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Kolumne Luft und LiebeDem Bestehenden den Arsch pudern

Feminismus endet auf „–ismus“ und ist deswegen ideologisch. Klar. Wie viele andere Dinge auch. Journalismus und so.

„Hat sie ‚Kacknasen‘ gesagt?“ – „Kann ich mir nicht vorstellen.“ Bild: dpa

F eminismus abzulehnen, weil er ein „Ismus“ ist, ist eine anrührend dämliche Haltung, aber leider mindestens so weit verbreitet wie Herpes, Katzenallergien und Dummheit.

Sogar die Besten der Besten, meine lieben Onlinekommentatorinnen und -kommentatoren, meine Herzchen und Musen und Per-Klicks-und-VG-Wort-Kleinmäzene, sogar die fallen darauf herein. Manchmal sagen sie, „Feminismus ist wie Maskulinismus sexistische Kackscheiße“ oder eine „menschenverachtende Ideologie“, dann wieder sehen sie „keinen Unterschied zwischen Islamisten und Feministen“ und finden: „Für mich können sich Feministen in die lange Riege der sonstigen Isten einreihen. Passend dazu Sexisten, Islamisten, Anarchisten und Faschisten.“

Da haben sie natürlich durchaus gut aufgepasst: Es enden so einige widerwärtige Dinge auf „-ismus“. Rassismus, Terrorismus und so. Vielleicht haben meine Musenherzchen das schon in der Schule gelernt und sich dann so lange gemerkt, bis jetzt, wo sie alt und hässlich sind.

Bild: taz
Margarete Stokowski

ist Autorin der taz. Sie liest auf verschiedenen Berliner Lesebühnen und twittert als @marga_owski.

Und weil die zwei Synapsen, die „Scheiße“ und „-ismus“ in ihren Köpfen verbinden, die einzigen sind, die noch funktionieren, sind sie auf die besonders stolz. Und wo sie nicht überall recht haben! All die Ideologien. Nationalsozialismus. Islamismus. Kapitalismus. Satanismus. Kannibalismus. Alkoholismus. Dogmatismus. Vandalismus. Totalitarismus. Patriotismus. Egoismus. Monotheismus. Föderalismus. Syllogismus. Heliozentrismus. Pazifismus. Konformismus. Nonkonformismus. Anglizismus. Buddhismus. Pluralismus. Surrealismus. Optimismus. Organismus. Zynismus. Und Journalismus.

Man könnte das jetzt sortieren und sagen, das eine sind Weltanschauungen, das andere Kunstformen, und der Rest ist Wurzelgemüse und Sonstiges, aber ach, das wäre Intellektualismus und Perfektionismus und Wikipedia.

Netter Versuch, das mit dem ismenfreien Leben, funktioniert leider nicht. Diese Haltung, die Feminismus wegen des „-ismus“ ablehnt, ist argumentativ billig und kristinaschröderesk: jeder Ismus ein Extremismus. Und mit dem will man sich bloß nicht gemein machen. Sich nicht auf eine Seite stellen, denn es könnte ja jemand auf der anderen stehen. Und dann müsste man erklären, warum man auf der einen steht, und vielleicht ist es ja auf der anderen viel angenehmer oder sonniger oder es gibt Treueherzen.

Und wenn es nicht ein Neologismus wäre, könnte man diese Leute „Antiismenisten und Antiismenistinnen“ nennen, aber der Einfachheit halber können wir auch „Pfeifen“ sagen, oder „selbstgerechte Kacknasen“.

Asoziale Pfeifen, die sich in einem ideologiefreien Leben wähnen und damit bloß dem Bestehenden den Arsch pudern. Es geht ihnen gut, mit dieser Ismen-Ablehnung, es ist gemütlich in dieser beigefarbenen, lauwarmen Gleichgültigkeit, in der sie sagen, es ginge „um den Menschen“, also eigentlich nur um sie selbst. Diese ekelhafte Mitte, in der alles so bleiben soll, wie es immer schon war. Sie wollen nicht nur für nichts kämpfen, sie wollen auch, dass andere nicht kämpfen.

Musenherzchen, ihr riecht nach Verwesung.

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Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
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32 Kommentare

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  • L
    leser

    Liebe Frau Stokowski,

     

     

     

    wenn Sie mir erklären können, was Sie unter Feminismus verstehen, dann werde ich gerne auch in der Öffentlichlkeit in Bezug auf Sie bekennen, ob ich ein Feminist bin oder nicht. Das allerdings wahrscheinlich nur, wenn ich nicht vorher zu vielen Fäkalismen ausweichen muss. Dafür bin ich denn doch zu schöngeistig.

  • C
    Christian

    Klar: Nur auf die Endung abzustellen wäre Blödsinn.

     

     

     

    Aber gerade im Genderfeminismus gibt es ja genug andere Gründe, etwa die dort immer wieder anklingende Frauenfeindlichkeit, die Mißachtung anderer Wissenschaften und die Verankerung in einem unwissenschaftlichen Poststrukturalismus

  • U
    Ungläubiger

    Liebe Frau Stokowski,

     

     

     

    ich lese gerade in dieser neuen tollen Erfindung von taz.de, die in meinem Browser nur "Autor byID" genannt wird – übrigens eine großartige Verbindung aus Deutsch und Englisch und Abkürzung – und wundere mich, wieso mir Ihre Texte vorher noch nicht aufgefallen sind. Angefangen hat es mit der Kolumne Luft und Liebe mit dem schönen Titel "Dann kackt doch in den Wald" und nun lese ich mich Stück für Stück durch das Archiv Ihrer Texte auf taz.de. Übrigens habe ich heute zum ersten Mal für einen Artikel hier gezahlt. Und dann auch noch einen ganzen Euro, was mir, wenn ich daran denke, dass ich die taz bereits abonniert habe und im Abo eine ganze Zeitung für Eineneuronochwas bekomme, recht viel erscheint.

     

    Worauf ich hinaus will: Vielen Dank! Für informative, lustige und einfach schön lesbare Texte, die mir Kurzweil und, wie ich hoffe, auch Erkenntnis bringen. Ich frage mich, warum hier kaum jemand kommentiert. Es sind oft Aufregerthemen, Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und hauen Ihren Musenherzchen (sehr schön!) alles mögliche um die Ohren. Genau das, was ich von einer Kolumne erwarte und genau das, was ja auch viele Mitmenschen dazu bewegt jeden Text zu trollen, den Herr Yücel bringt.

     

    Machen Sie weiter so, lassen Sie sich bitte nie von Ihrer schönen Art zu schreiben abbringen!

     

     

     

    Herzliche Grüße,

     

    J.V.

  • A
    Abraxas

    "Es geht ihnen gut, mit dieser Ismen-Ablehnung, es ist gemütlich in dieser beigefarbenen, lauwarmen Gleichgültigkeit, in der sie sagen, es ginge „um den Menschen“, also eigentlich nur um sie selbst."

     

    Und um wen genau geht es noch mal einer Feministin, wenn nicht um sie selbst?

  • B
    barbara

    Schöner Artikel. Danke :)

  • R
    renee

    Nichts anderes zu lesen als Beledigungen und ein leeres Gebrabbel über eine Endsilbe. Ich als Feministin bin die meiste Zeit damit beschäftigt, "den" Feminismus vor solchen Gören zu schützen und wegen ihnen zu rechtfertigen...

     

    Danke für nichts, MArgarete!

  • J
    Janik

    taz mal wieder auf Schülerzeitungsniveau.

  • E
    ennui

    @ Arbeitertochter,

     

    ".... (!) worin eigentlich Ihr Beitrag zur feministischen Debatte besteht. Ich konnte den leider noch nicht entdecken."

     

    Ehrlich nicht‽ Dann lesen Sie doch bitte z.B. mal hier:

    https://www.taz.de/Vergewaltigung-in-Indien/!108241/

    Exzerpt:

    »»»

    Mein erster Impuls ist auch, sie alle von Hand zu kastrieren, mit einem rostigen Teelöffel, langsam und qualvoll.

    «««

     

    Ja(!): "ernsthaft" – Stokowskismus vom Allerfeinsten!

  • A
    Arbeitertochter

    Erschreckend flaches Niveau, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Auf diese Weise lässt sich noch nicht mal ein Blumentopf gewinnen.

     

    Bitteschön, auf ein Neues: zitieren Sie Goethe, gehen Sie mit Ihrem Hund Gassi, kaufen Sie Blümchenkleider und Spitzen-BHs und kochen Sie Marmelade, schreiben Sie darüber - und dann überlegen Sie mal ernsthaft (!) worin eigentlich Ihr Beitrag zur feministischen Debatte besteht. Ich konnte den leider noch nicht entdecken.

  • F
    fred

    Pflaumenmus!

  • T
    tazitus

    Das diagnostizierte "beigefarbenes Frühwahnsystem" ist geschlechtsneutral und kann auch im jedem Alter auftreten.

  • E
    ennui

    Reinster Stokowskismus – wurde dereinst zum Synonym für: ‘hohles R-a-umgesülze’; eine andere Form des "zwei Synapsen"-"„Scheiße“ und „-ismus“".

    In der taz gibt's nur noch Jobs für Mental-Ephemeriden (Eintagsfliegen)‽

  • A
    AufEineSeiteStellen

    @Felix "Kristina Schröder ... weggemobbt" kurz habe ich Hoffnung geschöpft und nach Breacking News gesucht. Weniger Harmlosigkeit täte dem Amt gut.

     

    @Frau Stokowski: ich les Dich gern.

  • T
    tazitus

    Da entscheide ich mich doch für den Optimismus.

     

    Heut seh ich nur das Heitere

    und spare mir das Weitere.

    (Das Grau am Himmel ist viel heller als gestern.)

     

    Werte Margarete, Sie sollten das Wort "dämlich" meiden. Es könnte von Anhängern des Karnevalismus falsch interpretiert werden.

  • HO
    Hotel Ostoria

    "Gegen den aktuellen Feminismus sein hat für mich auch was damit zu tun, eine Menge an erfreulicher Weiterentwicklung verschlafen zu haben."

     

    Die da wären? Kaltschnäuzig beibehaltene Väterdiskriminierung. Aushebelung des aktiven und passiven Wahlrechts für Männer durch §16 BGleiG? Nach Geschlecht geteiltes Recht auf körperliche Unversehrtheit (Beschneidungsgesetz)? 25 Jahre innerparteiliche Frauenquote bei der SPD?

    Letztere müsste - glaubt man den Heilsversprechungen diverser Nistinnen - die nächste Bundestagswahl nicht nur mit einer Kanzlerkandidatin, sondern auch mit absoluter Mehrheit für sich entscheiden. Stattdessen eklatanter Mitgliederschwund und visionslose Brässigkeit und demzufolge auch aktuell gerademal 22% Wählerpotential. Gute Nacht deutsche Sozialdemokratie.

    Soviel zum verschlafen.

  • R
    ReVolte

    Vom Artikel bleibt mir nur Feminismus und „selbstgerechte, nach Verwesung müffelnde Kacknasen" in Erinnerung.

  • JI
    Jusuf Islam

    ...dann wieder sehen sie „keinen Unterschied zwischen Islamisten und Feministen“...

     

    Ja, zu behaupten, es gäbe keinen Unterschied zwischen Feministen und Islamisten ist natürlich falsch. Islamisten haben Symphatisanten!

  • UZ
    und zu

    Ein sehr angenehmer Gegenpol zur letzten Kolumne, diesmal nämlich ein wirklich guter und lesenswerter Text mit Message statt drolligem Rumgedruckse.

     

    "Warum nicht gleich so?" ;-)

  • F
    Felix

    "Diese Haltung, die Feminismus wegen des „-ismus“ ablehnt, ist argumentativ billig und kristinaschröderesk: jeder Ismus ein Extremismus."

     

    Es ist eher argumentativ billig einen -ismus, so vermogeln zu wollen. Genaugenommen einen Sexismus. Wie lange will man (frau) damit noch quälen? Als endlich diese Frauen sind die besseren ...

    Artikel aufhörten, habe ich Hoffnung geschöpft.

    Leider habe ich mich zu früh gefreut, der Sadismus mancher Frauen nimmt kein Ende.

     

    Selbst die harmlose Kristina Schröder, die hier mit eingebaut wurde, war dieser Politik: Von Frauen, für Frauen, mit Frauen... zuviel und musste deshalb weggemobbt werden. (Worüber sich die Autorin hier freut)

     

    Im übrigen ist der neue Feminismus unter der Führung altbewährten Generalissima Oma Alice, auch soviel schöner als der alte Feminismus, in dem es ja immer nur um die Interessen von Frauen ging.

     

    Jetzt endlich geht es um alle Menschen, wenn diese Frauen sind.

  • N
    Nina

    Großartig! Ein ganz großes Kompliment an die Schreiberin und Durchblickerin. Hab ich mich gefreut, hab ich genickt & hab ich gelacht!

  • K
    karmen

    Warum so hysterisch?

     

    So viel Aufgeregtheit, um zu umplaudern, dass negative Ismen-Konnotationen ihre Gründe haben in einer Gemeinsamkeit bisher aller Ideologien: Dogmatismus. (Feminismus macht da leider keine Ausnahme und Ihre Herabwürdigung Andersdenkender schon gar nicht.) Auch wenn nicht jedes auf -ismus endende Wort eine Ideologie benennt - so viel Abstraktionsvermögen oder -wille darf schon sein.

     

    Sie haben außerdem den Kommunismus vergessen. Auch dass man den positiv besetzen kann, macht Feminismus (vor allem Ihrer Tonart) nicht besser.

  • D
    DieReinhardt

    Sehr schöner Kommentar zu den Kommentaren. Macht einen richtig froh. Wie sagte angeblich dieser Papst Gregor oder von Aquin: "Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht".

    Ihr Kommentar ist richtig schön zornig und ausdruckstark. Danke dafür.

  • RB
    Rainer B.

    Gut gebrüllt, Löwe! Richtig schön feminesk.

  • V
    vic

    "kristinaschröderesk"

    Was für eine schöne Wortkreation...

  • W
    Waldfee

    Feminismus wird nicht besser, werte Frau Stokowski, wenn man nur lauter brüllt ;-) Liebe taz-Redaktion, wie lange wollt Ihr denn noch den Leserinnen und Lesern journalistische Tiefschläge dieser Art zumuten? Es ist wirklich nicht mehr zu fassen...

  • J
    Jane

    Geil! Publikumsbeschimpfung!

  • G
    Gregorzc

    Für 'ne taz-Kolumnistin gar nicht mal so schlecht.

     

    "...es ist gemütlich in dieser beigefarbenen, lauwarmen Gleichgültigkeit, in der sie sagen, es ginge „um den Menschen“, also eigentlich nur um sie selbst. Diese ekelhafte Mitte, in der alles so bleiben soll, wie es immer schon war..."

     

    Frau Stokowski Sie müssen mal raus. Immer nur von den taz-Kollegen schreiben...? Da wird man doch depressiv.

  • S
    Sonstwer

    Geiler Kommentar!!

  • J
    jkr1979

    Nur einen bescheidenes "Vielen Dank".

     

    Manchmal kommt eine Kolumne einfach zur richtigen Zeit. Das ist dann ein wenig wie Fensterputzen, nichts neues aber trotzdem immer für einen Lichtblick gut.

     

    Der passende Anglizismus zum Thema ist "Just World Theory". Also die stillschweigende Logik hinter der pauschalen Ideologieskepsis, dass alle Abweichungen gleich schlecht sind, weil ohne sie alles seinen rechten Gang gehen würde. In einer gerechten Welt würde das wohl stimmen, wären aber auch die Vorbehalte gegen Abweichungen müßig.

     

    In diesem Sinne – Ideologie als Wohnen in (stillschweigenden) Denkmustern - ist eine pauschale Ideologieskepsis nicht nur bequem, sondern Ideologie in Reinform.

  • H
    Hannah

    Super Kolumne, nicht nur habe ich mich köstlich amüsiert, nein, ich hatte das Gefühl, das etwas, das mit sehr lange auf der Zunge lag, endlich ausgesprochen wird. Zu viele setzen sich mit einer Sache gar nicht auseinander, bevor sie sie disqualifizieren. Ich bin mir darüber hinaus sicher, dass jene KommentatorInnen den meisten feministischen Ansätzen zustimmen würden, wären sie eben nicht feministisch, sondern würden wir sie, naja, z.B. konservativ nennen. Damit zukünftig auch jemand zuhört, sage ich deshalb von nun an nicht mehr: Du musst wissen, ich bin Feministin und insofern denke ich "xyz", sondern ich werde sagen: Du musst wissen, ich wähle die CDU, insofern denke ich "xyz". Und schwups - alle nicken und stimmen zu.

  • W
    Waldfee

    Feminismus wird nicht besser, werte Frau Stokowski, wenn man nur lauter brüllt ;-) Liebe taz-Redaktion, wie lange wollt Ihr denn noch den Leserinnen und Lesern journalistische Tiefschläge dieser Art zumuten? Es ist wirklich nicht mehr zu fassen...

  • MD
    Michael Dietz

    Schöner Artikel! Er zeigt: nicht jede ernsthafte Kritik muss so traurig und jammernd daherkommen, sondern durchaus lustvoll. Gegen den aktuellen Feminismus sein hat für mich auch was damit zu tun, eine Menge an erfreulicher Weiterentwicklung verschlafen zu haben. Was mir noch fehlt im Artikel, sind ein paar aufrechte Binnen-Is. Hei, das gäbe wieder einen Sturm in den Kommentaren!