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Nazi-Aussteigerprogramm ExitEine Rettung ist noch möglich

Das Nazi-Aussteigerprogramm Exit ist vom finanziellen Aus bedroht. Obwohl es nur um Peanuts geht, will noch kein Ministerium Verantwortung übernehmen.

Nazis bei Nacht: Demo im März 2013 in Chemnitz Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist kein gutes Timing. Am Tag, an dem sich das Bundeskabinett offiziell gegen einen eigenen Antrag auf ein NPD-Verbotsverfahren ausspricht, ist die dauerhafte Finanzierung des Nazi-Aussteigerprogramms Exit noch immer nicht gesichert. Dabei stellte das Kabinett ausdrücklich fest, dass die Bekämpfung von Rechtsextremismus eine „politische und gesellschaftliche Daueraufgabe“ sei.

Es könnte also der Eindruck entstehen, dass bei Schwarz-Gelb Theorie und Praxis beim Kampf gegen Rechts weit auseinanderklaffen. Also bemühten sich die Regierung am Mittwoch um Schadensbegrenzung. „Es wird derzeit eine Übergangsregelung für Exit diskutiert“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte recht vage, man müsse eine Lösung finden.

Beide betonen, dass es ja neben Exit noch zahlreiche andere Projekte im Kampf gegen Rechts gebe, die der Bund unterstützt. Eine Auflistung können sie jedoch nicht vorlegen. Friedrich betont, dass im Übrigen auch Länder und Gesellschaft gefordert wären.

Dass Exit seit zehn Jahren erfolgreich arbeitet, bestreitet niemand. Trotzdem droht das Aus. Noch am Mittwochabend soll es jetzt aber Gespräche zwischen dem Familienministerium und Exit geben, um über eine Förderung zu verhandeln. „Wir arbeiten an einer Lösung“, twitterte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) am Nachmittag.

Online-Petition

Als Reaktion auf das drohende Aus für Exit gibt es seit vier Tagen eine //www.change.org/de/Petitionen/aussteigerprogramm-exit-f%C3%BCr-rechtsextreme-weiterf%C3%BChren:Online-Petition. Darin wird Bundesinnenminister Friedrich aufgefordert, das Aussteigerprogramm finanziell zu unterstützen. Bisher haben mehr als 4.000 Menschen die Petition unterzeichnet.

So einfach scheint die aber nicht zu sein. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der taz: „Exit müsste sich auch bewegen, einen Antrag auf Förderung gewissermaßen für ein neues Projekt stellen.“ Dazu sei nach seiner Aussage Exit-Geschäftsführer Bernd Wagner derzeit nicht bereit. Das Bundesfamilienministerium wollte all das nicht bestätigten.

Geld vom Bundesjustizministerium

Das FDP-geführte Bundesjustizministerium ist bereits Anfang März aktiv geworden und hat Exit erstmals mit 30.000 Euro unterstützt. Das sei zwar „ein Tropfen auf den heißen Stein“, so ein Sprecher, aber mehr sei im Etat des Ministeriums nicht drin.

Bisher fördert das Bundesarbeitsministerium das Programm für Naziaussteiger über ein Xenox-Sonderprogramm. Im Jahr lebt Exit von rund 160.000 Euro. Viel Geld ist das nicht. Das Bundesarbeitsministerium erklärte, dass es sich bei der Förderung ohnehin nur um eine Anschubfinanzierung handelte. Eine dauerhafte Projektförderung sei gar nicht vorgesehen, so ein Sprecher. „Es ist gewünscht, dass sich immer neue Initiativen bewerben und eine gewisse Konkurrenz entsteht“, sagte er am Mittwoch. Dass Exit erfolgreich und etabliert, sei bestritt er nicht.

Die Situation ist ernst

Wegen fehlender Fördergelder hatte Exit vergangene Woche erklärt, dass die Arbeit zum 1. Mai weitgehend eingestellt werden müsse. Die Situation sei ernst, sagte der Exit-Geschäftsführer kürzlich der taz. Noch in dieser Woche müsse er die Kündigungen an seine Mitarbeiter rausschicken.

In den vergangenen zehn Jahren konnte die Ausstiegshilfe aus Berlin in ganz Deutschland über 480 Menschen helfen, die rechtsradikale Szene zu verlassen. Mit seinen finanziellen Problemen steht Exit nicht allein da. Auch andere Anti-Rechts-Initiativen kämpfen um ihr Überleben. Meist müssen sie sich von einer zur nächsten Förderung hangeln, selten gibt es eine dauerhafte Lösung.

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14 Kommentare

 / 
  • A
    anke

    "Anschubfinanzierung" hört sich nicht nur an wie Existenzgründungszuschuss, es ist auch so gemeint. Der Unterschied zwischen Staat und Markt scheint einigen Leuten in dieser Regierung (nicht anders als in der Opposition) noch immer vollkommen unklar zu sein. Vor vierzig, fünfzig Jahren hätte sich vielleicht noch jemand gefunden, der den Herrschaften hätte erklären können, was ein Antagonismus ist. Heute scheint der Begriff auf irgend einem Index zu stehen. Vermutlich, weil man Gefahr läuft, sich die Hände dreckig zu machen daran. Und haben denn diese hoch bezahlten Polit-Berater nicht auch herausgefunden, dass der Wähler als solcher "volki" heißt und umstandslos jeden abwählt, der sein neidfundiertes Bauchgegrummel nicht beschwichtigen mag? Danke, BILD, für seine Meinung!

     

    Ich denke, unsere Minister sehen die Sache einfach mal wieder wirtschaftsfördernd. Sie haben beobachtet, wie viel Geld in Umlauf gebracht wird, wenn auch nur drei Nazis nicht rechtzeitig aussteigen aus der Szene. Wer 160.000 Euro pro Jahr einspart, der schiebt damit womöglich Milliarden Euro "Rendite" an. Jeder Nazi-Mord, der erst nach Jahren aufgedeckt wird, sichert ein paar hundert Beamten, Juristen, Journalisten, Publizisten und sonstigen Schadensbeschreibern, -begrenzern und -beseitigern über Jahre hinweg ihr Auskommen. Sie alle zahlen Steuern. Und Sozialabgaben. Das "Unternehmen" Bundesregierung wäre also schön bild... – äh: blöd, würde es das Phänomen Neofaschismus ernsthaft bekämpfen. So lange sich der Schaden mit ein paar einzelnen Türken in Grenzen hält, und Wähler volki ungeschoren davon kommt, tut man als Minister wohl einfach gut daran, sich wegzuducken, wenn wieder mal jemand mit dem Finger auf einen zeigt und fragt: "Könntest du nicht...?"

  • M
    Montherlant

    Zu peter pa:

     

    "Wie soll es sich denn finanzieren, ausser durch staatliche Zuschüsse?"

     

    Naja, durch Spenden z.B., durch Geldakquirierung bei Leuten, die solche Projekte für sinnvoll halten. Dann wäre auch tatsächlich einmal ein Bild davon vorhanden, ob die Steuerzahler, also die, die diese Projekte von ihrem hart erarbeiteten Geld finanzieren, es überhaupt für notwendig erachten, derart viele und aufwändig subventionierte Initiativen zu erhalten. Es geht ja anscheinend auch über Spenden, siehe die hier vor kurzem beworbene Seite "rechtesland.de".

     

    Selbstverständlich muß sich so etwas auf lange Sicht selber tragen und nicht dauerhaft staatliche Subventionen kassieren.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Absolute Realsatire. In zehn Jahren hat "Exit" also 480 Personen geholfen? Das sind bei 52 Wochen im Jahr und 10 Jahren schlappe 0,9 Anfragen / Woche!

     

    Und dafür verschleudert der Staat 160.000 € jedes Jahr? Wer sich an "Exit" wendet, dürfte doch ohnehin "ausstiegswillig" sein. Wobei ich mich frage, was dieser ominöse Verein dann ünberhaupt unternimmt. Gegenüber der NPD den Parteiaustritt entfenren?

     

    Was für eine dolle Leistung. In diesem Staat kann scheibar jeder Depp zehn Jahre alimentiert werden, wenn es ja nur "gegen Rechts" geht.

  • J
    Jörg

    @Peter Schwanen Muss ein Aussteiger aus der linken Szene um sein Leben fürchten? Der wendet sich halt ab und jut is. Wer aus der Naziszene aussteigt gilt als Verräter und muss abtauchen, wenn er das überleben will. Ist natürlich nicht einfach. Lesen Sie das Buch von Ingo Hasselbach.

    Und übrigens es gibt ein Aussteigerprogramm für Linksextreme beim BfV. Kann sich dem Ansturm kaum erwehren (ROFL). Erst informieren, dann schmieren.

    Sie vergleichen doch Äpfel mit Birnen. Kann diesen Blödsinn nicht mehr hören.

    @volki

    Denken ist nicht Ihre Stärke, oder?

  • UZ
    und zu

    @Peter Schwanen:

     

    Wozu sollte es so etwas geben? Es gibt ja auch kein Aussteigerprogramm für Katholiken.

     

    In der Naziszene (und den sogenannten "Sekten" und anderen) braucht es Aussteigerprogramme, weil Menschen, die dort hineingeraten, keine Kontakte mehr nach außen haben, sondern sich vollständig in ihrer totalitären Gesellschaft bewegen. Jeder der hinaus will, wird eingeschüchtert oder körperlich angegriffen, Exit sorgt daher vor allem dafür, die Ex-Nazis vor Verfolgung durch die alten Kameraden zu schützen.

     

    All das gibt es in der "linksextremen" Szene nicht. Wer nicht mehr mitmachen will, dem wird allenfalls Verrat an seinen alten Idealen vorgeworfen, hat aber keinerlei Konsequenzen zu fürchten. Auch Kontakte nach "außerhalb" stören keinen. Wer nur sagen muss: "Nö, ich hab keinen Bock mehr.", braucht dazu kein aufgeblasenes Programm.

     

    Aber vielleicht sind Sie zu verbohrt, um diese Unterschiede wahrzunehmen, schon weil Ihnen daran liegt, "Rechtsextreme" und "Linksextreme" gleichzusetzen, als zögen "Linksextreme" durch die Straßen, um alles Fremde zusammenzuschlagen.

  • V
    volki

    Dann müssen sich die Leute mal wieder eine richtige Arbeit suchen....

     

    lebenslanges Ausruhen in der Sozialpädagogen Industrie gibt es nun mal nicht.......

  • PS
    Peter Schwanen

    Was ist eigentlich mit einem Aussteigerprogramm für Linksextreme? Gibt es das auch? Wenn nein, warum setzt sich die TAZ nicht auch hierfür ein? Doppelmoral? Heuchelei? Bitte um Aufklärung!

  • L
    lowandorder

    mailmotten - oder was? 2.0

     

    Boshaft - könnte man allen NPD-Verbotlern vorhalten:

    da - schaut hin - um's Verbieten geht's, nicht um's Trockenlegen!.

     

    Darin zeigt sich letztlich - so oder so - eine antidemokratische Haltung.

    Und wenn sich mal Bewegungen bilden, die in einer ganz anderen Richtung

    operieren? - z.B. Hartz-IV-Verbrechen, Leiharbeit, permanenten Lohnverzicht,

    Rentenklau etc nicht mehr hinnehmen und menschenwürdige Lebensverhältnisse für alle

    einfordern!? und zwar aktiv? sich nicht nur Empören -

    Nein - sich auch erheben!?

     

    Dann, ja dann - ist die Schwelle zum Verbot schon geschliffen!

    Das - genau, das hätten die Aktien-Couponschneider und ihre

    politischen Hilfsbüttel nämlich gern.

     

    Mögen wir anderen genau diese asoziale Todesruhe 2.0 verhindern.

    Zeit ist es dafür allemal. Oder wieviel Bankenpleiten etc

    soll die Mehrheit noch bezahlen?

  • PP
    peter pa

    "Im Jahr lebt Exit von rund 160.000 Euro. Viel Geld ist das nicht. Das Bundesarbeitsministerium erklärte, dass es sich bei der Förderung ohnehin nur um eine Anschubfinanzierung handelte. Eine dauerhafte Projektförderung sei gar nicht vorgesehen, so ein Sprecher. „Es ist gewünscht, dass sich immer neue Initiativen bewerben und eine gewisse Konkurrenz entsteht“, sagte er am Mittwoch."

     

    Wieso braucht so ein Projekt nur eine "Anschubfinanzierung"? Wie soll es sich denn finanzieren, ausser durch staatliche Zuschüsse? Selbst Gewinn erwirtschaften? Den Rechtsextremen, denen zum Ausstieg verholfen wird, dafür eine Rechnung schreiben? Natürlich ist es immer schön, wenn jemand spendet, aber da Spenden unplanbar sind, kann man darauf ja kein größeres Projekt gründen.

    Konkurrenz soll da auch entstehen, ich glaube, da muss jemand alles um-Teufel-komm-raus durch eine marktwirtschaftliche Brille sehen.

    Manchmal mag das ja funktionieren und sinnvoll sein, aber nicht, wenn die Klientel ( die Rechtsextremen) für die Leistung kein Geld bezahlt.

    Ist ja das Gleiche mit Vereinen, die mit Alkoholikern/ Drogenabhängigen/ Armen generell arbeiten. Die brauchen Unterstützung vom Staat. Sie machen halt keinen Gewinn sondern bringen nur sozialen Frieden und Lebensqualität für die Betroffenen.

  • C
    Celsus

    Wenn die Budnesregierung gefragt wird, was sie gegen Nazis unternommen habe, kann sie nur sagen, dass sie die Mittel für EXIT gestrichen habe. Das verkauft sie dann wie Politiker doch so geschickte Volksmanipulierer sind, als Anschubfinanzierung.

     

    Aber was bitte schön, will sich da die Bundesarbeitsministerin so blauäugig an Riesenspenden für den Verein versprochen haben? Was haben die im Kampf gegen mordlustige Rechtsextreme noch zu bieten, als dass unter Druck der NSU-Morde dem Anschein nach nur widerwillig Mittel für den Verein EXIT verlängert wurden?

  • S
    snafu

    Dieser Mist mit der projekt-bezogenen Förderung gehört abgeschafft! Wie soll man denn vernünftig arbeiten, wenn man sich alle zwei Jahre was neues aus den Fingern saugen muss?!

     

    Und was zum Teufel soll hier eine "Anschubfinanzierung" sein??? Das hört sich an, wie ein Existenzgründerzuschuss.... nur, dasssich Initiativen nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, und somit auch nicht in Aussicht steht, dass sie irgendwann wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen - sie agieren ja schließlich nicht auf dem (Wirtschafts-)Markt. Dementsprechend frage ich mich hier auch, wozu denn die gewünschte "Konkurrenz" gut sein soll?

     

    Man sollte das Finanzierungskonzept wohl mal generalüberholen!!! So´n Bullshit.

  • L
    lowandorder

    Boshaft - könnte man allen NPD-Verbotlern vorhalten:

    da - schaut hin - um's Verbieten geht's, nicht um's Trockenlegen!.

     

    Darin zeigt sich letztlich - so oder so - eine antidemokratische Haltung.

    Und wenn sich mal Bewegungen bilden, die in einer ganz anderen Richtung

    operieren? - z.B. Hartz-IV-Verbrechen, Leiharbeit, permanenten Lohnverzicht,

    Rentenklau etc nicht mehr hinnehmen und menschenwürdige Lebensverhältnisse für alle

    einfordern!? und zwar aktiv? sich nicht nur Empören -

    Nein - sich auch erheben!?

     

    Dann, ja dann - ist die Schwelle zum Verbot schon geschliffen!

    Das - genau, das hätten die Aktien-Couponschneider und ihre

    politischen Hilfsbüttel nämlich gern.

     

    Mögen wir anderen genau diese asoziale Todesruhe 2.0 verhindern.

    Zeit ist es dafür allemal. Oder wieviel Bankenpleiten etc

    soll die Mehrheit noch bezahlen?

  • UZ
    und zu

    Pah, immer diese Almosenparasiten!

     

    Auch ein Aussteigerprogramm muss finanziell tragfähig sein, zum Beispiel indem erfolgreich aus der Szene beförderte Menschen an Menschenhändler (zum Beispiel aus der deutschen Rockerszene) verkauft werden oder eigenverantworlich ins Baugewerbe bzw. an den Straßenstrich geschickt werden.

    Die freie Marktwirtschaft fordert, dass jeder seinen Beitrag leistet! Leistungsloser Wohlstand für professionelle Gutmenschen, so weit kommt's noch!

     

    *Geräusche eines Kopfes, der mehrfach auf eine Tischplatte knallt*

  • M
    Martin

    Das Projekt halte ich für überaus wichtig. Sollte es zu keiner positiven Entscheidung seitens eines Ministeriums geben, sollte auch eine Crowdfundig Variante überlegt werden, damit eine Weiterführung des Projektes im Notfall gewährleistet werden kann.