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Kolumne Deutsch-Sowjetische FreundschaftHort des Schreckens

Kolumne
von Markus Völker

Doppeltoiletten, Straßenköter, Nacktscanner, FSB und kolorierter Dreck. Unsere Auftakt-Kolumne aus Sotschi verspricht spannende Wochen.

Bestes Wetter in Sotschi zum Skaten Bild: ap

S OTSCHI taz Vor den Winterspielen von Vancouver gab es Warnungen vor Bettwanzen und Drogensüchtigen auf der Straße. Sotschi ist im Vergleich zur kanadischen Metropole ein viel größerer Hort des Schreckens. Mal abgesehen von Putins Bombast-Rock, den er im wärmsten Ort Russlands hat spielen lassen, und seiner Schwulophobie, geisterten schon Tage vor Olympia Bilder von Doppeltoiletten durchs Netz. Und von schlimmen Hotelzimmern. Aber dazu später.

Auf den Doppelaborten kann man also ohne Trennwand zusammen scheißen. Implizit stand die Frage im Raum: Ist das in Russland überall so? Dann tauchten Schnappschüsse von engen und viel zu kurzen Betten im Olympischen Dorf auf. Man fragte wieder: Können Athleten, die in solchen Kojen liegen, überhaupt Leistung bringen? Sotschis Straßenköter und die vielen Schlammlöcher auf dem Olympiagelände werden auch gern abgelichtet. Sie kreisen im Netz als Dokumente olympischer Abgefucktheit.

Gestern kam ich dann auf dem Flughafen von Sotschi-Adler an. Und wieder geisterten mir Bilder durch den Kopf. Szenarien von Überwachung, Durchleuchtung, von Kästen mit Röntgenblick. Das lag nicht etwa am langen Flug mit zweimal Umsteigen. Auch nicht an einem Besuch im Nacktscanner auf der Zwischenstation Moskau-Domodjedowo oder russischem Convenience Food, nee, sie haben hier am Flughafen von Sotschi Geräte zur Gesichtserkennung installiert - von der Firma Artec ID. „Broadway 3D“ heißen diese Scanner.

Selbst mit Sonnenbrille und Hut kann die „High-End-Lösung zur maschinellen Gesichtserkennung“ jeden rausfiltern. Angeblich werden nur Flughafenmitarbeiter erfasst, aber wer kann das schon sicher sagen. Womöglich nimmt es Putin nicht so genau mit den Regeln? Könnte doch sein, oder?

Sich abchecken lasen

Nachdem ich also professionell erfasst, nackt gescannt war und auch vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB ein blaues Einreisekärtchen bekommen hatte, suchte ich den Einstieg ins olympische Raumschiff, das in den Sümpfen des Iremetinischen Tals gelandet ist. So einfach kommt man nicht hinein, man muss sich halt wie immer bei Großereignissen abchecken lassen.

Ich sah auf meinem Weg zum Hotel ein Dutzend Polizisten und einen Kosaken mit dieser komischen Fellmütze, die, so steht es im Netz, Papacha heißt. Ich sah drei Straßenköter, ein paar Zivile freilich auch. Mein Bus kurvte über ein Geflecht von Hochstraßen, auf denen viel Blaulicht zuckte. Sah aus wie Schanghai, war aber doch nur Sotschi.

Mein Hotel, Russkij Dom, liegt in der Zone. Es gibt hier sehr viel Zäune. Es ist immerhin fertig geworden. Das ist das einzig Positive, was sich von diesem architektonischen Alptraum sagen lässt. Drumherum ist noch immer viel Schlamm und Dreck. Man hat mit grüner Farbe gearbeitet, um den Dreck zu kolorieren. Zur Show wurden ein paar Bäumchen gepflanzt. Die Russen wussten seit 2007, dass sie heuer die Spiele veranstalten. Aber sie haben sich Zeit gelassen, sehr viel Zeit.

Ein Reporter von der Washington Post hat schon die einzig wahre olympische Disziplin für Sotschi ausgemacht: Mud Wrestling, also Schlammcatchen. Bei aktuell sonnigen 10 Grad plus könnten das Hartgesottene sogar im knappen Anzug machen.

Man will wieder weg

Das Russkij Dom ist kein Hotel im herkömmlichen Sinne. Es gibt in diesem Ensemble des Horrors mehrere Gebäudekomplexe, die man zu besuchen hat. Rezeption, Frühstückssaal und der eigene 6-Quadratmeter-Verhau sind jeweils in verschiedenen Blocks, deren Stil sich immer gleicht: hingemurkster postsowjetischer Schrott-Eklektizismus. Die Blöcke tragen die funkelnden Namen Ametist, Saphir oder Malachit, und stehen doch nur exemplarisch für ein olympisches Missverständnis. Alles ist neu, aber schon wieder so ranzig, dass man hier eigentlich nicht sein möchte.

Von den Neubauten geht eine markerweichende Sterilität aus. Journalisten fühlen sich kaserniert, in eine Gated Community eingepfercht. Was Olympstroj, der staatliche russische Baukonzern, da in den Schlamm gesetzt hat, kommt so völlig ohne Charme daher. So baut man, wenn man eine lästige Pflicht erfüllen muss. So ist ein Provisorium entstanden Aber vielleicht trägt das Russkij Dom, in dem es nach Latexfarbe und Mörtel riecht, in dem die Glühlampen fehlen, bisweilen Dreck in den Ecken liegt und auch der Fernseher nicht funktioniert, seinen Namen ja zu Recht: Es ist ein russisches Haus in Putins olympischem Dystopia.

Fehlende Gullideckel, unbrauchbare Toiletten, Straßen aus Schlamm: Eine Auflistung der Probleme Sotschis findet sich unter //twitter.com/ProblemsSochi:twitter.com/problemssotchi.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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15 Kommentare

 / 
  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    So ist das eben, wenn aus den Oympischen Winterspielen Putin's Spiele werden. Sportlicher Wettkampf im korruptesten Land der Erde. Viel Spaß! Der fängt beim Aufenthalt schon an.

  • Man, scheiße ey,

    in der Printausgabe ist alles voller Putin-Fotos!

    Oa nee!

    Wer ist das überaupt?

     

    Und warum sind eigentlich in der Taz-Nord überhaupt keine Putin-Fotos?

  • G
    Gerhard
    Kommentar entfernt. Bitte begründen Sie Ihre Kritik.
    • S
      Stev
      @Gerhard:

      Na liebe taz, das müssen wir nochmal üben mit Rechtschreibung und so. Kenntnisse hinsichtlich Funktionsweise einer Löschtaste allein bringen`s noch nicht.

      @"Hort des Schreckens": Der nächste Artikel zu Sotschi dann unter: "Das Herz der Finsternis"? Na dann gruselt euch mal schön.

  • A
    alivenkickn

    den, ich meine das finde ich auch . . . gez wolfgang kapunkt . . .

     

    herr kantor

     

    natürlich sind wir seltsam. und einzigartig, eigensinnig und manchmal auch anders. wär ja auch noch schöner wenn wir alle gleich wären. die gleichmacherei haben wir g´tt sei dank hinter uns. wo die uns hingeführt hat ist hinlänglich bekannt.

    • @alivenkickn:

      mit oder ohne clodeckel??!

  • bleibt doch zuhause... oder bringt den clodeckel mit nach russland. ihr deutschen seit ein seltsames volk, echt.

    • JI
      Jana Ina
      @Tadeusz Kantor:

      Könntes du deinen Pauschalangriff gegen ein ganzes Volk bitteschön mit Argumenten begründen, meine lieber Genosse - oder fühlst du dich als Putin-Untergebener nur dazu berufen, deinen lieben Diktator zu verteidigen?

  • Hier habe ich das Gefühl, der Artikel wäre nicht fertig gewor

  • KL
    korrekter link
  • K
    Korrektor

    Twitter-Link ist falsch:

     

    https://twitter.com/ProblemsSochi

  • G
    gast

    ok, das war es jetzt mit dem "großen linken Nachrichten - Portal". da kann ich ja gleich die Welt lesen. Wiedersehen

  • R
    reblek

    "Rezeption, Frühstückssaal und der eigene 6-Quadratmeter-Verhau sind jeweils in verschiedenen Blocks..." - Nein, ganz sicher "jeweils in einem verschiedenen Block".

    • R
      Reblek-Korrektor
      @reblek:

      "Rezeption, Frühstückssaal und der eigene 6-Quadratmeter-Verhau sind" "jeweils in einem verschiedenen Block" "..." - Auch "Nein", ganz sicher dann aber "jeweils in einem anderen Block".

       

      Ich fand die Originalversion irgendwie auch gut.

  • M
    Martin

    als ich Ihren gruseligen Artikel las und und das dann zusammenpacke mit den bisherigen Infos über diese Olympiade von taz und aus TV, kann ich es kaum fassen, dass nicht mal ein mutiger Ex-Sportler oder -Funktionär einen weltweiten Shit-Storm lanciert, um diesen verkommenen Olypischen Geist mal endgültig in den (antiken) Orkus schickt.

    >> Korruption, um den Austragungsort;

    >> Zerstörung der Umwelt;

    >> mit Milliarden gepflasterte Straßen;

    >> vertriebene Einheimische;

    >> verschiedene Nationen geben ihren Sportlern aus Terror-Angst Hausarrest im Hotel (etwa so eines,wie oben beschrieben?)

    >> USA weist ihre Leute an, nicht in erkennbarer Sportkleidung raus zu gehen;

    usw, usw ..ob man wohl der fetten Bach´schen Funktionärsfresse in den nächsten Tagen mal das Wissen darum ansieht----