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Zehn Jahre Hartz IVWer wenig hat, dem wird genommen

Die Sozialreform ist seit zehn Jahren in Kraft. Die frühere Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann und der Politologe Christoph Butterwegge ziehen eine Bilanz.

Besonders in Großstädten reicht das Geld nicht aus. In Hamburg lebt jeder Zehnte von Hartz IV. Bild: imago/Westend61
Interview von Martin Reeh

taz: Frau Hannemann, Herr Butterwegge, seit dem 1. Januar haben wir zehn Jahre Hartz IV. Die Befürworter ziehen eine positive Bilanz: Das System des Förderns und Forderns funktioniere, sagt etwa Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesanstalt für Arbeit. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Inge Hannemann: Ich sehe nicht, dass Hartz IV funktioniert. Noch immer gibt es einen langjährigen festen Stamm von Langzeitarbeitslosen. Dieser sinkt nicht, und zwar auch aufgrund der Stigmatisierung dieser Menschen. Herr Alt hat die Aufgabe vieles schön zu reden.

Dennoch ist die offizielle Arbeitslosenzahl deutlich zurückgegangen, von über 5 Millionen auf 2,7. Hat das mit den Hartz-Reformen nichts zu tun?

Hannemann: Wir haben einen geringen Rückgang. Allerdings finden sich Erwerbslose immer mehr in den klassischen atypischen Arbeitsverhältnissen wieder: in Mini- und Teilzeitjobs oder in Leiharbeit. Das ist für mich keine Reduzierung der eigentlichen Arbeitslosigkeit.

Christoph Butterwegge: Das Arbeitsvolumen hat kaum zugenommen, die Arbeit wird nur anders verteilt als zur Jahrtausendwende. Wir haben seit den Hartz-Gesetzen erheblich mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse, und die Arbeitswelt ist sehr viel rauer geworden. Zudem hat man viele Betroffene aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen lassen. Etwa 100.000 Menschen, die einen privaten Arbeitsvermittler eingeschaltet haben.

Ist bei Hartz IV herausgekommen, was beabsichtigt war?

Das ist Hartz IV

Leistungen: Alleinstehende Empfänger von Hartz-IV-Leistungen bekommen einen Regelsatz von 399 Euro im Monat plus der Kosten für eine angemessene Unterkunft und deren Beheizung. Der Regelsatz wurde zum 1. Januar erhöht.

Betroffene: In Deutschland leben sechs Millionen Menschen von Leistungen nach Hartz IV. Unter den Empfängern sind 4,3 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte, hinzu kommen die Bezieher von Sozialgeld, das sind Kinder unter 15 Jahren.

Bevölkerung: Damit bekommt etwa jeder zehnte Haushalt in Deutschland Hartz IV, viele davon ergänzend zu Nebeneinkommen oder zu Unterhaltsleistungen.

Risikogruppen: 54 Prozent der Haushalte im Hartz-IV-Bezug bestehen aus Alleinlebenden, 19 Prozent waren Haushalte von Alleinerziehenden. (bd)

Hannemann: Ja. Von Anfang an war der Duktus: Jede Tätigkeit ist zumutbar, jeder Job ist anzunehmen. Hauptprinzip war die „Verringerung der Hilfebedürftigkeit“. Und wenn das nur durch einen Nebenjob geschieht.

Butterwegge: Hauptzweck war die Senkung der Leistungen für Erwerbslose sowie der Löhne und Gehälter. Mit dem Druck auf die Leistungsbezieher hat der Druck auf die Belegschaften zugenommen, niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Aus diesem Grund ist der Niedriglohnsektor mit 24,3 Prozent der Beschäftigten in Deutschland heute so breit wie in keinem anderen hoch entwickelten europäischen Land.

Joschka Fischer verteidigte kürzlich Hartz IV in der taz mit dem Argument, Rot-Grün habe damals handeln müssen. Die Arbeitslosigkeit wäre mit jedem Monat angestiegen, der Etat aus allen Nähten geplatzt. Was wäre Ihre Alternative zu Hartz IV gewesen?

Butterwegge: Statt den Druck auf die Erwerbslosen zu erhöhen, hätte ich den Druck auf die Unternehmer erhöht.

Wie kann man denen Druck machen?

Butterwegge: Indem man zum Beispiel nicht die Betroffenen an den Pranger stellt, weil sie angeblich faul in der Hängematte des Sozialstaates liegen, sondern die strukturellen Ursachen der Massenarbeitslosigkeit bekämpft. Außerdem hätte man Geld für Beschäftigungsprogramme in die Hand nehmen müssen.

dpa
Im Interview: Inge Hannemann

46, taz-Panter-Preis-Trägerin, ist Deutschlands wohl bekannteste Jobcenter-Mitarbeiterin. In ihrem Altona-Blog kritisierte sie Missstände im Umgang mit Hartz-IV-Empfängern. Sie wurde 2013 von der Arbeit freigestellt und inzwischen ins Hamburger Integrationsamt versetzt. Im Mai erscheint ihr Buch „Die Hartz-IV-Diktatur“ im Rowohlt-Verlag.

Das hört sich ein bisschen vage und ratlos an.

Butterwegge: Man kann auch – wie in Frankreich geschehen – Massenentlassungen verbieten und müsste hierzulande Firmenerben nicht de facto von der betrieblichen Erbschaftssteuer befreien. Seit mehreren Jahrzehnten macht die Bundesregierung eine Politik nach dem Matthäus-Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben und wer wenig hat, dem wird das Wenige auch noch genommen.

Hätte der Staat stärker auf die großen Vermögen und die Unternehmen zugegriffen, wäre Geld da gewesen, um etwa einen öffentlichen Beschäftigungssektor zu schaffen, in dem auch Langzeiterwerbslose zu Tariflöhnen eine Chance hätten.

Frau Hannemann, Sie haben 2005 beim Jobcenter angefangen. Sind Sie damals vielleicht naiv gewesen – und haben gedacht, man kann dort was Gutes tun?

Hannemann: Naiv würde ich das nicht nennen. Zunächst war es so, dass ich aus Geldnot zum Jobcenter wechseln musste. Zuvor war ich bei Bildungsträgern tätig. Durch die Agenda 2010 haben sich dort die Löhne um bis zu 50 Prozent reduziert. Ich stand vor der Entscheidung: Werde ich selbst Aufstockerin mit Hartz IV trotz Vollzeittätigkeit oder gehe ich als Angestellte zum Jobcenter?

Anja Krüger
Im Interview: Christoph Butterwegge

geboren 1951, erforscht seit Jahrzehnten wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheit in Deutschland. Bis 2016 lehrte der Politikwissenschaftler als Professor an der Universität Köln. Von 1970 bis 1975 und von 1987 bis 2005 Mitglied der SPD, kandidierte er als Parteiloser 2017 auf Vorschlag der Linkspartei für das Amt des Bundespräsidenten. Gerade ist sein neuestes Buch „Ungleichheit in der Klassengesellschaft“ im PapyRossa Verlag erschienen.

Da habe ich gedacht: Ich gehe direkt in die Höhle des Löwen. Mit der Illusion, ich kann etwas für die Menschen tun. Das war aber nur im ersten Jahr der Fall, weil keiner wusste, wie was funktioniert oder umzusetzen sei. Das Computersystem stockte und das SGB II war für alle neu.

Ist Ihre Karriere typisch?

Hannemann: Wir haben immer wieder Kollegen, die aus dem Arbeitslosengeld I oder II direkt ins Jobcenter wechseln, weil das ihre einzige Beschäftigungschance war oder ist und hier zum Teil Personalmangel herrscht. Immer zu Beginn mit der Hoffnung, den Menschen helfen zu können. Oft waren gerade die nach einigen Monaten die schärfsten Hunde.

Warum?

Hannemann: Sie hatten einen enormen Anspruch an sich selbst und haben diesen auf die anderen Erwerbslosen projiziert. Nach dem Motto: „Ich habe es ja auch geschafft. Ich sitze jetzt auf der anderen Seite, weil ich mich bemüht habe.“ Ihre eigene Vergangenheit blenden sie in diesem Moment komplett aus.

Offiziell heißt es, die Maßnahmen der Jobcenter seien dazu da, um die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wie sieht die Praxis aus?

Hannemann: Die tatsächliche Vermittlungsquote liegt bei rund zwei bis drei Prozent, wenn man berücksichtigt, wie viele Menschen, gerade aus der Zeit- und Leiharbeit, sich wieder nach kurzer Zeit arbeitslos melden. Viele Maßnahmen sind eine Geldmaschine für die Beschäftigung von Bildungsträgern. Wir müssen aber unterscheiden. Die Eurozeichen im Auge haben vor allem die Geschäftsführer der Bildungs- und Beschäftigungsträger.

Und dann gibt es die Dozenten. Die sind zumeist motiviert, aber auch froh um ihren Arbeitsplatz, selbst wenn er prekär ist. Ich finde, dass mehr Augenmerk drauf gelegt werden muss, nachzufragen, welchen Erfolg die Maßnahmen für die Teilnehmer bringen. Das geschieht kaum. Da interessiert nur, wer der günstigste Anbieter ist.

Seit gestern gilt teilweise der neue Mindestlohn von 8,50 Euro. Welche Auswirkungen hat der auf Hartz IV?

Butterwegge: Leider nur geringe. Wahrscheinlich werden bloß fünf Prozent der 1,3 Millionen Aufstocker dadurch ohne Arbeitslosengeld II auskommen, weil der Mindestlohn unter der Niedriglohnschwelle von 9,30 Euro liegt. Damit kommt man selbst bei Vollzeiterwerbstätigkeit nur dann aus Hartz IV heraus, wenn man alleinstehend ist, keine Kinder hat und in einer Gegend wohnt, wo die Miete niedrig ist.

Der Mindestlohn ist kaum mehr als ein soziales Trostpflaster und eine politische Mogelpackung. So erhalten Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr den Mindestlohn gar nicht. Daher werden manche Firmen sechs Monate lang Langzeitarbeitslose unterhalb des Mindestlohns beschäftigen und dann den nächsten einstellen.

Wie hoch müsste einerseits der Mindestlohn sein und andererseits die Grundsicherung?

Hannemann: In einer Stadt wie Hamburg mit einer Durchschnittsmiete von rund 11 Euro pro Quadratmeter kalt brauchen wir einen Mindestlohn von 13 Euro. Nur dann kann man als Alleinstehender aus der ergänzenden Leistung herauskommen.

Das fordert ja nicht mal die Linkspartei.

Hannemann: Nein, bundesweit fordert die Linkspartei 10 Euro. Die Hamburger Linken fordern 13 Euro auf Grund dieser Berechnung.

Butterwegge: Ich halte mehr davon, sich ein Stück weit am politisch Erreichbaren zu orientieren. Das bedeutet: Deutschland muss sich an dem messen lassen, was andere westeuropäische Länder beim Mindestlohn haben. Und außer in Großbritannien ist in jedem Land der Mindestlohn höher als 8,50 Euro.

Frankreich und Belgien liegen im Bereich von neun bis zehn Euro. An der zuletzt genannten Höhe sollten wir uns auch orientieren. Und die Grundsicherung müsste bei 500 Euro plus Miet- und Heizkosten liegen. Das würde die Situation der Hartz-IV-Betroffenen schon deutlich verbessern.

Welche Zukunft hat Hartz IV?

Hannemann: Man muss abwarten, was Andrea Nahles jetzt mit der sogenannten „Rechtsvereinfachung“ genau ändern will. Das scheinen eher Vereinfachungen für die Mitarbeiter in den Jobcentern zu werden. Für die Hartz-IV-Empfänger werden es eher Verschärfungen, als Beispiel die geplante Bruttowarmmiete, bei der möglicherweise nicht mehr alle Betriebskosten übernommen werden.

Butterwegge: Die Zukunft von Hartz IV hängt von den politischen Kräfteverhältnissen und parlamentarischen Machtkonstellationen ab. Ich halte Hartz IV nach zehn Jahren daher auch nicht für unabänderlich. Vokabeln wie „Eigenverantwortung“ und „Selbstvorsorge“ kaschieren nur, dass sich der Staat immer mehr zurückgezogen hat. Aber das muss nicht so bleiben.

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53 Kommentare

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  • Kann es sein das Hannemann bei den Durchschnittsmieten irgendwie "falsche" Zahlen nennt? Der Spiegel nennt für Hamburg (2013) eine Durchschnittsmiete von 7 Euro, nicht von 11 Euro. Dieser Wert nur annähernd in München (10,5 Euro /m²) erreicht.

     

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/mietpreise-in-deutschland-wohnen-in-muenchen-ist-am-teuersten-a-951431.html

    • @Arcy Shtoink:

      Ist das alles, was Sie zur Verteidigung von Hartz4 vorzubringen haben?

       

      Typisch.

    • @Arcy Shtoink:

      Kann immer sein, ist aber wohl nicht so. Die Durchschnittswerte hängen auch sehr davon ab, ob man Wohnungen, die gar nicht auf dem Markt sind, mit einbezieht, oder nicht.

      Den Wohnungssuchenden nutzen Durchschnittsmieten von 7,50€/m² nur dann was, wenn auch Wohnungen zu diesem Preis angeboten werden. Das Portal IMMOWELT nennt beispielsweise einen Durchschnittspreis von 11,95 €/m² für Hamburg. Wohnungen unter 11,00 €/m² sind überhaupt nicht im Angebot.

       

      http://www.immowelt.de/immobilienpreise/detail.aspx?geoid=108020&etype=1&esr=2&tab=wohnflaeche

    • @Arcy Shtoink:

      Vielleicht muss Sie als Fachfrau auch nicht unbedingt auf fast 1 Jahre alte Spiegel-Artikel zurückgreifen, sondern kann sich aktuelle Zahlen (sogar aus dem Internet) besorgen:

       

      http://www.wohnungsboerse.net/mietspiegel-Hamburg/3195

      • @Age Krüger:

        Die Steigerungen für 2014 sind nicht besonders viel höher.Auf jeden Fall ist Hamburg wie auch München extrem, selbst in weltweiter sicht (Platz 70 & 65). Der gleiche Mietspiegel wie in ihrem Link weist beispielsweise für Niedersachsen einen Mierspiegel von 6 Euro / qm für Wohnungen ab 40 qm aus.

        • @Arcy Shtoink:

          Sie redet aber von Hamburg.

           

          Niedersachsen ist ein bisschen größer. Hier im Hochmoor gibt es ggf. auch Häuser für noch 20000 € zu kaufen. Aber der Weg nach Hamburg, wenn man da arbeiten würde, wäre etwas weit.Das ist nur was für Rentner und Privatiers.

          • @Age Krüger:

            P.S. Fordern die Hamburger Linken daher nur Erhöhungen des Mindestlohns für Hamburger oder für alle (wobei die Hamburger natürlich aufgrund der Mieten dann wieder benachteiligt wären) ?

          • @Age Krüger:

            Es sind noch ein paar Bundesländer, z.T. mit noch geringeren Werten. Nun ja sie scheinen verstanden zu haben, dass Extrembeispiele wie Hamburg wenig taugen. Hannemann spielt da ein unsauberes Spiel.

            • @Arcy Shtoink:

              Ein bundeseinheitlicher Mindestlohn ist an sich unsauber.

              Abgesehen davon, dass ein Mindesteinkommen sinnvoller ist wie ein Mindestlohn spricht nichts dagegen, dass dieser auch von Ländern oder Kommunen festgelegt wird.

              Ich stimme mit Ihnen überein, dass die förderale verfassungsmäßige Ordnung der BRD beseitigt gehört und es sinnvoller wäre, wenn in einer Räterepublik die kleinstmöglichen Einheiten die meisten Sachen selber bestimmen sollten und nur das an höhere Ebene delegieren sollten, was nicht auf dieser Ebene erledigt werden kann.

               

              Hannemann sagt aber nicht, dass es kein Wohngeld mehr geben sollte. Das ist afaik davon abhängig, in welchem Mietsegment man auch geographisch ansässig ist.

              • @Age Krüger:

                Im vielen Einzelfällen wird die Miete natürlich immer noch zu hoch sein und Wohngeld notwendig sein. Durchschnittsmiete ist halt nur Durchschnitt.

                 

                Das Mieten-Extrembeispiel Hamburg, das Hannemann verwendet, bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ihr Satz "Nur dann kann man als Alleinstehender aus der ergänzenden Leistung herauskommen" für den überwiegend großen Rest Deutschlands dann nicht gilt. Hier im Interview wird dies aber nicht so dargestellt und "Wohnung mit Alsterblick" als das Maß aller Dinge dargestellt.

                • @Arcy Shtoink:

                  Sache ist aber die bei HartzIV.

                   

                  Wenn Sie ein Stellenangebot in Hamburg bekommen, dann müssen Sie das annehmen. Und wenn Sie nicht jeden Tag über 120 Minuten zur Arbeit fahren wollen, dann brauchen Sie auch eine Wohnung da. Dann heißt das eben auch, dass man keine Arbeitsplätze mehr dorthin vermitteln darf, wo die Mieten unverhältnismäßig hoch sind.

                  • @Age Krüger:

                    Man verdient in Hamburg auch mehr. Es gibt sie daher massenweise, die Pendler und nach Hamburg ziehenden. Das ist aber nicht das Hartz IV Klientel.

                    • @Arcy Shtoink:

                      Stimmt, normalerweiser wird dank Hartz IV niemand aus diesem Pol mehr an eine Arbeitsstelle vermittelt, bei der man Geld verdienen kann.

  • BERLIN afp/dpa | Zehn Jahre nach Einführung der Hartz-IV-Reformen drängt die Linke auf einen „soziapolitischen Neustart“ in Deutschland. „Hartz IV ist eben nicht der Jobmotor, sondern ein Motor für die soziale Spaltung in diesem Land“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping am Freitag vor Journalisten in Berlin.

     

    Auf der einen Seite sei eine „Hartz-IV-Welt“ entstanden, ein „Fürsorge-Almosen-und-Suppenküchen-Staat“, in dem Menschen in eine geduckte Bittstellerhaltung gezwungen würden. Auf der anderen Seite hätten sich Siedlungen für Reiche und Superreiche herausgebildet, die sich von privaten Sicherheitsdiensten bewachen ließen.

     

    Die von Rot-Grün eingeführten Reformen hätten nicht zu einer schnelleren Vermittlung von Erwerbslosen geführt, sondern lediglich zu einer Ausweitung des Niedriglohnbereichs. Die Zahl der Beschäftigten im Niedriglohnsektor ist Kipping zufolge durch die Hartz-IV-Reformen um 1,3 Millionen gestiegen. Der Anteil der Niedriglöhner an allen Beschäftigten ist nach Parteiangaben von 20,6 Prozent im Jahr 2000 auf 23,1 Prozent in 2010 angewachsen. http://www.taz.de/Zehn-Jahre-Hartz-IV/!152139/

     

    Nach Kippings Worten hat die Einführung der Hartz-IV-Reformen die Armutsquote unter Erwerbslosen drastisch erhöht: Sei 2003 noch die Hälfte aller Erwerbslosen als arm einzustufen gewesen, seien es 2008 bereits 75 Prozent gewesen. Außerdem habe Hartz IV eher zu mehr Bürokratie geführt, anstatt deren Abbau zu fördern.

  • "Das Arbeitsvolumen hat kaum zugenommen, die Arbeit wird nur anders verteilt als zur Jahrtausendwende. " Zitat

     

    Das ist der Kern des Problems. Mit einem Gesetz kann man keine Arbeitslosigkeit beseitigen, weil echte Arbeit nur in der Wirtschaft entstehen kann. Und bei Hartz-IV ist nur der Vermittlungszwang größer als beim Vorgängersystem - das Arbeitsvolumen stagniert eigentlich.

     

    Das bedeutet, dass immer mehr Menschen zu schlechteren Konditionen arbeiten müssen. Die Zeche wird auch fällig: Sie wird in der gigantischen Altersarmut und bei stagnierenden Wachstumsraten ablesbar sein. Irgendwann wird Deutschland dann kippen: Dann schrumpft die Wirtschaft sogar und es werden wieder Arbeitsplätze vernichtet werden als überhaupt neue entstehen können.

     

    Das Hartz-System ist nur ein Teil dieser Sache, aber ein markanter Meilenstein, weil der Staat dezidiert Armut gefördert hat und keine Arbeit schaffen konnte ja gar nicht kann. Das wird er irgendwann nicht mal mehr schaffen, selbst wenn er superstringent besteuert, weil es einfach eine sinkende Bevölkerungszahl und niedriges Wachstum gibt. Inzwischen will ja selber die Bundesbank höhere Lohnabschlüsse und aggressivere Gewerkschaften – die Ratlosigkeit wird deutlicher und nachvollziehbarer.

     

    Aber Grüne, SPD, Union und was von der FDP übrig ist, halten an dieser Politik fest, die wollen so eine Gesellschaft und so eine ‚Krise‘ haben. Und der Wähler gibt ihnen ja auch recht bzw. die Nichtwähler machen einen großen Fehler – sie stabilisieren das, was sie bekämpfen sollten.

    • @Andreas_2020:

      "..bei Hartz-IV ist nur der Vermittlungszwang größer als beim Vorgängersystem" richtig und das ist gut so. Der Schönheitsfehler liegt darin, dass dieser Zwang nicht beide Seiten gleichermaßen betrifft. Es wurde zwar kurz ein Ausbildungszwang diskutiert, doch mehr als eine Empfehlung hat es nie gegeben.

       

      Die Probleme liegen in der Automation und der Globalisierung. Da offene Grenzen gefordert sind (TTIP und Co.) sucht sich das Kapital die niedrigsten sozialen Standards. Dabei hätte die EU die Marktmacht, von Produzenten zu fordern, was sie will. Bei Kinderarbeit gibt es solche Erfolge.

       

      Doch solange eine Kanzlerin die "marktgerechte Demokratie" preist und ihr 40% genau deswegen zujubeln, kann alles nur schlimmer werden. Hartz war nur der Anfang.

       

      Denken wir an die Leibeigenen des Mittelalters. Die waren nicht immer Leibeigene. Über Generationen wurden sie in immer prekärere Verhältnisse gedrängt. In Norditalien führte das zu Aufständen.

       

      Dank elektronischer Überwachung sind heute viel autoritärere Systeme denkbar. China dient als Vorbild. China liefert auch in der Technik (black-Boxes bei den Telekom-Anbietern) die nötige Entwicklungsarbeit. Wir sollten endlich aufwachen.

    • @Andreas_2020:

      Deshalb sollten wir cdu-csu-fdp-spd-grüne-afd und alle rechten Parteien nicht wählen. Erst dann ändert sich etwas. In 2017 bei den Bundestagswahlen haben wir erneute Gelegenheit der sozialen Gerechtigkeit unsere Stimmen zu geben.

  • Kommentar enfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.

    • @Lowandorder:

      Das alles ist umso makaberer und ekelhaft -

       

      als diese beiden sauberen Herrschaften bekanntlich mit ihrem menschenverachtenden

      Gewürge der unhintergehbaren Trias -

       

      - Liberte Fraternite Egalite -

       

      Auf Europa-Tournee sind.

      • @Lowandorder:

        Kommentar enfernt. Bitte beachten Sie unsere Netiquette.







         

      • @Lowandorder:

        Sozial ist, was Arbeit schafft. So hat es jedenfalls der lupenreine Sozialdemokrat Gerd S. gesagt. Und seine blaßroten Genossen feiern doch die Agenda 2010 auch heute noch als größte Sternstunde der Partei. Also alles in bester Ordnung, es gibt keinen Anlaß zum Unmut.

        • @Dudel Karl:

          happy new year - alte spottdrossel -

           

          aber - längst ist Zeit -

          wieder die Lederjacke anzuziehen.;

          Die Mutter geht fürs Studium Putzen -

          und zum Dank verrät er seine Klasse;

          wie ekelhaft ist das denn.

  • "Man kann auch – wie in Frankreich geschehen – Massenentlassungen verbieten ...." ??? Dort ist die Arbeitslosigkeit mit 10,8 Prozent nahezu doppelt so hoch wie die in Deutschland.

    • @Arcy Shtoink:

      Interessant wäre sicher zu wissen, ob jede 1€- 400 €- Gelegenheit und Bildungsmaßnahmen der AfA in Frankreich auch in die Beschäftigten-Zahlen voll mit einfließen.

      Herrlich, wie das "unsere" Regierung hin gekriegt hat. Ähnelt ein wenig der Arbeitsmarktpolitik der Däderäh.

    • @Arcy Shtoink:

      In der DDR waren die Arbeitslosenzahlen faktisch bei 0.

       

      Ein Vorbild?

      • @Age Krüger:

        Was will uns also Herr Butterwege gesagt haben? Dass es auch trotz verbotener Massenentlassungen Rekordarbeitslosenquoten gibt? Oder das Rekordarbeitslosenquoten mit Massenentlassungen auch Rekordarbeitslosenquoten sind?

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Erst wenn GRUNDSÄTZLICH alles allen gehören darf, auf der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN MENSCHENRECHTS auf kostenloser NAHRUNG, mietfreiem WOHNEN und kassen- wie klassenloser GESUNDHEIT, so daß "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" keine Macht gegen geistig-heilender Bewußtseinsentwicklung hat, wird PRINZIPIELL alles wirklich-wahrhaftig, zweifelsfrei-eindeutig / menschenwürdig organisierbar sein - solange herrscht Dummheit von gebildeter Suppenkaspermentalität, in Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll und geistigem Stillstand in stumpf-, blöd- und wahnsinniger Schuld- und Sündenbocksuche!!!

  • Ein sehr interessantes Interview und eine idem sehr interessante Diskussion der Kommunarden. Da kommt Information rüber, danke. Für einen, der von Hartz IV/Alg II so gut wie nichts weiss, als Fernablebender. Bravo also der taz-Kommune. Die, zumindest in diesem Falle, was ganz anderes liefert. Als Asozialmachteuphemisierungsstatistik und Hofberichtunterschlagung.

  • Eigentlich tut Hartz4 genau das, was es tun soll... Es 'neoliberalisiert' den Leistungsbezieher und bereitet ihn so auf die Situation in der neuen, rauhen Arbeitswelt vor... Seit ich beispielsweise in den Genuss des 'Förderns und Forderns' kam, habe ich mich unwiderruflich dazu entschieden, Menschen die in einem Jobcenter arbeiten, Menschen die dieses System herbeiführten, die es verteidigen, es loben und preisen, seine Vorzüge zu schätzen wissen, nicht mehr als vollwertige Menschen sondern als meine Feinde zu betrachten... Philanthropie ist ein Auslaufmodell... Nur die Arbeitgeber müssen noch umdenken. Verhält man sich nämlich als Arbeitnehmer dem Chef gegenüber ebenso wie der Jobvermittler es dem Arbeitssuchenden gegenüber zu tun pflegt, hagelt es sicher Abmahnungen und Kündigungen... Wer Flexibilität fordert, der muss sie auch bieten... Wer billig will, der bekommt es aber auch so richtig billig...

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Hartz IV ist eine englische Erfindung, man wird überall in England Jobcenter finden, Schröder und Blair wurden als das große Traumpaar damals gepriesen, gegen konservativ war alles recht. Hartz IV verdeckt die Sache, man kann für Hartz IV das britische Original einsetzen, von dort kommt die Idee auch (USA ist etwas anders, aber das gehört auch dazu zu der Linie). Das Origianl ist daran zu erkennen, indem Fehler oder Friktion korrigiert werden. Beispiel Verbrechensopfer, Mobbingopfer, Stalkingtargets, die nämlich auch in ALG II Situationen kommen, in England wurde in den Fällen korrigiert, nicht indem man die von den Jobcentern befreit hat, sondern indem man effektiver gegen die Täter vorgeht (genau damit wurden Änderungen begründet in England, übrigens noch auf Initiative von Blair), genau das passiert hier nicht. Dann wird s zu echter sozialer Kälte. Das Original kann korrigieren, die Kopie tut das nicht. Das ständige Wiederholen des Begriffs Hartz IV kaschiert das britische Original und mythifiziert etwas Übernommenes als eigene Leistung, siehe Joschka Fischer. Wer in England einen Jobcenter sieht, fragt automatisch, wer da von wem gelaut hat. ...Anstatt eigene Dinge zu entwickeln gab es damals rege Reisetätigkeiten in den Zeiten des neoliberalen turn, man übernahm gleich aus mehreren Gebieten fremde Konzepte, was alles vorher gar nicht in Wahlprogrammen drin stand, die Leute wunderten sich doch damals entsprechend. Es gab bei FDP und CDU solche Konzepte gar nicht, der neoliberale Turn der Deutschen wurde bei Reisetätigkeiten zusammengebastelt.

  • Frau Hannemann und Herr Butterwegge sagen im Interview so nahe liegende wie bitter richtige Dinge zu Hartz IV und den (ausbleibenden) Folgen. Frau Nahles wird die solide begründete Kritik an Schröders Erbe sicher gar nicht erst zur Kenntnis nehmen. Das Schlimmste ist die mit dieser Art von „Sozialpolitik“ verbundene Stigmatisierung jener Menschen, die aus was für Gründen auch immer länger als ein Jahr ohne Job bleiben und partout keinen Wiedereinstieg finden, weil sie ja angeblich nicht arbeiten wollen oder können. Dann begründet Arbeitslosigkeit sich selbst.

     

    Es ist etwas off topic, aber ich wüsste gern, ob die taz etwa in den letzten Jahren bewusst eine oder gar mehrere Langzeitarbeitslose eingestellt hat - denn unter jenen gibt es entgegen landläufiger Vorurteile auch sehr gut Qualifizierte und Motivierte. Ich fürchte aber, dass die die taz in ihrem internen Quotenregime zur Stellenbesetzung andere Schwerpunkte setzt.

  • auch wenn mans nicht hören will, seit dem Mauerfall haben sich die Bedingungen für Arbeiter/Angestellte drastisch vrschelchtert, das ganze Loh/Gehaltgefüge brach zusammen,, die Unfähigkiet von Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften eingeschlossen führten eben zu dem Desaster , das wir heute haben, werder Kohl noch Schröder und jetzt Merkel sind fähig eine vernünftige Sozialpolitik zu machen oder gemacht zu haben, wobei man den Herrn Blüm besonders negativ hervorheben muss, der in 16 Jahren als Minister viel Elend übers Volk gebracht hat !

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Im Kontext von Neoliberalisierung wurde wesentlich mehr ausgelagert als nur von den direkten Sozialgesetzen. Das gehört ja gerade zum neoliberalen Turn. Dazu gehört dann auch der Begriff des Neosozialen, den nur noch entrüstete Professoren Sozialer Arbeit verwenden, der treffende Begriff setzt sich nicht durch mit Hilfe des Niedermachens des Begriffes durch Die Zeit, der Fakt dahinter geht auf die Kappe der SPD und auch der Grünen, FDP und CDU hätten sich nicht getraut, das durchzuziehen, leisteten dann allerdings keinerlei Widerstand. In den letzten zehn Jahren sind die Zahlen der Eigentumsdelikte stark angestiegen, die werden auch immer dreister, die Mehrzahl an Einbrüchen findet mittlerweile bei Tageszeiten statt, vor zehn Jahren passierte sowas mehrheitlich noch nachts. Auch da wurde das Klima rauer. Es wird verstehbar, wenn Leute sich unwürdigen Bedingungen illegal entziehen. Unternehmer tun das auf ihre Weise nicht anders. Hartz IV provoziert Kriminalität, besonders durch die Sanktionen und subtile Behandlungen. Warum es keine offizielle Studie zu Hartz IV und starkem Anstieg der Eigentumsdelikte in den letzten zehn Jahren gibt ist schon verdächtig. Wenn alle Langzeitarbeitslosen anfangen würden zu klauen, müsste sich was tun, so viel Platz gibt s im Knast nicht. Politik reizt immer das Zumutbare aus, lassen sich die Leute das alles gefallen, läufts weiter. Für Byung-Chul Han ist Hartz IV ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

  • Hartz IV gilt als Erfindung der Bundesdeutschen aufgrund ihres gewählten Personals. Das Denken haben die Bundesbürger an ihre Regierung übertragen, das Dichten kommt freundlich hinzu. Insofern kann man von Dichtkunst nicht dichter Persönlichkeiten sprechen. Wen schert es, solange man jedem beliebig vormachen kann, daß er mit sich selbst zu kämpfen hat.

  • Der liberal-sozialdemokratische Mini-Mindestlohn von "8,50 Euro-Std." brutto, wird dazu führen, dass Unternehmen -- die bisher mehr zahlten -- bemüht sein werden, die bereits geringen Arbeitslöhne noch weiter abzusenken bzw. bei Neueinstellungen auf dieses geringe Niveau nach unten zu drücken. / Diese Praxis -- der Lohndrückerei -- verfolgen die BDA-Unternehmen auch bei der Anwerbung von (ausländischen) Hochqualifizierten. So auch die Absenkung von Vergütungen für Jungakademiker bei Neueinstellungen. So z. B. von Brutto mtl. 5.000 Euro, auf unter 4.000 bzw. 3.600 Euro. / Eine weitere Möglichkeit der Lohnkostenabsenkung besteht und/oder wird seit Jahren so auch praktiziert, in der Vergabe von qualifizierter Tätigkeit in (weltweiten) Billiglohn-Regionen.

    • @Reinhold Schramm:

      Das hängt davon ab, wie die Wähler reagieren. Die Unions-Mittelstandsvereinigung bezeichnet die 8,50 als Weck des Teufels, verspricht alles daran zu setzen, diese Gesetzgebung zu torpedieren, auflaufen zu lassen. Falls die Wähler dem Einhalt gebieten und derartige Versuche abstrafen, wird der Mindestlohn das Lohnniveau stabilisieren. Doch der Wähler wird die Union weiter stärken. Bitte, bitte, nehmt uns noch das letzte Stück Würde. Bitte liebe Union befreie uns per TTIP von der Demokratie. Alle Macht den Konzernen. So wird es kommen. Niemand wird das aufhalten, es sei denn, die Rot-Grün-Rote Koalition bekommt eine Chance. Deshalb, nur deshalb hat der Bundespräsident die Landesregierung in Thüringen verurteilt. Diese Konstellation ist die EINZIGE Hoffnung die Diktatur des Geldes noch aufzuhalten. Doch teile und Herrsche. Linke und Grüne bekämpfen sich, wo immer sie aufeinander treffen.

      • @mdarge:

        Die Gesellschaft befindet sich in der "Diktatur des Geldes". In der realen Diktatur des Kapitals.

        • @Reinhold Schramm:

          kann mich noch schwach erinnern Lateinunterricht 1955 / Pekunia reget terra!

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @Reinhold Schramm:

          Diktatur? Nein, marktgerechte Demokratie.

          • @10236 (Profil gelöscht):

            Demnach gehören Erbschafts-Millionen und Milliarden zur "marktgerechten Demokratie".

  • Zitat "Und die Grundsicherung müsste bei 500 Euro plus Miet- und Heizkosten liegen."

     

    Auch Frau Hannemann und Herr Butterwege scheinen wohl nicht (mehr) zu wissen, dass Peter Hartz und seine Kommission bereits *vor* der Einführung des Hartz-4 eine Grundsicherung von 511 Euro gefordert hatten. Erst die Politik, insbesondere das Geschacher der CDU/CSU+FDP im Bundesrat, hat diesen Betrag auf damals 346 Euro runtergerechnet. Seit damals hat sich der Hartz-4 Satz um 53 Euro auf 399 Euro ab Anfang dieses Jahres erhöht. Das ist nicht einmal ein Inflationsausgleich, somit hat ein Hartz-4 Empfänger heute weniger Kaufkraft als vor zehn Jahren.

     

    Wenn man den Betrag der Hartz-Kommission zugrunde legt und die Erhöhungen drauf rechnet, müsste man heute mindesten 564 Euro fordern!

    • @John Doe:

      die bekannte Sparpolitik, die auch in Europa greifen soll. Ich frage mich auch immer wieder, wie ich eigentlich davon leben soll - wobei Hartz IV bei mir durch erwerbsminderung auch noch dauerhaft ist.

    • @John Doe:

      Das schreibe ich auch immer wieder, doch niemand interessierts. Wir erinnern uns noch alle an die SPD, die keine Mehrwertsteuererhöhung wollte und dann einer Steuererhöhung über dem CDU-Programm zustimmte.

       

      Diese sozialen Härten kommen von der Union und die Union wird dafür gewählt, hart zu bleiben gegenüber den Bedürftigen. Solange 80% irgendwie Einkünfte haben, wird auf die Alg2-Empfänger runtergetreten bis zuletzt.

       

      Das Phänomen Angela Merkel, jeder fühlt sich von ihr benachteiligt, trotzdem oder gerade deshalb wird sie von allen gestützt. Auch die neuesten Zahlen geben der Union 40%.

  • Peter Hartz ist ein weben Veruntreuung und Begünstigung verurteilter Straftäter, vulgo: Verbrecher. Niemand in diesem Land erhält "Hartz IV". Das heißt Arbeitslosengeld II oder auch Alg II. Dass die entsprechenden Regelungen nicht sozial sind, rechtfertigt noch lange nicht, dass sie mit dem Namen eines Verbrechers belegt werden, was bedeutet, das die Betroffenen Verbrechergeld beziehen.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Joschka Fischer verteidigte kürzlich Hartz IV in der taz mit dem Argument, Rot-Grün habe damals handeln müssen. Die Arbeitslosigkeit wäre mit jedem Monat angestiegen, der Etat aus allen Nähten geplatzt. Was wäre Ihre Alternative zu Hartz IV gewesen?"

     

    Das Schlimmste an HIV, außer natürlich der soziale und ökonomische Abstieg für die Betroffenen, ist die statistische Illusion, dass die Senkung der sozialen Mindesstandards für *mehr* Beschäftigung, oder besser gesagt Arbeit, sorgt. Zumindest bei der nächsten Krise, die nicht eindeutig dem Finanzsektor zugeschrieben werden kann, wird die Versuchung groß sein, Agenda 20XX als Mittel einzusetzen. Keine Geldleistungen (vielleicht 50€ Taschengeld), nur Lebensmittelmarken, Zuweisung von Unterkunft, ohne Wechselmöglichkeit, Zwangsarbeit u.v.m. Vielleicht ist das gesellschaftliche Klima noch nicht so weit. Mit entsprechender medialer Vorbereitung und dem evtl. Rezession/Stagnation in den nächsten 10-20 Jahren, könnte es um 2030 so weit sein.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Noch immer werden die Grünen genannt, wenn um die Hartz-Gesetzgebung geht. Peter Hartz war ein persönlicher Freund Schröders. Wie beim Atom-Ausstieg gab es geheim Vorgespräche mit der Union, von denen die Grünen ausgeschlossen waren. Die Sanktionsmaschinerie, die wir unter Alg2 kennen, wurde erst in den Änderungsgesetzen unter Schwarz/Rot und Schwarz/Gelb beschlossen. Trotzdem sagt eine Göring-Eckardt, sie hätte sich damals geirrt. Hartz war von Anfang an Unionspolitik.

      • @mdarge:

        Nein, das kann man so nicht stehen lassen. Man kann nicht über ALG1 und ALGII (Hartz) -Reformen sprechen ohne die AGENDA 2010, das Werk der cdu-csu-fdp-spd-grüne. Die LINKE forderte 2004 in Deutschland bereits unter anderem einem gesetzlichen Mindestlohn von zunächst zehn Euro und einer vollen Gleichbehandlung von Leiharbeitern. Das hat die hier von Ihnen erwähnte "Sozial"demokratische"

        sozialdemokratische PD" (sPD) in der großen Koalition 2007 noch abgelehnt. In den vergangenen 14 Jahren sind Reformen bei der Einkommensteuer nach demselben Muster vorgenommen worden – zuerst von SPD und Grünen, dann von Union und SPD und schließlich von Schwarz-Gelb. Für Bezieherinnen und Bezieher von niedrigen und mittleren Einkommen gab es bestenfalls Almosen. Demgegenüber durften sich Reiche und Vermögende über zahlreiche kräftige Steuergeschenke freuen – zum Beispiel über die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent unter Rot-Grün und über die von der großen Koalition eingeführte Abgeltungsteuer für Kapitalerträge, die betuchte Kapitalanleger privilegiert. Insgesamt wurde die Schieflage bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen durch die Steuerreformen deutlich vergrößert. Also gerechte Lohn- und Steuerpolitik ist keineswegs sozialdemokratische Politik. Die neoliberale Politik der sPD-cDU-cSU-fDP-Grüne (fast gelb) macht genau das Gegenteil von gerechte Lohn- und Steuerpolitik. Fortsetzung......

        • @Willi:

          ...Fortsetzung: Folgerichtig sind die Umfragewerte: SPD: 23 Prozent (-2,7 Prozent-Punkte gegenüber Bundestagswahlergebnis); CDU/CSU: 42% (+0,5% Prozent-Punkte gegenüber Bundestagswahlergebnis). So das heute präsentierte Umfrageergebnis von Forsa. Das Institut steht allerdings im Verdacht, die SPD regelmäßig zu schlecht wegkommen zu lassen. Aber: Außer Allensbach sehen auch alle anderen Institute die SPD schlechter als zur Bundestagswahl. Und das Bundestagswahlergebnis war ja nun wahrlich kein Wahlsieg. Meine These: Die SPD kann die Menschen immer noch nicht von einem Abschied vom Abschied sozialdemokratischer Politik (Agenda 2010) überzeugen. Warum nicht? Weil sie sich nie davon verabschiedet hat. - See more at: http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2015/01/der-spd-zum-neuen-jahr/#sthash.D5qZYWTc.dpuf

    • @10236 (Profil gelöscht):

      In Zusammenhang mit Hartz IV oder Arbeitslosengeld 2 wird immer von sozialem Abstieg geredet. Der ist ganz klar vorhanden. Aber was spricht gegen einen sozialen Abstieg bei Beschäftigungslosigkeit? Ob jemand nun verschuldet oder unverschuldet langzeitarbeitslos ist, kann man eben bei staatlicher Unterstützung nicht unterschieden werden. Der Staat ist nicht dafür zuständig Gerechtigkeit durch finanzielle Aufwendungen herzustellen. Gerechtigkeit entsteht auch durch ein gemeinschaftliches Denken innerhalb der Gesellschaft selbst. Das ist nicht vorhanden. Abgesehen davon, dass es absolute Gerechtigkeit nur theoretisch gegen kann!

      Abgesichert ist man mit 399,00 (zuzüglich Mehrbedarf) als Alleinstehender. Das kann ich aus eigener Erfahrung ganz gut beurteilen. Das Arbeitslosengeld 2 ist auch nicht dazu gedacht, in den Urlaub zu fahren und ohne Eigenleistung komplett am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Es ist dazu da, dass man davon auf (für deutsche Verhältnisse) niedrigem Niveau leben kann. Das ist gut möglich. Mit wenig Geld ist man nunmal nicht in jeder Gesellschaftsschicht willkommen. Das gleiche gilt aber auch für Geringverdiener.

      • @joeb81:

        Dagegen spricht vor allen Dingen, dass man vorab Menschen, die 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung der BRD eingezahlt haben, die Sicherheit gab, auch weiterhin einen solchen sozialen Standard halten zu können, der es ihnen ermöglicht hat, auch anstrengende, evtl. gesundheitlich anstrengende Jobs auszuüben und nicht in den sozialen Abgrund bei Krankheit zu fallen.

        Es muss zumindest klar unterschieden werden zwischen denen, die erst nach HartzIV in das Berufsleben einstiegen und denjenigen, die aufgrund der damals bestehenden sozialen Ordnung einen entsprechenden Lebensweg gesucht haben, den Hartz zerstört hat.

        • @Age Krüger:

          Genau das spricht für Hartz. Kohl hat in der Vereinigung den Jahrzehnte funktionierenden sozialen Frieden zerstört. Dazu hat er nur zwei Dinge gebraucht: erstens den Umtausch von 1:1 (1:2) und dann die Treuhand.

           

          Keiner aus dem Osten hatte in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Auch sonst wurden die Sozialkassen (Kranken-, Pflegeversicherung) als Verschiebemasse missbraucht.

           

          Die Grünen hatten Rosinen im Kopf, als sie über Alg2 abstimmten. Es sollte zwischen der Arbeitslosenversicherung zumindest aber deutlich über der alten Sozialhilfe liegen. Die CDU hatte von Anfang an gefordert Alg2 solle unter der Sozialhilfe liegen, von der FDP gab es den Vorschlag das Geld solle nur die Hälfte des Lebensnotwendigen decken.

           

          Weiter war Hartz als reine Geldleistung gedacht. Etwa ein Drittel des Haushalts steht für Soziales zur Verfügung geteilt durch die Anzahl der Bedürftigen macht den Regelsatz. Erst später wurde dann mit einem Warenkorb überprüft, ob das überhaupt passt. Auch hier hatte die Union andere Pläne. Sie forderte massiv Sachleistungen. Für Asylbewerber und in besonderen Fällen gibt es die jetzt tatsächlich. Das ist allerdings eine Abweichung von den Hartz-Plänen. Peter Hartz hat sich bekanntlich von der nach ihm benannten Gesetzgebung distanziert.

           

          Ein ganz wichtiger Punkt ist fördern und fordern. Unter Rot/grün haben das damals einige geglaubt. Heute dient Alg2 der Selektion. Wer jung und gebildet ist, bekommt eine zweite Chance. Wer lange Zeit ohne Job ist, kommt in die Maßnahmen-Mühle. Nur wer sich seinem Case-Manager widersetzt und selbst einen Job sucht, kommt da wieder heraus. Manchmal werden diese Eigeninitiativen sogar aktiv behindert. Denn wer einmal raus ist, soll dem Arbeitsmarkt fern gehalten werden. Diese Trennschärfe wird immer weiter optimiert.

          • @mdarge:

            Millionen-HartzIV-Bezieher – geht auf die Strasse!!!

            Genauer –– zieht vor's Ministerium für Arbeit und Soziales !

             

            Demonstriert gegen all die vorliegenden Hartz-IV-Missstände und zeigt mal einer Frau Nahles, wie man von 399 € mtl. REINEM LEBENSUNTERHALT für ALLES (= Lebensmittel, Haushalts- und Gebrauchsgüter, gesamte Stromkosten, Tel./DSL. Hinzu kommen Friseur, immer einzukalkulierende Ersatzbeschaffung defekter (Haushalts-)Geräte, ggfs. Kfz- Kosten (Steuern, TÜV, Sprit, Reparaturen...),

            noch Geld für die Teilhabe am sozialen Leben (sprich VHS-Kurs, Theater, Kino etc.) übrig sein "sollte":

            –– nämlich "nix"! ––

             

            Das nennt man BEWUSST AUSGEGRENZT ! Und sollten Sie tatsächlich auf die Idee kommen, Frau Nahles, bei nicht zu übersehenden steigenden Betriebskosten auch noch an einer Übernahme von Nebenkostenabrechnungen "zu feilen" in dem Sinne, nicht mehr alles zu übernehmen (=Bruttowarmmiete), dann sei ihnen persönlich ab sofort ein Gehalt (reine Lebenshaltungskosten) von 399 € zu wünschen !

             

            Es wird Zeit, dass Hartz-IV-Empfänger

            einen Gegenpol bilden und gemeinsam für entsprechende Petitionen eintreten. –– Gegen Machenschaften

            von Frau Nahles. ––

            Der Mindestlohn ist ebenso lächerlich im Vergleich zu europ. Mitglieds-staaten und in Bezug auf Langzeitarbeitslose!

             

            Wir brauchen wieder ordentliche Demos! Und zwar mit vielen, die das gleiche denken. –– Geht auf die Strasse!