten eines afrikanischen Immigranten vorwirft, anwaltschaftlich vertritt, würde er sich im Grabe umdrehen.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Gute Aktion! Und souveräne Reaktion. Wer sowas tut sollte von Anfang an realistisch sein was die möglichen Konsequenzen angeht.

  • Bei aller Wohltat, die Veröffentlichung in FB ist geradezu dä...äh dehmlich.

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @lions:

      „Tue Gutes und rede darüber.“ - Es wäre sonst nur Geschwätz zu hören. Und die FB-Gemeinde wird es sicherlich überleben.

      • @80336 (Profil gelöscht):

        Ja, darüber reden kann man schon und nichts gegen Zivilcourage, aber der Schuss geht nach hinten los, wenn Dehm dafür belangt wird, weil er die Beweismittel ja auch gleich mitgeliefert hat. Eine Bestrafung hätte aus meiner Sicht eine abschreckende Wirkung.

        Es hätte besser laufen können: Keine Beweisfotos, den Jungen nicht beim Namen nennen und dann hätte der Dehm es raus posaunen können. Das Gerücht hätte seine Wirkung sicher auch nicht verfehlt und ein paar Kritiker wären dabei in die Knie gegangen.

        • 8G
          80336 (Profil gelöscht)
          @lions:

          Kritiker an tätiger Hilfeleistung würden bei Gerüchten evtl. in die Knie gehen? Sie leisten sich noch Träume. Denn die Erfahrung zeigt das exakte Gegenteil: die Kritiker an tätiger Hilfeleistung denken selbst angesichts von Fakten nicht daran, in die Knie gehen zu wollen.

           

          Der „Schuss“ geht meines Erachtens auch keineswegs nicht nach hinten los, denn jeder, der in seiner jeweiligen Rolle ihn einer Bestrafung zuführt, steht dann faktisch in aller Öffentlichkeit mit heruntergelassenen Hosen da.

           

          Das Argument, eine Bestrafung hätte eine abschreckende Wirkung, verkennt die Tatsache, dass jene Menschen, die noch zu tätiger Hilfeleistung fähig, die Strafandrohung mit Abscheu beantworten, aus humanitären Gründen.

          • @80336 (Profil gelöscht):

            Darüber glaube ich, sind wir hinweg, dass jemand die Hose dafür runter lassen muss. Das hat eine Kanzlerin live vor der Kamera überlebt, als sie einem albanischen Mädchen Absage zu Asyl so wohlwollend erteilte. Die Aktion allgemein wird von Linken beklatscht werden, der "Rest" fühlt sich in Richtung Verfall Recht und Gesetzes nur bestätigt. Auch in Bezug auf C. Klar provoziert Dehm gern und sein Publikum steht weit links. Abseits davon wird gespalten und formiert.

            Viele Deutsche denken nicht wie Sie und ich, dass es ein humanitärer Akt ist, ein Kind zu einem Vater zu bringen.

            • 8G
              80336 (Profil gelöscht)
              @lions:

              Dass die Aktion nur von „Linken“ beklatscht werde, ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Richtig ist, dass diese tätige Hilfeleistung nachweislich von all jenen geleistet wie beklatscht wird, denen Humanität und tätige Hilfeleistung keine leeren Begriffe sind. Dass sich unter diesen auch solche befinden, die Sie oder andere als „Linke“ einordnen, kann nicht zu der falschen Behauptung führen, es wären alle so genannte „Linke“, oder zu der falschen Wertzuweisung, es seien daher so genannte „Linke“. Sie käuen hier jene unzutreffende Wertzuweisung wieder, welche diejenigen Dumpfbacken gerne zum Besten geben, die gerade in Ihrem Land so hoch im Kurs stehen. Diese Vereinnahmung ist nicht nur unzulässig, sondern auch noch abstrus, und wird all jenen nicht gerecht, die eben keine „Linken“ sind.

               

              Und was die Wahrnehmungsfähigkeit bezüglich „heruntergelassener Hosen“ betrifft, so empfehle ich die Lektüre der Erzählung „Des Kaisers neue Kleider“ :-)

              • @80336 (Profil gelöscht):

                "Sie käuen hier jene unzutreffende Wertzuweisung wieder, welche diejenigen Dumpfbacken gerne zum Besten geben, die gerade in Ihrem Land so hoch im Kurs stehen"

                Was geben Rechte über Linke wieder; Das diese Humanität walten lassen ? Das ist ja auch in Ordnung, wenn diese das so denken. Da käue ich gern mit. Oder wollten Sie mir eigentlich was anderes sagen ?

                • 8G
                  80336 (Profil gelöscht)
                  @lions:

                  Sie verwenden die eindimensionale Systematik eines politischen Spektrums, obschon diese im Falle tätiger Hilfeleistung versagt, da nicht anwendbar, und Sie das auch wissen.

                   

                  Sie übernehmen damit die falsche Wertzuweisung der Dumpfbacken, denn Sie schneiden damit wie diese den „Gesellschaftskuchen“ willkürlich horizontal (links, rechts) statt vertikal (hilft, hilft nicht), was den Fakten entspräche.

                   

                  Da der Text unmissverständlich, hier nochmal zur Wiederholung: Dass die Aktion nur von „Linken“ beklatscht werde, ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Richtig ist, dass diese tätige Hilfeleistung nachweislich von all jenen geleistet wie beklatscht wird, denen Humanität und tätige Hilfeleistung keine leeren Begriffe sind.

    • @lions:

      Es gibt Leute die können halt nicht anders.