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Kolumne Dumme weiße MännerKartoffelstärke für Deutschland

Die AfD ist eine Parallelgesellschaft weißer Männer. Entsprechend sind auch ihre Wahlprogramme: quengelig und verschwörungstheoretisch.

Gut aussehen im Weiße-Männer-Ghetto: AfDler beim Bundesparteitag Foto: dpa

I n den AfD-Parteibüros versammelt sich in diesen Tagen ein ganz besonderer Bodensatz der deutschen Gesellschaft: weiße Männer. 80 Prozent der AfD-Mitglieder sind weiße Männer, 90 Prozent ihrer WählerInnen sind weiße Männer. Wer weiße Männerkultur sucht, wird also dort auch fündig: zwischen Goldverkäufern, Schulden-nicht-Zurückzahlern, mutmaßlichen Scheingehälter-Abrechnern, rassistischen Reproduktionstheoretikern und N-Wort-Sagern.

Die AfD-Wahlprogramme für die Landtagswahlen im März sind ein Konzentrat aus ausgepresster Kartoffelstärke: quengelig, selbstgefällig, verschwörungstheoretisch. Beispielhaft steht jenes für Baden-Württemberg (eine schöne Zusammenfassung gibt es von Piratenpolitikerin Katharina Nocun).

Dort kämpft die AfD gegen eine übermächtige Gegnerin an, eine vage Koalition aus „etablierten Parteien“ und „gleichgeschalteten Medien“, die „alle Register der Massenpsychologie und Massensuggestion“ ziehen, die Klimawandel, Gender-Mainstreaming und eine „Überhöhung nicht heterosexueller Menschen“ erfunden haben, um das Volk zu beherrschen. Gottseidank gibt es nun diese Befreiungsbewegung aus weißen Hetero-Männern, die sich im Kampf um die Befreiung des Menschen nicht von „Diffamierungen im Zeichen der ‚politischen Korrektheit‘“ einschüchtern lassen.

Aus dem Wahlprogramm sprechen Lebenserfahrungen voller Ungerechtigkeiten. Schulen seien auf Mädchen zugeschnitten, heißt es, und Jungen würden strukturell benachteiligt. Später würden Frauenquoten und Gleichstellungsbeauftragte verhindern, dass Männer die ihnen zustehenden Stellen bekommen. Beides gehört deshalb abgeschafft – damit Männer endlich wieder eine Chance haben. Kinder bräuchten „elterliche Liebe“ heißt es, weshalb – völlig natürlich – Mütter und Hausfrauen mehr geschätzt werden müssten. Väter und Hausmänner gibt es in dieser Welt nicht, die die Partei selbst eindrücklich vorlebt: 107 ihrer LandtagskandidatInnen sind weiße Männer, 14 sind Frauen.

Die Idealwelt der AfD findet sich zusammengefasst in ihren Vorstellungen zur Schule wieder: Leistungsorientiert soll es zugehen, mit Lehrern, die „Unterrichtsdisziplin“ konsequent durchsetzen. Behinderte sollen auf Sonderschulen, Migranten auf Förderschulen und Realschüler von Gymnasiasten getrennt bleiben. Gesamtgesellschaftlich sorgt sich die Partei um zu hohe Steuern, mangelnde Rücksicht auf Bauherren und die „Gängelung“ von Hauseigentümern. Arbeitslose dagegen sollen zu gemeinnütziger Arbeit gezwungen werden.

Und Einwanderung? „Integration ist unmöglich“ heißt es unmissverständlich, Asylsuchende importierten Konflikte und brächten archaische Sitten und Gebräuche ins Land. Die Konsequenz: Die Einwanderung werde das Ende der „deutschen und europäischen Kultur“ besiegeln. Schuld daran seien „Fehlanreize“, schreibt die Partei der kreativen Buchhalter.

Das eigene Problem bereits erkannt

Wie der Quark zum Kartoffelpuffer passt die Klientel, die so ein Programm wählen würde. Eine Analyse des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt, dass Dummheit nichts mit Bildung oder Wohlstand zu tun hat: 80 Prozent der AfD-Wähler kommen aus der Ober- und Mittelschicht, mehr als die Hälfte hat Abitur oder studiert. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat zudem festgestellt, dass AfD-Wähler häufiger als die Wähler anderer Parteien – mit Ausnahme der NPD – chauvinistisch, ausländerfeindlich und antisemitisch eingestellt sind, eine Diktatur befürworten oder den Nationalsozialismus verharmlosen.

So ist es auch kaum erstaunlich, dass unter Pegidisten besonders viele AfD-Wähler zu finden sind: In einer kürzlich publizierten Umfrage fanden Forscher des Göttinger Institut für Demokratieforschung, dass 80 Prozent der antwortenden Pegidisten auch die AfD wählen würden. 90 Prozent waren mit der Demokratie in Deutschland unzufrieden, 20 Prozent fanden Demokratie grundsätzlich schlecht. 60 Prozent hatten Verständnis für Gewalt und konnten Minderheitenschutz, Gleichstellung und Vielfalt „nichts abgewinnen“. Auch hier fanden sich kaum „prekarisierte Schichten“.

Ein homogenes Umfeld, das Gewalt befürwortet, Demokratie ablehnt und kriminalitäts- und extremismusfördernd ist? Irgendwo, in den Tiefen des Wahlprogramms verborgen (auf Seite 23), hat die AfD ihr eigenes Problem schon erkannt. Dort warnt sie weise vor dem „Entstehen problematischer Parallelgesellschaften, die unsere Demokratie ablehnen“ und aus denen kriminelle Banden hervorgehen.

Eine Lösung hat sie auch: abschieben. Wohin ist ihr nicht so wichtig.

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Lalon Sander
Datenjournalist
Lalon Sander ist Datenjournalist. Sein Schwerpunkt liegt in der Aufbereitung von Datensätzen zum Klimawandel.
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25 Kommentare

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  • Und wenn sie den weißen Männern ständig verbal auf die Fresse hauen, werden die sich bestimmt ändern.

    Hinzu kommt noch: es gibt genügend Studien, unter anderem von Netz gegen Nazis, die belegen, dass Frauen genauso häufig wie Männer rassistissch sind. Und außerdem wurde auch in de taz bereits darauf aufmerksam gemacht, dass neue Parteien, die sich noch nicht etabliert haben, generell häufiger von Männern gewählt werden. So war es selbst bei den Grünen.

    Von daher: Jetzt aktuell mag der Frauenanteil in der Wählerschaft der AfD noch gering sein. Angesichts der genannten Punkte kann sich das aber noch ändern. Immerhin wählt die größte Gruppe der Frauen aktuell auch nicht die Grünen oder Die Linke sondern die Union.

  • "Die AfD ist eine Parallelgesellschaft weißer Männer...."

     

    Mal abgesehen davon, daß die Galeonsfiguren Petry und von Storch keine Männer sind und sich viele weibliche BürgerInnen von ihnen repräsentiert fühlen dürften. Und wer die AfD wählt - ob Männlein oder Weiblein - woher will man das letztlich wissen? Noch sind die Wahlen im Schland geheim.

  • Übrigens: Die Konkurrenz schläft nicht, liebe taz.

    http://www.zeit.de/digital/internet/2016-02/hatespeech-counterspeech-facebook-forschung

     

    Aber Achtung! "Argumente" und "hatespeech" sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Beides unter dem Oberbegriff "Gegenrede" zusammenzufassen, ist leichtfertig. Wenn man schon nicht von allein drauf kommt, kann man es nach dem Lesen des Artikels wissen. Sogar als Überschriften-Macher. Muss man aber natürlich nicht.

  • Kinder, Küche, Kirche..., das hatten wir doch schon mal. Doch nicht mal Frau Petry hält sich an die Doktrin. Die hat Kinder, Küche und Kirche verlassen und macht mit anderen Typen rum.

  • Das AfD-Programm ist sicher vieles. Vielleicht sogar "quengelig und verschwörungstheoretisch". Vom vermeintlich sicheren hohen Sockel aus darauf herabzusehen, kann uns alle miteinander aber trotzdem teuer zu stehen kommen.

     

    Mag ja sein, dass Menschen wie Lalon Sander den "Männerkult" am rechten Rand albern finden. Zu viele andere Leute tun das aber leider nicht. Die können schlicht nicht lachen, wenn das Wort Verschwörungstheorie fällt. Weil sie zu gestresst sind, um den Witz daran zu kapieren. Für sie ist dieses Leben eigentlich nur eins: Eine permanente Herausforderung, der sie sich immer weniger gewachsen fühlen.

     

    Challenge? Je nun.Das reinste Dschungelcamp! Ständig ziehen irgendwelche Leute irgendwelche Strippen im Leben dieser "weißen Männer", über die diese anschließend stolpern. Und Platsch, lang hin, auf ihre Fresse. Und weil nicht zu erkennen ist, wo diese Typen stecken, die ständig irgendwelche Strippen ziehen, vermuten die gestrauchelten, man hätte sich verschworen gegen sie, die "kleinen Leute", die sich überfordert fühlen und nicht herausgefordert wie der Rest der Sieger-Gang. So viel zu Theorie. Und dann kommt auch noch Oberlehrer taz daher und kanzelt ab: "Thema verfehlt. Fünf. Setzen."

     

    Auf die Art, Leute, wird das wohl nichts werden. Wenn ihr so schlau seid, wie ihr glaubt, solltet ihr schleunigst von den hohen Sockeln klettern. Klar, die auf Hochglanz polierten teuren Lederschuhe könnten dabei Schaden nehmen. Aber wenn ihr euch nur für einen Augenblick in die hineinversetzt, die, wenn sie richtig wütend werden, nicht nur auf eure teuren Schuhe latschen werden, dann wird euch Himmelangst. Und zwar vor euch.

     

    Nein, ihr sollt NICHT mit irgendwelchen Wölfen heulen. Ihr sollt Frau Merkel nur beweisen, dass sie nicht "alternativlos" ist. Wie jetzt – das Könnt ihr nicht? Ja also dann: Die Klappe zu und erst mal gründlich nachgedacht.

    • @mowgli:

      Soziale Benachteiligung ist keine Ausrede für rassistischen Hass. Wenn Sie klar benennen, wo die Probleme liegen (mal pauschal gesagt beim Macht- und Geldadel), können Sie nicht gleichzeitig denen Zugeständnisse machen, die die Schuld auf andere (also auf Flüchtlinge und Migranten) abwälzen.

       

      Keine Solidarisierung mit Rechts!

      Kein Verständnis für Rassisten!

  • "Dumme weisse Männer" und "Bodensatz der deutschen Gesellschaft" hört sich sehr nach fundierter Analyse an und ist auch gar nicht rassistisch.

    • @Ansgar Reb:

      Es ist nicht rassistisch, sondern spiegelt nur das Denken der Rassisten auf sie selbst zurück. Ist eigentlich nicht sooooo schwer zu begreifen.

    • @Ansgar Reb:

      [...] Beitrag entfernt. Bitte die Netiquette beachten. Die Moderation

    • @Ansgar Reb:

      Rassismus = deutsche weiße Männer ?

       

      Auch wenn die Beschreibungen unglücklich sind, ist es mindestens genauso fahrlässig, etwas als rassistisch zu deklarieren, was allerhöchstens diskriminierend ist.

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Richtig, und die Grünen sind eine Parallelgesellschaft junger weißer Frauen.

  • DIe AfD von heute ist nicht mehr mit der AfD im Gründungsstadium zu vergleichen. Es ist fast nur noch der rechte Flügel übrig geblieben und viele Anhänger von rechts außen aber auch generell aus bildungsferneren Schichten sind dazugekommen.

    Von daher kann die Forsa-Umfrage vom April 2014 sicherlich nicht mehr auf die heutige AfD angewandt werden.

    In deren Überschrift steht auch klar "Die Wählerschaft von AfD und rechtsextremen Parteien wie der NPD unterscheidet sich deutlich". Mittlerweile ist die AfD eine rechtsextreme Partei. Abgesehen von ein paar Trägheitsopfern (z.B. Prof. Meuthen), dürften sich die meisten der Gebildeten (oft schon vor Lucke) verabschiedet haben.

     

    Was mich etwas befremdet, ist, dass Herr Meuthen noch Vorlesungen vor Studenten hält, ohne dass es hier zu Protesten kommt...

    • @Co-Bold:

      "Was mich etwas befremdet, ist, dass Herr Meuthen noch Vorlesungen vor Studenten hält, ohne dass es hier zu Protesten kommt..."

      Gegen wen oder was sollte denn da protestiert werden?

      • @Werner W.:

        Gegen eine neonazistische Partei vielleicht?

    • @Co-Bold:

      Achso - wenn jemand anderer meinung als Sie hat, dann darf er seinen Job nicht mehr ausführen? Komisches Verständnis von Meinungsfreiheit und Demokratie! Warum lassen die Moderatoren solche Kommentare zu?

      • @Eihner Carsten:

        Haben Sie schon gegen die Verhaftung des Mathematik-Doktoranden aus Darmstadt protestiert?

      • @Eihner Carsten:

        Ich will eminen letzten Satz nicht so verstanden wissen, dass Herr Meuthen seine Vorlesungen nicht mehr halten darf.

        Wenn ich mich aber an meine Zeit in der Uni erinnere (bis vor 4 Jahren), dann hätte es da vermutlich schnell Protestaktionen gegeben, wenn ein Professor einer rechtsextremen Partei angehört.

      • 4G
        4932 (Profil gelöscht)
        @Eihner Carsten:

        Herr Meuthen soll gerne weiter vorlesen (Co-Bold@ ist ja nur befremdet)

        Was mich befremdet, ist, daß es in Bayern eine große Diskussion darüber gegeben hat, ob nun 'Mein Kampf' von Hitler veröffentlicht werden kann.

        Da Frau Petry schreibt: '... es sollte jede Frau, die mindestens bis in die 6. Generation keine ausländischen Vorfahren hat, wenigstens drei deutsche Kinder in die Welt setzen, damit auch wirklich genug loyale Blutsdeutsche da sind', hätte man doch gleich statt Hitlers Werk Frau Petry's weit kürzere und direktere Äußerungen veröffentlichen sollen. Oder?

        • @4932 (Profil gelöscht):

          @ Misanthrop Nein, das was sie unterstellen, hat Frauke Petry nicht geschrieben. Es ist ein Zitat aus einem taz-Artikel, in dem der Autor diese Einstellung Frau Petry in den Mund legt- als Fantasie eines Traumstaats, die sie angeblich pflegt. hat.http://www.taz.de/!5270803/

           

          Ich kann mit der AfD nichts anfangen, und ich würde Petry niemals wählen. Trotzdem gibt es Grenzen der Auseinandersetzung auch mit solchen Gegnern. Das, was Sie hier machen, ist Verleumdung und m.E. strafbar.

           

          Da stimme ich dann dem Kommentar von Mowgli hier im Thread völlig zu: Diese Art der Auseinandersetzung macht die AfD stärker, nicht schwächer.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          '... es sollte jede Frau, die mindestens bis in die 6. Generation keine ausländischen Vorfahren hat, wenigstens drei deutsche Kinder in die Welt setzen, damit auch wirklich genug loyale Blutsdeutsche da sind'

           

          Wo schreibt Sie das? Eine Quelle dazu wäre interessant.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          @Misanthrop Genau, oder: Soweit ich das sehe, ist das kein Zitat von Frau Petry, sondern eine satirische Überspitzung in einem Kommentar in der Online-taz (https://taz.de/Debatte-Frauke-Petry-und-die-AfD/!5270803/). Die Frau erzählt schon genug Unsinn, da muss man ihr nicht noch weiteren andichten.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          Könnten Sie mal die Quelle zu Frau Petrys Aussage nennen?

      • @Eihner Carsten:

        Moment, er darf ja seinen Job ausführen, so lange er die Schwelle zur Volksverhetzung nicht überschreitet.

         

        Allerdings müssen Studenten als erwachsene Menschen (BürgerInnen!) sich auch knapp unterhalb dieser Schwelle nicht jeden Müll klaglos anhören.

         

        Übrigens ist Ihnen wohl gar nicht aufgefallen das Sie es sind der hier nach Zensur ruft für einen Beitrag der sich bemüht Meinung mit Argumenten zu unterfüttern und sich darüber hinaus an die nettiquette hält.

        • @Waage69:

          Ich bin mir ziemlich sicher, dass Herr Meuthen in seinen Vorlesungen keinen AfD-Müll unterrichtet, sondern Volkswirtschaftslehre. Insofern sehe ich da kein Problem.

           

          Wer sich allerdings so sehr an der Person Meuthen stört, dass er VWL lieber von einem anderen Prof. beigebracht bekommen würde, dem steht frei in eine andere Vorlesung zu gehen.