Debatte um Steuersenkungen: Sprit teurer, Abgaben runter
Das Forum Öko-Soziale Marktwirtschaft will Steuern auf Benzin und Strom erhöhen. Damit sollen Sozialbeiträge von Kleinverdienern gesenkt werden.
Umweltschädliches Verhalten müsse wieder stärker be-, Arbeit entlastet werden. In einer neuen Untersuchung beklagt das FÖS, dass der Anteil der Umweltsteuern am gesamten Steueraufkommen mittlerweile nur noch bei 4,6 Prozent liege – nach 6,5 Prozent im Jahr 2003, zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung. Das vermindere nicht nur die Lenkungswirkung, sondern reduziere auch die Staatseinnahmen um rund 10 Milliarden Euro pro Jahr, sagte FÖS-Chef Björn Klusmann.
Aktuell liegt das Aufkommen an Umweltsteuern bei 58 Milliarden Euro pro Jahr. Ihr Anteil am gesamten Steueraufkommen sinkt, weil sie nicht an die Preisentwicklung gekoppelt sind. 2003 kostete ein Liter Benzin beispielsweise im Schnitt 1,09 Euro, die Energiesteuer betrug 65,5 Cent. Heute schwankt der Benzinpreis um 1,30 Euro, die Steuer wurde hingegen nicht erhöht. Hätte sie mit der Preisentwicklung mitgehalten, läge sie bei 77 Cent pro Liter. Allmählich solle diese Entwicklung nachgeholt werden, meint das FÖS.
Konkrete Steuererhöhungen fordert das Forum nicht, bringt aber höhere Belastungen für Benzin, Diesel, Flugreisen, Strom oder Kernbrennstoffe ins Gespräch. Auch die EU-Kommission rät in ihrer „Leitinitiative ressourcenschonendes Europa“ zu einem Umweltsteueranteil von über 10 Prozent bis 2020.
Mit den Mehreinnahmen ließen sich die Sozialabgaben in Deutschland um 5 Prozent pro Arbeitnehmer und Jahr senken, argumentieren Eichel und das FÖS. Der Exfinanzminister setzt sich dafür ein, bei den Sozialabgaben einen ähnlichen Freibetrag einzuführen wie bei der Steuer. Während auf niedrige Arbeitseinkommen bis 8.652 Euro jährlich keine Steuer erhoben wird, liegt die Belastung mit Sozialabgaben bei rund 39 Prozent – hälftig zu zahlen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Diese zu senken würde die Einkommen Ärmerer erhöhen und könnte dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen, meint Eichel.
Hans Eichel, ExFINANZMinister
Die Idee liegt quer zur aktuellen Steuerdebatte. Hier geht es darum, ob und wie die Einkommensteuer nach der Bundestagswahl 2017 verringert werden soll. Hintergrund: Weil die Wirtschaft in Deutschland gut läuft, die Löhne wachsen und mehr Menschen arbeiten, verzeichnet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Milliardenüberschüsse, Schulden muss er nicht mehr aufnehmen. Teile von Union und SPD fordern deshalb, den Tarif der Einkommensteuer zu reduzieren. Dadurch würden Bezieher niedrigerer, mittlerer oder auch hoher Einkommen Vorteile erhalten, je nachdem, wo die Änderung ansetzt.
Eichel meint, Schäuble solle erst einmal in Bildung, Verkehrswege und Datenleitungen investieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen