Journalisten in der Türkei: Gefängnis für Mohammed-Karikatur
Aus Solidarität veröffentlichten zwei türkische Journalisten eine Karikatur aus „Charlie Hebdo“. Jetzt hat ein Gericht Gefängnisstrafen gegen sie verhängt.
Cumhuriyet berichtete, nach dem Urteil vom Donnerstag seien Nebenkläger im Gerichtssaal in „Gott ist Groß“-Rufe ausgebrochen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, das Strafgericht habe die Angeklagten unter anderem für schuldig befunden, über Medien zu Hass angestiftet zu haben. Vom Vorwurf, religiöse Werte öffentlich beleidigt zu haben, seien sie dagegen freigesprochen worden.
Anadolu meldete weiter, 1280 Nebenkläger hätten Beschwerden gegen die Kolumnisten eingereicht. Darunter seien zwei Kinder von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Bilal and Sümeyye Erdogan, sowie Sümeyye Erdogans Ehemann Berat Albayrak. Bei Albayrak handelt es sich um den türkischen Energieminister.
Cumhuriyet hatte im Januar vergangenen Jahres Teile der ersten Ausgabe von Charlie Hebdo nach dem Terroranschlag auf die Redaktion in Paris in einer eigenen Beilage nachgedruckt. Die umstrittene Karikatur – auf der ein weinender Prophet Mohammed unter der Überschrift „Alles ist vergeben“ ein „Je suis Charlie“-Schild hält – fand sich nicht in der Beilage, dafür aber in den Kommentarspalten im Blatt. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte kritisiert, Meinungsfreiheit sei nicht die Freiheit zur Beleidigung.
• Dünya basın özgürlüğü günü 3 Mayıs 2016'da taz 16 Türkçe-Almanca özel sayfa ile yayınlandı. Türkiye'de çalışan gazetecilerle birlikte hazırlandı. Cünkü basın özgürlüğü hepimizi ilgilendirir.
• die günlük gazete'de yayınlanan Türkçe yazılara buradan ulaşabilirsiniz.
• Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erschien die taz am 3. Mai 2016 mit 16 türkisch-deutschen Sonderseiten zum Thema „Pressefreiheit in der Türkei“ – erstellt von türkischen JournalistInnen zusammen mit der taz-Redaktion. Weil Pressefreiheit uns alle angeht.
• „taz.die günlük gazete“ – learn more about our project (in German)
Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar war erst am Montag wegen Beleidigung von Erdogan und mehreren seiner Gefolgsleute zu umgerechnet rund 9.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Dündar und Cumhuriyet-Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül droht in einem anderen Verfahren lebenslange Haft unter anderem wegen angeblicher Unterstützung einer Terrororganisation.
Auf der in der vergangenen Woche veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt die Türkei nur noch auf Rang 151 von 180 Staaten. Sogar Russland schneidet in diesem Jahr besser ab. ROG begründete den schlechten Platz der Türkei unter anderem damit, dass „kritische Journalisten mit Klagen überzogen“ würden. Erdogan weist Kritik am Zustand der Pressefreiheit in seinem Land regelmäßig als unbegründet zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Dunkelflaute treibt Strompreis hoch
Endlich im Rampenlicht
Alltag im Gazastreifen
Mit Schlägen und Bomben aufwachsend
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
USA nach Trump-Wiederwahl
Das Diversity-Drama
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“