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Datenbrille von Google„Glass“ für manche zu krass

Googles Datenbrille ist noch nicht fertig entwickelt und wirft schon Datenschutz-Sorgen auf. Schließlich kann man damit unauffällig filmen und fotografieren.

Hübsch ist Google Glass ja. Aber auch gefährlich? Bild: dpa

BERLIN/NEW YORK dpa | Die Google-Datenbrillegibt es noch nicht – doch im „The 5 Point Café“ in Seattle ist sie bereits verboten. Das Lokal, in dem man rund um die Uhr ein warmes Frühstück oder einen großen Burger bekommt, verkündete auf seiner Facebook-Seite vorausschauend, dass Gäste mit Mini-Computer auf der Nase ausdrücklich nicht willkommen seien.

Das Versprechen, Regelverletzern in den Hintern zu treten, machte das kleine Restaurant auf einen Schlag weltberühmt. Dabei könnte die erste Gelegenheit, das Verbot anzuwenden, noch weit entfernt sein. Der Internetkonzern Google ist gerade erst dabei, erste Exemplare seiner Datenbrille „Google Glass“ unter Testnutzern zu verteilen. Die Auserwählten müssen dafür 1.500 Dollar bezahlen.

Hinter der PR-Aktion der „5 Point“-Betreiber steckt auch ein ernsthaftes Problem. Auf die Gesellschaft kommen mit Geräten wie Googles Brille neue Datenschutz-Fragen zu. Schon jetzt kann man dank weit verbreiteter Smartphones und Kamera-Handys überall auf einem Foto oder Video und damit binnen Sekunden im Internet landen. Neue tragbare Kamera-Computer wie Google Glass könnten dieses Phänomen noch verstärken.

„Wenn ich ein Foto mit meinem Telefon aufnehme, wird die Person im Bild es wahrscheinlich merken“, umreißt Analystin Carolina Milanesi vom US-Marktforschungsinstitut Gartner den Unterschied im Guardian. Mit Google Glass hingegen könne das ganz unauffällig geschehen.

Horror-Vorstellung von Datenschützern

In ersten Vorstellungen zeigte Google, wie Träger der Datenbrille per Sprachsteuerung ein Bild mit der eingebauten Kamera knipsen. Letztlich könnte damit die Horror-Vorstellung von Datenschützern, dass jeder Mensch Bilder von Fremden auf der Straße durch eine Bilderkennungssoftware jagen kann, einen Schritt näher rücken.

Die Brille, an der Google schon seit Jahren arbeitet, ist ein Lieblingsprojekt des Mitgründers Sergey Brin. Ein kleiner Bildschirm vor dem rechten Auge soll Informationen aus dem Netz wie Routenanweisungen oder Antworten auf Suchanfragen anzeigen. Das Gerät soll sich nahtlos ins Leben der Träger einfügen – theoretisch zumindest, denn Erlebnisse aus dem Alltag sind noch rar.

Dank neuer technischer Möglichkeiten für immer kleinere Computerteile wird Googles Datenbrille nur ein Vorläufer einer ganzen Generation winziger Geräte sein. So sammelt das schwedische Start-up Memoto gerade Geld für eine ansteckbare Mini-Kamera, die alle 30 Sekunden ein Foto schießen und damit das Leben ihrer Nutzer in Bildern festhalten soll. Auch in Deutschland hat die Debatte um Google Glass und „Wearable Computing“ längst begonnen.

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4 Kommentare

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  • M
    MattF

    Sehe ich wie me.toString.

     

    Das gibt es alles längst. Es gibt Kamerabrillen, es gibt Helmbrillen, es gibt Autofahrer die jede Fahrt mitfilmen, usw usw..

     

    Neu an der Google Brille ist lediglich der direkt Anschluss ans Netz.

     

    Zu glauben man könne das verbieten oder zurück drehen ist naiv.

     

    Deshalb brauchen wir natürlich auch einen ganz neuen Ansatz für den Datenschutz.

     

    Und es sollte einem auch klar sein, das müsste ja alles irgendwer auswerten. Wenn ich am Sexshop vorbeilaufe und gefilmt werden (was für mich jetzt irgendwie eh kein Problem wäre, selbst wenn ich da rauskomme, es ist doch nicht verboten in den Sexshop zu gehen und meine Frau freut sich vielleicht auf die Mitbringsel) je mehr Milliarden Videos im Web stehen desto unwahrscheinlicher ist es ja auch, dass irgendwer mir bekanntes das sieht.

     

    Problematisch wöre hier in der Tat die Facebook Gesichtserkennung die das Video dann ohme mein Wissen und ohne meine Kenntnis automatisch mit meinem Profil verknüpft.

  • P
    Patrick

    Ja, so sieht die Zukunft aus: GESTAPO, Stasi und Co. adee; bald gibt's den Überwachungsstaat zum selber Machen - und alle finden's auch noch klasse.

    Nur dass es nicht mehr der Staat sein wird, der alles über unser Leben wissen will, sondern Google, Facebook und Konsorten.

     

    @Meine Vorredner:

    Ich sage euch, wo das Problem liegt: Eure Daten liegen schlicht nicht mehr in eurer Hand und jeder kann, wenn's richtig krass wird, Informationen über euch verbreiten, die ihr lieber geheim gehalten hättet, einfach indem er euch nur ansieht!

     

    Auch gefährliche Gerüchte und Falschassoziationen landen in Sekundenschnelle im Internet. Stellt euch nur mal vor, ihr lauft eine Straße entlang, an der sich zufällig auch ein Sex-Shop o.ä. befindet (gibt's ja heute überall) - und gerade dann läuft jemand mit Google-Brille euch über'n Weg der - einfach weil er's kann oder toll findet - das Ding auch ständig an hat. Der Weg zu Facebook ist nicht weit...

     

    Außerdem sollte man bedenken, wie lange es wohl so bleiben wird, dass die eingebaute Kamera nur auf Kommando aufnimmt - und wie wollt ihr das überhaupt feststellen? Wo viele Daten sind, sind auch Begehrlichkeiten; glaubt ihr, Unternehmen wie die oben genannten lassen es sich entgehen, euer ganzes Leben aus erster Hand mitzuschneiden, wenn sie es können? Und so erwischen sie sogar Menschen, die gar nicht zu ihren Nutzern gehören und es vielleicht sogar explizit nicht sein wollen!

     

    Müssen wir demnächst dann alle einen Anstecker tragen, der signalisiert, dass wir nicht gefilmt werden wollen? Und wird man dadurch stigmatisiert oder beachtet man ihn überhaupt?

     

    Selbst wenn es diese Brillen-Kameras bereits gibt oder "ein Journalist das auch gemacht" hat. Als Massen-Phänomen und jederzeit verfügbar, wird es mehr als gefährlich. Auch wenn der Komfort und die Möglichkeiten zugegeben sehr verlockend sind.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Wo ist das Problem? Ein Journalist hat doch auch angeblich hunderte von Konzerten besucht und dabei hemmungslos Videos gedreht.

     

    Das kann also so verwerflich nicht sein, liebe taz.

  • M
    me.toString

    Was machen die denn für ein riesen Aufriss, wegen der Kamerafunktion in der Brille? Das gibt es doch schon lange (einfach mal nach "Kamera in Brille" suchen) ... die sehen zwar nicht so stylisch aus wie die Brille von Google, aber haben aus datenschutztechnischen Gründen das gleiche Problem.

    Bis jetzt war das allen egal ... aber nun macht es Google und alle schreien auf ... *kopfschüttel*