Das Prinzip Spendeneinkauf: Amazon düpiert Initiativen
Der Onlinehändler beendet die Kooperation mit Portalen, die über Einkäufe Spenden generieren. Die hoffen, dass Nutzer auf Alternativen ausweichen.
Das Prinzip Spendeneinkauf funktioniert so: Kunden, die online ein Produkt kaufen wollen, gehen auf Seiten wie bildungsspender.de, schulengel.de oder gooding.de und werden von dort auf die Onlineshops von Amazon und Co weitergeleitet. Kommt es zum Kauf, zahlen die Händler einen vereinbarten Prozentsatz an die Plattform.
Diese Provisionen liegen üblicherweise im Bereich von 5 bis 7 Prozent des Produktpreises, bei Amazon zuletzt meist bei 2 Prozent. Von den Provisionen fließt der Großteil – bei Bildungsspender etwa sind es 90 Prozent, bei Schulengel 70 Prozent – an die sozialen Einrichtungen, die die Plattform nutzen. Der Rest wird für den Betrieb der Seite verwendet. Das Modell ist gerade für kleine Vereine und Projekte interessant, die nicht über Mittel für professionelle Spendenarbeit wie Werbekampagnen und Straßen-Promotion verfügen.
Einbußen im sechsstelligen Bereich
Wenn die Provisionen von Amazon ausbleiben, wird das für die Projekte deutliche Einbußen bedeuten. Beispiel Bildungsspender: Das Portal verzeichnet für 2014 Spendeneinnahmen in Höhe von 894.000 Euro. Klement schätzt, dass 15 bis 20 Prozent davon über Amazon generiert werden – und künftig wegfallen.
„Durch die Summe war Amazon unser wichtigster Partnershop“, sagt auch Simon Gross von Schulengel. 2,7 Millionen Euro habe die Plattform seit ihrem Start vor acht Jahren gesammelt, 780.000 davon über Amazon. Derzeit setze der Konzern monatlich im Schnitt eine knappe Million Euro über Schulengel um. Bei 2 Prozent Provision fielen damit knappe 20.000 Euro monatlich weg. Bei den Portalen Gooding und Boost-Project erwartet man einen Rückgang um 30 Prozent.
Juliane Tiedt, Mukoviszidose e.V.
Der Mukoviszidose e. V. ist seit März 2013 bei Boost-Project und beziffert die Einnahmen seitdem auf 13.000 Euro. „Wir gehen davon aus, darüber künftig deutlich weniger Spenden zu bekommen“, sagt Sprecherin Juliane Tiedt. Dabei seien die Portale gerade für Menschen interessant, die eher nicht auf klassischem Weg spenden.
Amazon nennt keine Gründe
In dem Kündigungsschreiben, das der taz vorliegt, äußert sich Amazon nicht zu den Gründen für das Ende der Zusammenarbeit. Auch auf Anfrage liefert das Unternehmen keine Begründung. In der Branche vermutet man, dass Amazon das Geschäft künftig selbst abdecken will. Der Konzern betreibt in den USA ein eigenes Charity-Portal. Die Vermutung: Die Expansion nach Deutschland könnte geplant sein. Auf der US-Plattform sind die Konditionen für die Initiativen deutlich schlechter: 0,5 Prozent der Einkaufssumme schüttet Amazon dort aus.
Um den erwarteten Rückgang der Spendeneinnahmen etwas aufzufangen, hoffen die Portalbetreiber, Kunden auf alternative Händler umleiten zu können. „Dafür müssten die Nutzer ihre Bequemlichkeit überwinden“, sagt Klement. Nicht mehr beim Allesversender Amazon bestellen, sondern Elektroartikel hier, Schuhe dort und Gartenartikel bei einem Dritten. Für Kunden könnte das sogar billiger werden – das legt ein Preisvergleich von Bildungsspender nahe. Von den 50 am häufigsten bei Amazon bestellten Elektro-Artikeln seien bei anderen Anbietern fast alle günstiger zu haben als bei Amazon.
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