Champions League: Real – Galatasaray: Sensation in Madrid
Überraschung im Bernabéu-Stadion: Der Außenseiter Real Madrid schlägt Galatasaray. Und auch noch ziemlich klar. Schon wieder kein Autokorso.
Die Startbedingungen: Real Madrid ist spanischer Rekordmeister, Galatasaray nur türkischer. Real hat neunmal die Champions League bzw. deren Vorgängerwettbewerb gewonnen, Galatasaray nur einmal den Uefa-Pokal. In der Uefa-Rangliste steht Madrid auf Platz 3, Galatasaray nur auf Platz 44. Und im Achtelfinale hat Real, wenngleich mit etwas Glück, Manchester United bezwungen, Galatasaray, wenngleich mit etwas Glück, nur Schalke 04.
Aber: Bei Real steht nur ein Türke auf dem Platz, bei Galatasaray gleich ein ganzer Bus voll. Die Statistik spricht also eindeutig für Galatasaray. Dazu passt das Understatement von Trainer Fatih Terim: „Wenn ich der Trainer einer der anderen sieben Mannschaften wäre, hätte ich mir auch gewünscht, gegen Galatasaray gelost zu werden.“ Die Anne (Türkisch für „die Ayse“) hat die Fahne gewaschen und gebügelt, die Hupen sind geölt, die Gebete verrichtet, die Gasknarren geladen. Es kann losgehen.
Das Spiel: Real überlässt in der ersten Halbzeit Galatasaray viel Raum, den die Gäste, gar nicht dumm, fröhlich nutzen. Es ist ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Real geht kontrolliert vor, mit einem glänzend aufgelegten Karim Benzema auf der rechten Seite, einem wie immer aufgelegten Cristiano Ronaldo über links und dem sehr effektiven Zentrum mit Mesut Özil und Xabi Alonso. Allerdings bleibt das Gefühl, dass sie nicht alles geben. Bei Galatsaray zeigen sich immer wieder Schwächen in den Ballannahmen und im defensiven Stellungsspiel, aber nach vorne halten sie gut mit.
Felipe Melo, Hamit Altintop und immer wieder Didier Drogba haben immer wieder ausgezeichnete Gelegenheiten, die Mannschaft stürmt munter drauflos. Vielleicht zu munter. In der 9. Minute erobert Özil in der eigenen Hälfte den Ball, spielt einen Zuckerpass quer durch die gesamte gegnerische Hälfte auf Ronaldo, der den Ball cool über Torwart Fernando Muslera lupft.
Der entscheidende Moment: Ein Elfmeter, den es nicht gibt. 27. Minute, Kapitän Selcuk Inan tritt einen Eckball für Galatasaray. Real hat Schwierigkeiten, den Ball unter Kontrolle zu bringen, bis Michael Essien und Sami Khedira eine Idee kommt: Sie klemmen den Ball auf Hüfthöhe zwischen sich ein, und weil das keine ganz leichte Übung ist, helfen sie mit der Hand nach. Zwei Minuten später flankt Essien von der rechten Seite ungehindert auf links. Dort steht Benzema. Semih Kaya und Emmanuel Eboué stehen zwar ungefähr auch da, aber eben nur ungefähr. 2:0.
Danach geht das Spiel zwar genauso weiter, aber Real lässt sich die Führung nicht mehr nehmen. Die zweite Halbzeit ist ähnlich, nur langweiliger. Bis der Moment kommt, an dem Real nicht mehr will und Galatasaray nicht mehr kann.
Der Spieler des Spiels: Xabi Alonso. Im Mittelfeld gewohnt souverän. Und in der 73. Minute flankt er einen Freistoß aus dem Mittelfeld hoch auf den eingewechselten Gonzalo Higuain, der mitten vor dem Tor allen Platz der Welt hat, um ins Tor einzuköpfen. Ein Genie-Vollbart ist gut, eine Genie-Vollbart, der geniale Flanken schlägt, noch besser, nicht wahr, Herr Pirlo?
Die Pfeife des Spiels: Sind zwei Pfeifen: Der norwegische Schiedsrichter Svein Oddvar Moen. Der Mann pfeift so eigenwillig wie sein Name grantlig ist. Auf die Handsituation, über die man vielleicht geteilter Meinung sein kann, folgt in der 78. Minute eine eindeutige Fehlentscheidung: Sergio Ramos steigt in der eigenen Hälfte Stürmer Burak Yilmaz auf den Fuß. Doch anstatt eines Elfmeters gibt es Gelb für Burak, der deswegen im nächsten Spiel gesperrt ist. Aus Gründen der Gerechtigkeit bekommt Ramos in der letzten Minuten ebenfalls Gelb, auch er wird in Istanbul fehlen.
Die andere Pfeife ist Fatih Terim. Auswärts gegen Madrid mit zwei Stürmern, Drogba und Burak, aufzulaufen, ist vielleicht cool, aber weniger klug. Nach einem Rückstand von 0:2 einen offensiven Mann wie Wesley Sneijder gegen einen Abwehrspieler auszuwechseln, noch weniger klug. Und ganz und gar unklug: den offensichtlich hundemüden Drogba bis zum Ende im Spiel zu belassen.
Die Schlussfolgerung: Mit dieser Abwehrleistung wird auch der Favorit im Rückspiel Probleme bekommen.
Und sonst? Der Autokorso fällt schon wieder aus. Oder ist vertagt. Denn was ist schon ein 0:3, wenn man in einem Stadion voller Türken spielt?
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