Nazis wollen nicht mehr marschieren: Kapitulation in Dresden
Der braune Aufmarsch ist Geschichte. Aus Angst vor Blockaden melden die Nazis nur noch eine Kundgebung an – doch auch die ist fraglich.
BERLIN taz | Die Veranstalter des ehemals größten deutschen Nazi-Aufmarsches in Dresden haben kapituliert. Statt einer Demonstration, wolle man in diesem Jahr nur eine Kundgebung abhalten, heißt es in einer am Montag veröffentlichen Nachricht des rechtsextremen „Aktionsbündnisses“. „Die Erfahrungen der vergangenen Jahre machen deutlich, daß (...) ein Aufzug auch 2014 unmöglich gemacht werden wird.“
Seit 1999 mobiliseren die Nazis jährlich zu einem regionalen Aufmarsch zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13. Februar, und bis vor drei Jahren teilweise noch zu einem bundesweiten Aufmarsch am Samstag darauf. Seit der ersten erfolgreichen Blockade durch Antifaschisten im Jahr 2010 gelang es den Geschichtsrevisionisten in keinem Jahr mehr auf der gepplanten Route durch die Stadt zu ziehen.
Die Nazis wollen nur noch eine stationäre Kundgebung auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche durchführen, vermutlich um sich eine erneute Schmach zu ersparen. Wie die Dresdner Neuesten Nachrichten berichten, steht aber auch dieser Plan infrage. Die Kundgebung könnte gegen das sächsische Versammlungsgesetz (pdf) verstoßen, das ein Verbot von Demonstrationen an historisch herausragenden Orten ermöglicht. Stadtsprecher Kai Schulz bestätigte der Zeitung die Anmeldung des rechten Bündnisses: „Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, steht noch nicht fest“, so Schulz.
Die Anmelder rechnen derweil mit einer rechtlichen Auseinandersetzung: „Entsprechende Klagen vor den Verfassungsorganen“ seien bereits anhängig, schreiben sie. Wie DNN-Online berichtet, seien jedoch noch keine Klagen beim zuständigen Verwaltungsgericht eingegangen.
Das antifaschistische Bündnis „Dresden Nazifrei“ mobilisiert auch in diesem Jahr zu Protesten nach Dresden und hat unter dem Aufruf „Wieder setzen! Nazis blockieren!“ angekündigt, den Nazis erneut keinen Raum zu geben. Daran hält es auch nach dem Rückzieher des rechten Bündnisses fest. In einer ersten //www.facebook.com/dresden.stellt.sich.quer?fref=ts:Stellungnahme auf facebook heißt es: „Wir werden die Nazis blockieren, egal wo sie anmelden“.
Durch die Blockaden der vergangenen Jahre hatte die Attraktivität des Aufmarsches in der rechten Szene immer weiter abgenommen. Während im Jahr 2009 noch rund 6.000 Nazis durch die Stadt zogen, hatte die Veranstaltung im vergangenen Jahr nur noch 500 Teilnehmer. Als „Trauermarsch“-Alternative hat sich dagegen Magdeburg etabliert, wo am vergangenen Samstag circa 1.000 Nazis das Gedenken an die Bombardierung der Stadt für ihre Zwecke missbrauchten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung