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Hafen Friedrichskoog vor der Schließung„Man reißt uns das Herz heraus“

Die Regierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg sprechen von Tourismus statt Fischerei, Fischer versprechen bei einer Schließung „hektische Zeiten“.

Hat nach dem Willen der Landesregierung keine Zukunft: der Hafen Friedrichskoog. Bild: dpa

FRIEDRICHSKOOG taz | Im Hafenbecken liegt ein halbes Dutzend Kutter, auf den meisten wird sich für die nächste Fahrt gerüstet. Doch die Stimmung ist schlecht in Friedrichskoog: Der binnendeichs liegende Hafen des kleinen Ortes in Dithmarschen versandet seit Jahren, der Betrieb ist ein Zuschussgeschäft für das Land.

Schon die schwarz-gelbe Vorgängerregierung wollte ihn schließen. Und das heutige Bündnis aus SPD, Grünen und SSW möchte den zwei Dutzend Fischerfamilien und übrigen 2.500 Menschen im Ort zwar helfen, bleibt aber beim Nein zum Hafen. Am gestrigen Montag stellten sich Wirtschaftsminister Reinhard Meyer und Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (beide SPD) den Protesten und Fragen. Alle Seiten sprachen von Fehlern der Vergangenheit, über die Zukunft bleiben die Meinungen geteilt.

Weit länger als geplant diskutierten Vertreter der Gemeinde, der Fischer und der Bürgerinitiative mit den Politikern. Was die Beteiligten danach in die Mikrofone sprachen, klang allerdings so, als seien die beiden Gruppen bei unterschiedlichen Gesprächen gewesen. „Die Fakten haben sich nicht geändert“, sagte Meyer. Der Termin diente dazu, „um über die Zukunft zu sprechen“. Der Tourismus könne um die Seehundstation und einen Museumshafen herum gestärkt werden.

Horch erklärte, er sei „nicht als weißer Ritter“ erschienen. Die Entscheidung über den Hafen sei Sache Schleswig-Holsteins. Geld aber stehe grundsätzlich über einen Fonds zur Verfügung, in den die Hansestadt zum Ausgleich von Schäden durch die Elbvertiefung einzahlt. Denn der Sand, der die enge Zufahrt zum Hafen allmählich schließt, stammt nach Meinung der Einheimischen aus dem Material, das die Hamburger aus der Elbemündung in die Nordsee verschieben.

Versäumnisse in der Vergangenheit

Das Land und seine Häfen

Schleswig-Holsteins große Hafenstandorte sind Kiel für den Passagierverkehr (1,9 Millionen Menschen) und Lübeck im Frachtbereich (über 26 Millionen Tonnen, jeweils im Jahr 2012).

Der Betrieb der Häfen liegt in Händen eigener GmbHs oder Aktiengesellschaften (AGs).

Die landeseigenen Häfen sind die weit kleineren Standorte Husum, Büsum, Tönning, Friedrichskoog, Glückstadt und Friedrichstadt. An diesen Standorten an der strukturschwachen Nordseeküste spielen Wirtschafts und Regionalförderung eine Rolle.

An Landeshäfen ankern neben Freizeitkapitänen auch Fischerboote und Krabbenkutter.

Horch sprach von „Versäumnissen der Vergangenheit“. Dieter Voss, Sprecher der Fischer, wurde deutlich: Man habe „die Sache an die Wand fahren lassen“. Schon das 1984 erbaute Sperrwerk – das nun angeblich auch noch marode sein soll – sei falsch geplant gewesen. Aber Voss ist, ebenso wie Bürgermeister Roland Geiger, hoffnungsvoll, dass sich die Landesregierung noch umstimmen lässt. Die nächste Gelegenheit bietet ein Gespräch mit Experten am Donnerstag.

Der Plan, aus dem heutigen Arbeits einen Museumshafen zu machen, lässt Voss seine Dithmarscher Ruhe verlieren: „Das ist total unsinnig.“ Ohne Durchfluss zur See lägen die Boote im Schlick, bestenfalls im Sickerwasser aus den Entwässerungsgräben.

Fischer Marco Rohwedder, Kapitän des Kutters „Zenit“, bekräftigt: Werde der Hafen geschlossen, „reißt man uns das Herz heraus“. Für ihn wäre das „der Ruin“: „Ich habe mein Boot für die guten Fischgründe hier angeschafft. Müsste ich woanders hin, lohnt sich das kaum mehr.“ Die meisten Fischer würden dagegen andere Standorte suchen, sagt Voss. „Sie werden sich um Kennzeichen aus Hamburg bemühen, weil sie sich von Schleswig-Holstein verraten fühlen.“ Und er kündigt an, dass die Leute im Ort die Schließung nicht klaglos hinnehmen werden: „Dann wird das hier hektisch.“

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4 Kommentare

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  • DV
    Dr. Verwunderlich

    Moment mal. Es gab doch kürzlich das Patt: Messe Hamburg wollte die Windmesse Husum übernehmen. Faustpfand der Schleswig-Holsteiner war die Verklappung des Aushubs der Hamburger Elbertiefung in SH-Bereich der Nordsee. Damals wurde scheinbar kampflos aufgegeben und die Windmesse geht doch zum Großteil nach Hamburg. Verklappung zugestimmt.

    Nun reist neben Wirtschaftsminister SH auch der Kollege aus HH an? Es gibt einen Ausgleichsfond für die Auswirkungen der Verkklappungen? Der Verklappte Sand verstopft den Friedrichskooger Hafen?

    Ran an die Buletten! Das sind doch offene Scheunentore. Die müssten, aber warten das einer nicht schnell genug zuckt und verjubeln den Fond sonst woanders. Die Kommune baut direkt am Hafen das Gebäude "Walfisch", betrieben als Kinderspielparadies und Gastronomie und jetzt wird dort abgewürgt? Tagestouristen pendeln zwischen Hamburg und St. Peter Ording und rauschen an Friedrichskoog vorbei? Tourismus ohne Hafen? Ohne Kutter? Ohne fangfrische Krabben? Bezieht die "Feinheimisch"Initiative dort nicht die fangfrischen Krabben? Ich möchte keine überlagerten Krabben aus Dänemark und den Niederlanden essen. Ohne mal ein Historisches Schiff oder eine Schiffahrt nach Hamburg oder die Inseln? Sorry, liebe Heimatforscher und Historiker, aber der kleine Knuff muss sein: Davon träumt noch nichtmal der F..... . Da hätte man sich ja die Eindeichung des Fü-fridrichskooges damals sparen könne. Es wäre ohne den Eingriff der Eindeichung vermutlich noch immer ein vollwertiger Hafen.

    Hamburg soll gerne den Schade ausgleichen und bezahlen damit dort Fischer noch fischen und anlanden können.

  • T
    Tanja

    Als wir nach Friedrichskoog gezogen sind, war mein Sohn Julian gerade 4 Jahre alt. Als er eins der Hafenretter-Plakate sah, fragte er, was da steht, und ich erklärte ihm, dass der Hafen geschlossen werden soll. Er überlegte eine Weile und sagte dann: "Aber ohne den Hafen ist Friedrichskoog nur noch eine einsame Insel mitten im Meer mit Häusern drauf."

  • C
    Claus

    Warum werden für Schmetterlinge die es eventuell gar nicht gibt, vom Land 3,5 Millionen € ausgegeben? Dieser Betrag würde ausreichen den Hafen ca. 8 - 10 Jahre auszubaggern. Ich verstehe die örtlichen Politiker nicht, warum sie dieses Thema nicht stärker in die Öffentlichkeit tragen.

    Gruß

    ein Bürger aus Schleswig Holstein

    • HA
      heino aus Lübeck
      @Claus:

      Hallo Claus, hast Du nicht gehört, wie laut die Grünschnäbel schnatterten ? Danach geht die Politik, nicht nach den großmäuligen Wahl-Versprechen, die Infrastruktur der Westküstenregion verbessern zu wollen -- das Wohl und Wehe der Mitmenschen dort ist den Kielern doch schnuppe, da diese wortlos und ratlos diesem Desaster gegenüberstehen ! Wären diese doch imaginäre Schmetterlinge ! Heino