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Korruptionsaffäre in der TürkeiFinanzfahnder zu Verkehrspolizisten

So lässt sich der Ermittlungsdruck wegen der Korruptionsvorwürfe auch senken: Premier Erdogan versetzt über Nacht Hunderte Beamte.

Auf der Straße soll die Polizei gegen Demonstrierende in Istanbul tätig werden, nicht aber gegen korrupte Politiker. Bild: reuters

ANKARA afp/ap | Als Reaktion auf die Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erneut mehrere Hundert Polizisten versetzen lassen. Allein in der Hauptstadt Ankara wurden nach Berichten verschiedener Medien und der amtlichen nachrichtenagentur Anadolu vom Dienstag 350 Beamte ihrer Posten enthoben, darunter ranghohe Mitglieder der Abteilungen für Terrorbekämpfung sowie für Finanz- und organisierte Kriminalität.

Die private Nachrichtenagentur Dogan schrieb, die Betroffenen seien als Verkehrspolizisten in Reviere außerhalb der Stadt versetzt worden. In anderen Provinzen wurden weitere 250 Polizeibeamte versetzt. Unterdessen erhob die Opposition neue Korruptionsvorwürfe gegen zwei Ex-Minister im Kabinett Erdogan.

Mehrere Nachrichtensender und Online-Medien berichteten, die Versetzungen seien überraschend mitten in der Nacht zum Dienstag angeordnet und sofort vollzogen worden. Insgesamt sind seit dem Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung am 17. Dezember mehr als tausend Polizeibeamte ausgetauscht worden.

Mit den Veränderungen reagiert die Regierung auf die Tatsache, dass sie von den Korruptionsermittlungen nicht vorab informiert wurde. Laut Medienberichten tobt hinter den Kulissen ein Machtkampf zwischen der Erdogans regierender Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Diese soll besonders in Justiz und Polizei über Einfluss verfügen. Erdogan sieht hinter dem Skandal eine Verschwörung, um seine Regierung kurz vor den Kommunalwahlen am 30. März zu schwächen. Am Wochenende warf er der Justiz einen Putschversuch vor.

Istanbuler Staatsanwälte hatten im Dezember mehrere Dutzend Verdächtige festnehmen lassen, darunter ranghohe Politiker und Wirtschaftsführer aus dem Umfeld Erdogans. Auch gegen die Söhne von drei Ministern wurden Ermittlungen eingeleitet, woraufhin Erdogan im Zuge einer Kabinettsumbildung die Minister austauschte. Bei dem Skandal geht es unter anderem um die Bestechung von Politikern, um illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit dem Iran zu verheimlichen, sowie um illegale Bauvorhaben.

In Ankara veröffentlichte der Oppositionspolitiker Levent Tüzel am Dienstag zwei parlamentarische Anfragen an Erdogan, die sich mit neuen Korruptionsvorwürfen gegen ehemalige Minister befassen. Laut Tüzel stehen die ehemalige Familienministerin Fatma Sahin und Ex-Europaminister Egeman Bagis im Verdacht, in ihren früheren Tätigkeitsbereichen Aufträge unter Umgehung der Vorschriften an ausgewählte Firmen vergeben sowie Verwandten, Bekannten und AKP-Anhängern illegal Posten verschafft zu haben.

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5 Kommentare

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  • AH
    Axel Hüpfer

    Die private Nachrichtenagentur Dogan, also Axel Springer schrieb!!

    Danke liebe TAZ das Sie nun Axel Springer als Vorbild sehen!

  • L
    lowandorder

    Tu felix turkia

     

    - die Frankfurter Finanzsheriffs

    hätte man glatt psychiatrisieren müssen;

    weil sie sich nicht wegbefördern ließen.

     

    Also - Erdogan - da ist noch Luft nach oben.

    Allah sei Dank.

  • K
    Kawabunga

    Lieber Santaclaus, vielmehr dürfte es sich wohl um einen einen türkischen Bereitschaftspolizisten mit einer Waffe handeln, die entweder Pfefferspraykügelchen, Gummikugeln oder in der Tat Markierungskugeln verschiesst, um Demonstrierende leichter ausfindig zu machen.

     

    Vielleicht ist das aber auch nur ein Provokationsversuch Ihrerseits.

     

    Hochachtungsvoll,

  • G
    gast

    Besser als arbeitslos sein. Dann können die Polizisten wenigstens nicht aufs Volk eindreschen.

     

    Ja ja dieser Fethullah Gülen scheint enorme Macht zu haben.

  • S
    SantaClaus

    Das Bild ist wohl sehr unpassend.

    Denn es zeigt, sofern ich mich nicht irre, einen Paintball-Spieler mit seinem "Markierer". Das hätte dann herzlich wenig mit der Thematik zu tun...

    Außer die türkische Polizei hat ihre Taktik eklatant geändert