Anti-Rape Crowdfunding-Aktion: Keuschheitsgürtel reloaded
Ein sicheres Gefühl durch Anti-Vergewaltigungs-Unterwäsche? Das Projekt ist Überzeugten jedenfalls schon mehr als 50.000 US-Dollar wert.
Das erste Date, eine berauschte Clubnacht, die Reise in ein fremdes Land – alles riskante Situationen, in denen sich eine Frau vor potenziellen Vergewaltigern in Acht nehmen muss. Das zumindest suggeriert das New Yorker Modelabel AR Wear in einem Spot, mit dem es auf der Fundraising-Plattform Indiegogo um das nötige Kleingeld für die Produktion seiner Anti-Rape Underwear wirbt.
Ja, richtig übersetzt: Anti-Vergewaltigungs-Unterwäsche. Die sollen sich Frauen zu- und anlegen, damit ihnen keiner ungefragt an die Wäsche gehen kann.
An den Unterleibern von zierlichen Models wird demonstriert, dass sich der Slip durch zerren und schneiden nicht entfernen lässt, weil der besondere Stoff absolut reißfest und zugleich hip und bequem genug für die Clubberin von heute ist. Zudem gibt es einen besonderen Knopf am Bund, dessen Drehmechanismus die Benutzerin selbst bestimmt, indem sie aus 132 Möglichkeiten auswählt.
Zwangsläufig stellt sich die Frage, ob sexuelle Gewalt allein auf das Entfernen einer Unterhose zu reduzieren ist. Und ob die Kohle nicht besser bei Sensibilisierungskampagnen angelegt wäre, die ausnahmsweise mal nicht die Verantwortung beim Opfer suchen.
Empfohlener externer Inhalt
Offenbar aber greift das Versprechen der Konstruktion: Die Crowdfunding-Aktion für AR Wear hat ihr Ziel von 50.000 US-Dollar innerhalb eines Monats erreicht und kann auf genügend Käuferinnen für den modernen Keuschheitsgürtel hoffen, die sexuelle Gewalt als individuelles Problem begreifen.
Der Mythos um den Keuschheitsgürtel als Kontrollinstrument für einsame Ehefrauen im Mittelalter wurde übrigens längst widerlegt. Bewiesen ist hingegen, dass er von englischen Dienstmädchen im 19. Jahrhundert getragen wurde – zum Schutz vor Vergewaltigungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies