Neuer Protest in der Türkei: Dutzende Demonstranten in Haft
Nachdem ein 15-Jähriger an den Folgen seiner Kopfverletzung starb, flammen die Proteste gegen Erdogan wieder auf. Die Polizei greift hart durch.
ISTANBUL ap/dpa | Nach dem Tod eines vor neun Monaten am Kopf verletzten Jugendlichen in der Türkei haben sich Demonstranten heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Hunderte Menschen warfen am Dienstag in Ankara und Istanbul mit Steinen und Flaschen auf Sicherheitskräfte. Binnen weniger Stunden weitete sich der Protest auf mindestens neun weitere Städte aus. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse ein.
Die türkische Polizei nahm erneut Dutzende Menschen fest. In Istanbul hätten Beamte in der Nacht zum Mittwoch elf Demonstranten, in der Stadt Samsun 20 Protestierer in Gewahrsam genommen, berichtete die türkische Tageszeitung Radikal am Mittwoch. Aus mehreren weiteren Städte sei eine größere Zahl von Festnahmen bekannt.
Der 15-jährige Junge starb in einem Krankenhaus an den Folgen seiner schweren Kopfverletzung, wie seine Familie mitteilte. Damit erhöhte sich die Zahl der Toten bei den Protesten im Sommer auf mindestens acht, darunter ein Polizist.
Der Junge war von einem von der Polizei abgeschossenen Behälter mit Tränengas am Kopf getroffen worden. Seitdem lag er im Koma. Er war auf dem Weg zu einem Geschäft in die Proteste verwickelt worden. Einige Polizisten waren zu dem Fall befragt worden. Bislang wurde noch niemand zur Verantwortung gezogen.
Der Protest gegen die Regierung war am 31. Mai ausgebrochen. Die Polizei ging scharf gegen Demonstranten vor, die gegen das Niederreißen eines zentralen Parks in Istanbul waren. Das löste schnell landesweite Demonstrationen aus. Die Regierungsgegner forderten mehr demokratische Freiheiten. Zudem kritisierten sie den ihrer Ansicht nach zunehmend autoritären Regierungsstil von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Rund drei Millionen Menschen nahmen nach Polizeiangaben an den Protesten von Mai bis September teil. Rund 8.000 Menschen wurden Menschenrechtsorganisationen zufolge verletzt. Viele Verletzungen wurden durch direkte Treffer von Tränengas-Kanistern verursacht, die mit hoher Geschwindigkeit aus naher Entfernung abgefeuert worden waren.
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