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Kölner Gastronom zu Silvesterübergriffen„Die Polizei hat kapituliert“

Yediyar Isik beschreibt, dass sich die Situation am Hauptbahnhof schon seit Monaten verschärft. Und er beklagt mangelnde staatliche Härte.

Es gab am Auftreten der Polizei am Hauptbahnhof schon vor Silvester Kritik. Foto: dpa
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

Herr Isik, hat Sie das Chaos in der Kölner Silvesternacht überrascht?

Nein, das war vorauszusehen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum jetzt so getan wird, als sei man davon überrascht worden. Wir hatten in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Ärger an der Tür. Es gab Versuche, in den Laden zu gelangen ohne zu bezahlen, und immer mehr Taschendiebstähle. Und da waren leider, muss man sagen, viele Asylbewerber darunter. Leute, die kaum Deutsch können, aus Marokko, Algerien, Tunesien, aber auch aus Afghanistan und Syrien.

Woher wissen Sie das?

Wir wissen das aus Gesprächen und aus den Papieren, die wir uns angeschaut haben, wenn es zu Festnahmen kam oder die Personalien festgestellt wurden. Solche Vorfälle haben in den vergangenen Monaten stark zugenommen. Wir haben deshalb monatelang gewarnt, die Polizei müsse mehr Präsenz zeigen. Und wie oft wir die Polizei gerufen haben! Aber die brauchte oft bis zu 40 Minuten und kam immer so spät, dass wir uns gefragt haben, ob wir sie überhaupt noch rufen sollen.

Wie haben Sie die Silvesternacht erlebt?

Ich bin seit über 22 Jahren in der Branche tätig, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. 200 Leute haben an diesem Abend versucht, in unseren Laden einzudringen. Unsere Security war hilflos, und es war weit und breit keine Polizei zu sehen. Nach Silvester hieß es dann, wir hatten zu wenig Personal.

Es waren sicher einige Tausend auf der Domplatte, und die Stimmung war sehr aggressiv. Die Diebstähle waren nichts Neues, das ist für solche Großveranstaltungen normal. Aber es waren ja nicht nur Diebstähle. Paare wurden umringt und die Frauen abgedrängt, da ging es nicht nur um Raub, ich musste deshalb mehrmals persönlich eingreifen. Und es gab Massenschlägereien, direkt vor den Videokameras. Es muss ziemlich klare Aufnahmen geben, die Leute wurden gefilmt. Aber es kam keine Polizei.

Warum ist das ausgerechnet in Köln passiert?

Bild: privat
Im Interview: Yediyar Isik

ist Gastronom und betreibt den Klub Domhof, der direkt am Kölner Hauptbahnhof liegt.

Hier ist die Polizei sehr lasch und die Gerichte sind schwach, das ist bekannt und das hat sich herum gesprochen. Ich glaube, manche von diesen Leuten haben vorher schon Jahre in Spanien, Frankreich oder Italien gelebt und die Chance gesehen, mit der großen Flüchtlingswelle nach Deutschland zu kommen. Wir haben dadurch jetzt massive Probleme. Unsere Gäste müssen mit dem Zug ankommen, hier gibt es kaum Parkplätze, und wir haben unsere Security verdreifacht.

An Silvester hat die Polizei kapituliert. Uns wurde immer gesagt: Man kann denen nichts nachweisen, man kann sie nicht abschieben. Ich glaube, man hat es eskalieren lassen. Die Hilflosigkeit der Polizei und der Stadt macht uns Angst.

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7 Kommentare

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  • Insgesamt eine sehr interessante und realistische erscheinende Einschätzung, vor allem: "Ich glaube, manche von diesen Leuten haben vorher schon Jahre in Spanien, Frankreich oder Italien gelebt und die Chance gesehen, mit der großen Flüchtlingswelle nach Deutschland zu kommen."

     

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass soeben geflohene Flüchtlinge aus Not und Krieg als erste Idee zu Silvester haben, mal schön an den Hauptbahnhof zu ziehen und ein Paar Frauen zu belästigen. Da müssen längere traumatische Fluchten mit einer extremen gewaltorientierten Verrohung stattgefunden haben. Voriger Satz soll keine Rechtfertigung und auch keine Entschuldigung für die Belästigung, Bedrohung und Mißhandlung anderer Menschen sein.

  • Herrn Isiks Ansichten bilden eine Einzelmeinung, gewiß, aber doch nicht die irgendeines zufälligen Beobachters an diesem Tag. Er kennt die Gegend aus täglicher Erfahrung, ist als Klubbesitzer sicher ohnehin oft mit Leuten konfrontiert, gegen die er sich durch seine "Security" zur Wehr setzt. Seine auf eigene Erfahrung gegründeten Aussagen haben also Gewicht. Dies vorausgesetzt, frage ich mich:

    - mußte der Polizei nicht "seit Wochen und Monaten" (Isik) bekannt gewesen sein, daß sich auf der Domplatte "etwas zusammenbraut" und daß an einem Tag wie Silvester mit einer Verschärfung der ohnehin angespannten Situation zu rechnen wäre?

    - was meint er damit, wenn er sagt: "Ich glaube, die Polizei hat es eskalieren lassen"? Meint er: absichtlich?

    - schließlich fällt die Zahl von "200 Leuten" auf, die in der Silvesternacht versuchten, gewaltsam in den Klub einzudringen - sie korrespondiert mit der "Sportler-Gruppe" von 200 Leuten, laut Focus eine polizeibekannte Tätergruppe (http://www.focus.de/regional/koeln/silvester-am-hauptbahnhof-in-koeln-die-ekelhafte-sportler-gruppe-raubte-und-begrabschte-frauen-systematisch_id_5198858.html)

    - zu alldem stellt Herr Hauss Überlegungen an, die bedenkenswert sind: http://www.medienanalyse-international.de/index1.html

     

    Die TAZ sollte mehr Zeugen wie Herrn Isik ausfindig machen, und natürlich Opfer. Aus den offiziellen Verlautbarungen kann man sich kein stimmiges Bild machen, Recherchen, die bisher bekanntes Material auswerten, neues beibringen, es genau untersuchen, gewichten, die Zeitabläufe überprüfen - all dies möchte ich eigentlich in einer kritischen Presse zu diesen Vorgängen lesen. Und weniger Stimmungsberichte und allgemeine Analysen dieser wie jener Vorurteile - dafür ist später immer noch Zeit.

  • Der Ruf nach der Polizei ist nicht so selbstverständlich. Einge sehen die Polizei lieber nicht im Einsatz, andere vermissen sie. Dass die Polizei aber oftmals politische Fehlentscheidungen auszubaden hat und damit überfordert sein könnte, egal wie man sich vor Ort verhält, der Gedanke ist nicht so verbreitet.

  • Der Herr Bax, dass ich das noch erleben darf ...

    am 05.01. Köln und Silvester 2015 noch als "Neue Dimension der Empörung" weichgespült, mit diesem Interview in der Realität angekommen.

     

    Diese Minderheit von kriminellen Banden mit Migrationshintergrund gefährdet erst bestimmte Regionen, hilfsbedürftige Flüchtlinge und letztlich die Demokratie, wie auch die Blitzbirnen am rechten Rand.

    Beides muss effektiv angegangen werden, mit funktionierender Polizei und Justiz.

    Beides gibt es nicht zum Nulltarif und mit immer weniger Personal.

     

    Und natürlich gibt es längst no go areas, da kann die Politik schwafeln wie sie will.

    Wenn ich als Ermittler bei bestimmten Maßnahmen die Unterstützung einer Hundertschaft zur Eigensicherung benötige, kann etwas nicht stimmen ...

     

    Die Spitze der Parallelgesellschaften bilden "Familien" wie die Miris, Al-Zeins, Abou Chaker usw

    Da geht es im großen Stil um Extremstraftaten, selbst dort findet Strafverfolgung kaum noch statt, bei der Straßenkriminalität schon lange nicht mehr.

     

    Vlt ist Köln ein Weckruf, bevor es zu spät ist. Ich möchte die AfD bei den nächsten Wahlen nicht bei 20% sehen ...

  • Tja. Es wird schwierig gegen härtere Vorgehen gegen all Migranten und Flüchtlinge zu argumentieren.

    Ich bin ratlos, aber auch wütend auf diese Verbrecher. Die machen unsere Bemühungen zunichte, Menschen aufzunehmen und zu integrieren.

  • Vermutlich ist die Beschreibung von Yediyar Isik zutreffend. Aus einer früheren Kriminalstatistik ergibt sich, dass Aufklärungsrate und Korruption von Bielefeld bis Aachen diagonal von Nordosten nach Südwesten verlaufen. Dabei ist die Aufklärungsrate in Bielefeld am höchsten, die Korruption dafür in Köln. Das mag vielleicht an der Nähe zur Grenze nach Belgien, den Niederlanden liegen oder der Tradition der Ubier seit Caesar nahe den Römern zu stehen. Als es jedoch in Duisburg Probleme mit verfeindeten Familienklans gab, reagierte die Polizei schnell, indem sie Überzahl schaffte. Dadurch wurden zwar Kräfte von anderen Aufgaben abgezogen, doch der Erfolg gibt diesem Konzept Recht. Neben dem statistischen Verlauf von Westfalen zum Rheinland gibt es einzelne "Hauptstädte" des Verbrechens. Zu denen gehört in NRW neben Dortmund und der Landeshauptstadt Düsseldorf auch Köln. Hier gilt es grundsätzlich anzusetzen. Mit einem neuen Polizeipräsidenten braucht es auch eine neue Justiz. Was hilft es, wenn Täter ermittelt werden, wenn sie vor Gericht nur Geld- oder Bewährungsstrafen bekommen und das erst Monate nach der Tat? Statt härterer Gesetze braucht es einen schnelleren Vollzug, auf die Täter abgestimmte Strafen. Heute gilt meist, je gewalttätiger und brutaler Kriminelle vorgehen, desto milder das Urteil. Denn auch Richter fürchten sich vor der Rache von Banden. Nur wenn die Zahnräder der Gerechtigkeit ineinandergreifen, kann sich etwas bessern.

    • @mdarge:

      die hauptbahnhöfe werden immer mehr zum informellen ja formellen treffpunkt jugendlicher asylanten.wo sollen sie auch sonst hin.hier trifft man sich unter gleichgesinnten-hier waermt man sich-hier ist man beim tuerken hallal-hier ist man unter menschen-anonym und faellt kaum als "fremder" auf.das sozialticket macht die fahrt zum zentralen "treff" in jeder grossstadt moeglich.in den notunterkuenften faellt einem das dach auf den kopf-man lebt mindestestens tag und nacht zu zweit auf engstem raum-die kochplatte schaltet sich aus sicherheitsgruenden alle 7 min.automatisch ab... ..integration kann und darf so nicht erfolgen.es fehelen an allen ecken und ende profis wie z.b.sozialrbeiter und vor allem streetworker-mangels dessen gibt es jetzt in duesseldorf eine "BÜRGERWEHR".Toll- ich finde die Politiker haben bereits versagt und so kann und darf es nicht weiter gehen.in den camps herrscht teilweise chaos.ja, die leute haben ein dach ueberm kopf und das wars... .die eskaltationen verabscheue ich, aber sie sind auch ein trauriges ergebnis.flüchtling- und dann???willkommen im Asylland.Mein Tipp:Heinrich-Heine-UniversitätEINTRITT KOSTENLOS /// BEGINN 18:30 /// HÖRSAAL 3H

       

      Nach zahlreichen ausverkauften Filmpremieren von "ASYLAND" nun eine ganz Besondere Vorstellung:

       

      Der AStA der HHU Düsseldorf holt für Euch am 21.01.2016 den Kino-Dokumentarfilm ASYLAND kostenlos an die Uni!

       

      ++ ASYLAND, DE 2015, 60min (deutsche Originalfassung) ++

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      "Ein ganz besonderer Dokumentarfilm, der nicht über Flüchtlinge – sondern mit ihnen redet." (WDR)

       

      "Durch die Augen der Flüchtlinge" (Rheinische Post)