Seltsamer Kult in Brandenburg: Eins mit dem Nudelholz übergezogen
In Brandenburg huldigen Menschen dem Fliegenden Spaghettimonster. Und fordern damit die Kirchen heraus. Die Landesregierung glaubt, dass es sich um eine Religionsparodie handelt.
Es ist in diesen Tagen wirklich alles andere als einfach, über Religion zu spotten. Um es überspitzt zu sagen: Entweder man wird erschossen, oder so gut wie alle finden’s superspitzenoberklasse. Beides verbreitet ein gewisses Unbehagen. Nun ist es so, dass schon seit geraumer Zeit einige Brandenburger und Berliner einem Fliegenden Spaghettimonster huldigen. Diese Menschen verbreiten in etwa folgendes Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an das World Wide Web mit dem heiligen Pastafaritum, Gemeinschaft der Pastafari und ihres Monsters, Vergebung der Torheit, an den Bier-Vulkan und an die Stripper-Fabrik.“ Humbug? Himmelschreiende Gotteslästerung? Anarchismus pur? Das kann sich – und sollte sich – in diesen Tagen jeder selbst aussuchen (siehe oben genannte Folgen).
Nicht aussuchen kann sich Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) allerdings die parlamentarischen Fragen aus den Reihen des Potsdamer Landtags. Und da wollte es jemand wirklich genau wissen, wie das nun sei mit der Religion der Pastaanhänger. Keine leichte Sache (siehe oben genannte Folgen).
Anlass für die Frage war eine Aktion der Nudelfreaks im uckermärkischen Templin, also fast schon im katholischen Polen. Sie hängten dort im vergangenen Herbst Schilder auf, um den Termin der wöchentlichen „Nudelmesse“ zu verkünden – und zwar an denselben Masten, wo die altbekannten Tafeln mit den kirchlichen Gottesdienstzeiten befestigt sind. Die Aktion sollte ein Zeichen sein für die gewünschte Gleichbehandlung von Weltanschauungen.
Für den brandenburgischen Landesbetrieb Straßenwesen war das auch gar kein Problem: Er hatte das Spaghettimonster-Schild genehmigt, schließlich gelte die Richtlinie für das Aufstellen von Hinweisschildern für Gottesdienste und sonstige regelmäßige religiöse Veranstaltungen von Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften des Bundesbauministeriums aus dem Jahr 2008.
Die Nudelschilder waren allerdings nicht nach dem Geschmack der Kirchen, die wohl mehr auf flache Teigwaren stehen. Im Dezember erhielten sie deswegen „Asyl“ an einigen Masten für die Städtepartnerschaften Templins, so der Bürgermeisters des Ortes, Detlef Tabbert (Linke). Und zwar so lange, bis der Streit beendet sei. Hier kommt nun die Kunst ins Spiel, sprich die Kulturministerin, die sprichwörtlich mit dem Nudelholz zuschlug. Ihrer Meinung nach sei die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschlands keine Glaubensgemeinschaft, antwortete sie Ende vergangener Woche auf die parlamentarische Anfrage (übrigens aus der eigenen Fraktion). Vielmehr sei der Verein eine Religionsparodie „ohne ernsthafte religiöse Substanz“. Die Obernudler kündigten an, die Entscheidung der Landesregierung juristisch zu prüfen.
Ob das noch hilft? Oder wäre es jetzt doch an der Zeit, zu beten? BIS Foto: Head (CC)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren