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Schulverweis nach BundeswehrkritikBamberg in Aufruhr

Der Fall eines Schülers, der den Besuch der Bundeswehr an seiner Wirtschaftsschule kritisierte, schlägt hohe Wellen. Die Schulleitung bleibt beim Verweis.

Schülerprotest gegen Militarisierung in München 2010. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Als Mark Hebl die Geschichte von Niklas Hatzold aus Bamberg las, war er empört. Der 17-jährige Schüler der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule bekam einen verschärften Verweis, weil er sich kritisch gegenüber Bundeswehroffizieren äußerte, die in seiner Schule für den Soldatenberuf warben. Hebl arbeitet selbst für die Bundeswehr. Deshalb will er seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen, zugleich aber seiner Wut Luft machen.

Ihn ärgert, dass die Schulleitung offenbar glaubt, so die Bundeswehr zu schützen. „Wir leben in einer Demokratie. Auch die Bundeswehr darf kritisiert werden“, sagt Hebl. Eine politische Gesinnung könne man nicht bestrafen. Bei der Bundeswehr, für die er selbst Beschwerden bearbeitet, wäre eine solche Disziplinarmaßnahme nie durchgegangen. Der Verweis sei rechtswidrig und für „jeden höheren Verwaltungsbeamten unwürdig“. Noch am selben Tag schrieb er eine Beschwerde an den Schulleiter und das bayerische Kultusministerium. Das hat mittlerweile die Regierung von Oberfranken gebeten, den Verweis zu prüfen. Dienstrechtlich sei die Stadt Bamberg zuständig.

Seitdem der zweifelhafte Verweis öffentlich wurde, ist die Stadt in Aufruhr. Für die Schule geht es um ihren Ruf, für den Schüler um seine Zukunft. Das umstrittene Stück Papier soll mittlerweile schon Thema in Bewerbungsgesprächen sein.

Schüler Hatzold, der die Empörungswelle losgetreten hat, distanziert sich von den Beleidigungen, mit denen seine Schule „überhäuft“ wurde. Die Schulleitung habe sich bis jetzt immer richtig verhalten, schreibt er in einer Stellungnahme. „Bis jetzt“, denn alle „Rechtfertigungsversuche“ der Schule seien „konstruiert“. Diese begründete ihren Verweis im Nachhinein damit, dass Hatzold das Schulgelände unbeaufsichtigt verlassen habe und außerdem krankgeschrieben war.

Die Schulleitung hat den Verweis bislang nicht zurückgenommen. Sie will sich auch nicht äußern und verweist auf die Stadt Bamberg. Schulreferent Christian Lange sagt: „Wir werden die Begründung des Verweises sehr gründlich analysieren.“ Er will die Lage möglichst rasch „deeskalieren“. Schüler Hatzold hat einen Vorschlag, wie das ginge: Er fordert die Rücknahme des Verweises.

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9 Kommentare

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  • Die NachDenkSeiten haben bereits auf diesen Vorgang hingewiesen: “Zu pazifistisch für den Schulfrieden?“.

     

    Man fragt sich, was die Stadt in Aufruhr versetzt, wenn es nur um einen Verweis ginge, der das Betreten oder das Verlassen des Schulgeländes durch einen krankgeschriebenen Schüler betrifft. Eine Veröffentlichung des Verweises könnte Klarheit schaffen.

     

    Ganz anders stellt sich die Sachlage dar, wenn es in dem Verweis um kritische Äußerungen gegenüber einem Bundeswehroffizier geht, der in der Schule für den Soldatenberuf warb.

     

    In einer erweiterten Version des Verweises bietet sich ein anderes Bild und man stellt sich unwillkürlich die Frage: Was ist das nur für eine seltsame Schule, was sind das für seltsame Lehrer und Schüler? Darin heiße es, dass sich Lehrer und Schüler „politisch und persönlich von der politischen Überzeugung des Schülers H. bedrängt“ fühlten. Ich wünschte wir hätten mehr Pazifisten in Deutschland

  • Tja - wer war noch mal Konrad Adenauer - Springer erst ???

    egal 2.0

     

    "Einer dieser Mauerbauer -

    war Herr Konrad Adenauer "

     

    der daraus - als öffentliches Plakat getragen - resultierende Schulverweis -

    ( vorher - Springer/LÜGT - "Macht das Tor auf " - plus täglicher Rübergemachtzahlen)

    begründete damals den Spruch -

    "Wer in Balin in der SPD is -

    wär in Bayern - in der CSU;

     

    also immer schön flach halten den Ball

     

    ps: (die SPezialDemokraten NRW auch!!

    z.B. eine Entlassung wg LehrerIn/SchülerInnenBriefen mit

    " Vorwärts im Sinne von Kalkar" -

    erst durch Gericht gestoppt).

     

    Pps: Danke für Ihren Kommentar. Er wartet auf Freischaltung. Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

  • Ich wage die Behauptung, dass sich Schulleitungen außerhalb Bayerns nicht gewagt hätten, einen solchen Beschluß zu fassen.

    Das stinkt nach Gesinnungsjustiz.

    Bayern bräuchte mal einen Regierungswechsel - über 60 Jahre CSU hinterlassen Spuren.

    Herr Hatzold, Sie brauchen ein anderes Umfeld. Es gibt noch andere Bundesländer.

    Ihre Zeit ist für diese autoritären Kleingeister zu schade.

    Wenn sich nichtmal die CSU äußert, ist es vielleicht sogar denen peinlich.

    Weltoffen?

    Tolerant?

    Nein - uncool, verbiestert, abstoßend.

    • @austenjane:

      es braucht viel mehr Hatzolds, nicht nur in Bayern.

  • In Zeiten, wo der Krieg wieder salonfähig ist, darf man sich über solchen vorauseilenden Gehorsam bravbundesbürgerlicher Schulleiter nicht wundern...

  • Wenn meine Kinder solch einen Verweis erhalten, bekommt der einen Ehrenplatz mit Goldrahmen.

  • Ist doch schön zu sehen, wie im heutigen Bundesdeutschland Kinder drangsaliert werden, nur weil sie anti-militaristisch denken. Soll dem jungen Mann eine Lehre sein, weiß er wenigstens, wo er gelandet ist.

  • Nicht nur der konstruierte Verweis ist unerträglich, auch die Selbstherrlichkeit des "Facility-Managers" ist vom Verdacht der Amtsanmaßung und Nötigung nicht befreit!

  • "Wir leben in einer Demokratie"

     

    Ich hatte einen Traum, letzte Nacht ...