Bilderberg-Konferenz in Dresden: Tillich freut sich auf Geheimtreffen
Zur Bilderberg-Konferenz in Dresden gibt es kaum Informationen. Die Linkspartei protestiert gegen das Treffen, die AfD-Fraktion aber auch.
Die Bilderberg-Konferenz sei „ein Bekenntnis zu Sachsen mit all unserer kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Stärke und für uns eine Chance, zum Beispiel, um für weitere Investitionen in Sachsen zu werben“. Dies ist sehr optimistisch.
Die Kriterien, nach denen die Tagungsorte des jährlichen Treffens westlicher Führungspersonen aus Politik, Wirtschaft und Medien ausgewählt werden, sind nicht bekannt. Anders als staatliche Gipfel haben die Treffen privaten, informellen Charakter. Es gibt keine offiziellen Beschlüsse, Berichterstatter sind nicht zugelassen.
Da die Teilnehmer die Konferenzen in abgeschotteten Hotels verbringen und über eine Agenda diskutieren, die nichts mit dem Tagungsort zu tun hat, ist es zweifelhaft, ob sie sich für Investitionsmöglichkeiten vor Ort interessieren.
TeilnehmerInnen weitestgehend unbekannt
Das sächsische Innenministerium teilte inzwischen mit, dass die Landesregierung seit Dezember vergangenen Jahres über die Bilderberg-Konferenz in Dresden Bescheid weiß. Erst nach den taz-Recherchen und auf Anfrage ging sie an die Öffentlichkeit. Es ist anzunehmen, dass die Regierung ihre Freude über die Konferenz andernfalls erst mitgeteilt hätte, wenn die Bilderberg-Organisatoren von sich aus den Tagungsort bekannt gemacht hätten. Das passiert in der Regel sehr spät.
Noch am vergangenen Freitag hatte die Landesregierung jeden Kommentar über das Treffen im Dresdner Hotel Kempinski abgelehnt. Offiziell bestätigt hat seine Teilnahme bislang lediglich Benoît Cœuré, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB). Ansonsten sickern bislang nur Namen derjenigen durch, die nicht kommen werden. Julia Jäkel, Vorstand der Geschäftsführung des Hamburger Verlags Gruner + Jahr, war im vergangenen Jahr eingeladen – und wird dieses Jahr nicht teilnehmen. Vom Verlag war dazu keine Bestätigung zu bekommen.
Heinz Fischer, Österreichs Bundespräsident, 2015 zu Gast, kommt nicht, wie sein Büro mitteilte. Ob Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, die letzten beiden Male dabei, wieder dabei ist, wollte das Unternehmen nicht bekannt geben. „Teilnahme oder Nichtteilnahme unserer Mitarbeiter an Konferenzen oder anderen Veranstaltungen veröffentlichen wir nicht“, sagte die Pressestelle.
Was das Sicherheitskonzept angeht, teilt das sächsische Innenministerium mit: „Die Planungen laufen.“ Genaueres könne aus Sicherheitsgründen nicht gesagt werden. Die zuständige Polizei werde „eine entsprechende Beurteilung der Lage vornehmen“. Auch über die Kosten für die Sicherheit und deren Aufteilung gibt es keine Auskunft. Allerdings gehöre es zu den Aufgaben der Polizei, sicherheitsrelevante Veranstaltungen zu schützen, heißt es aus dem Ministerium – deren Kosten dann von der Öffentlichkeit zu tragen wären.
Projektionsfläche für Verschwörungstheorien
Rico Gebhardt, Vorsitzender der sächsischen Linkspartei, lehnt eine großangelegte Abschirmung der Bilderberg-Konferenz vorsorglich ab. „Die Konferenzteilnehmer sollten in die Lage versetzt werden, den gegen die Geheimhaltung und eine undemokratische Diskussionskultur gerichteten Protest auch zu erleben“, sagte er der taz. Gebhardt kündigte an, dass seine Partei mögliche Proteste unterstützen wird – und schränkte ein: „Mit irgendwelchen Kräften, die Weltverschwörungen wittern, Protagonisten aus dem Reichsbürgerspektrum oder der extremen Rechten werden wir nicht anbandeln. Für diese Kräfte gibt es von unserer Seite kein Geld und keine Logistik.“
Die Abgrenzung dürfte nötig sein. Für Verschwörungstheoretiker ist der Pegida-Geburtsort Dresden als Tagungsort, wie jemand auf Twitter schrieb, „ein Fest“. Der exlinke Neurechte Jürgen Elsässer jedenfalls kündigte bereits an, dass sein Compact-Magazin den Anti-Bilderberg-Protest unterstützt.
Und auch die AfD-Fraktion im Landtag protestiert: „(Hier) werden Weichen für politische und wirtschaftliche Entwicklungen gestellt und die demokratische Mitbestimmung der nationalen Parlamente ausgehebelt. Diesem Trend, eine neoliberale Globalisierungsagenda über die Köpfe der Nationalstaaten hinweg durchzusetzen, stellt sich die AfD entschieden entgegen“, heißt es. Das ist die klassische linke Argumentation plus nationaler Blickwinkel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren