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Hereinspaziert ins Kernkraftwerk!

PROTEST Aktivisten von Greenpeace demonstrieren im französischen Fessenheim für Energiepolitik ohne Atom

Bis Mittag wurden 56 Demonstranten von der Gendarmerie festgenommen

PARIS taz | Einige der 60 Aktivisten aus 14 Ländern schafften es sogar auf das Dach: Mit einer aufsehenerregenden Aktion hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace am Dienstagmorgen auf dem Gelände des Atomkraftwerks Fessenheim im Elsass gegen Atomenergie und für eine „wahre Wende“ in der europäischen Energiepolitik demonstriert. Auf dem Dach eines Reaktors brachten sie ein weithin sichtbares Spruchband mit dem Text „Stop risking Europe“ an.

Die minutiös vorbereitete Aktion von Greenpeace hatte gegen halb sechs Uhr morgens begonnen. Den Umweltschützern zufolge gelangte eine erste Gruppe von Aktivisten in einem Container versteckt auf einem Lastwagen in das Innere des AKW-Geländes. Sie brachten anschließend an mehreren Stellen Spruchbänder an, in denen aus Anlass des morgigen Energiegipfels der Europäischen Union vorab Frankreich und Deutschland, aber auch alle anderen EU-Staaten aufgefordert werden, mit dem Ausstieg aus der Atomenergie Ernst zu machen. Zwölf Greenpeace-Mitglieder konnten außerdem auf das Dach eines Reaktors klettern und dort ein weiteres Spruchband anbringen. Die Polizei hatte Mühe, alle Demonstranten bei ihrem riskanten Vorgehen aus ihren teils luftigen Verstecken zu holen. Im Internet wurde dank Fotos und Kommentaren in sozialen Netzwerken praktisch live über den Verlauf der Aktion berichtet.

Am Ende der Kundgebung „attackierten“ die Greenpeace-Leute in symbolischer Weise das AKW auf dem Wasserweg mit fünf Gummibooten und entfalteten auf der Wasseroberfläche ein riesiges Tuch mit der Forderung „Future is renewable! Stop Nuclear!“. Bis Mittag waren nach Angaben des AKW-Betreibers Electricité de France EDF 56 Demonstranten von der Polizei festgenommen worden. Erst Anfang März wurden 29 Greenpeace-Aktivisten zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil sie auf ähnliche Weise im vergangenen Sommer in die Atomanlage Tricastin in Südfrankreich eingedrungen waren. Schon allein die Tatsache, dass eine so große Gruppe von Aktivisten ungehindert in das umstrittene AKW Fessenheim vordringen konnte, beweist aus Sicht von Greenpeace, dass erhebliche Sicherheitsprobleme in dem Kraftwerk vorliegen. Nicht anderer Meinung ist diesbezüglich der Sprecher des Innenministeriums in Paris, Pierre-Henry Brandet, der als einzig positiven Aspekt erwähnen kann, dass letztlich noch einmal alles gut gegangen sei: „Natürlich ist das nicht normal, und es stellt ein Problem dar, dass sie eine erste Schranke auf diese Weise überwinden konnten.“ Das Vorgehen der Behörden sei jedoch den vorliegenden Risiken angemessen gewesen, so Brandet.

Das AKW Fessenheim im Elsass ist seit 37 Jahren in Betrieb und Frankreichs älteste noch laufende Kernanlage. Es gilt als besonders störanfällig. Die beiden Reaktoren von Fessenheim haben jedoch 2013 nach einer Revision von der französischen Behörde für Atomsicherheit trotz der von der Staatsführung vorangekündigten Schließung eine Bewilligung für weitere zehn Jahre bekommen. Atomgegner aus Frankreich, aber auch aus der deutschen und schweizerischen Nachbarschaft, haben mehrfach vor Erdbeben- und Überschwemmungsrisiken gewarnt. Sie stützen sich dabei auf Expertengutachten. François Hollande hatte die Stilllegung von Fessenheim noch vor Ende seines Amtszeit versprochen und bis 2025 eine Verminderung des Anteils der mit Atomkraft produzierten Elektrizität von heute 75 auf 50 Prozent angekündigt. Es zeichnet sich aber ab, dass er diese Fristen kaum wird einhalten können. RUDOLF BALMER

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