Mehr Läden, mehr Tierliebe: Biofleisch ist der Renner
Die Konsumenten in Deutschland geben 2012 erstmals mehr als 7 Milliarden Euro für Ökolebensmittel aus. Vor allem Fleisch von glücklichen Tieren boomt.
NÜRNBERG taz | Die Verbraucher kauften im Jahr 2012 für 7,04 Milliarden Euro Bioprodukte ein – sechs Prozent mehr als 2011. Das lag vor allem am Boom beim Biorotfleisch, also von Rind, Schwein, Schaf oder Ziege.
Für diese Produkte zahlten die Deutschen in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres 18 Prozent mehr. Dies teilte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Dienstag vor Beginn der Messe BioFach in Nürnberg mit. Auch Ökogeflügelfleisch wurde beliebter: in diesem Segment stiegen die Umsätze um elf Prozent. Der Zuwachs liegt laut BÖLW nicht nur am Anziehen der Preise für Ökoprodukte, sondern auch am gestiegenen Absatz insgesamt.
Tier- und Umweltschutz freuen sich über diese Zahlen, da Biobauern ihre Tiere meist besser hielten als ihre konventionelle Kollegen. Zudem dürfen sie keine chemisch-synthetischen Ackergifte und Dünger benutzen, die zum Beispiel Pflanzenarten gefährden.
Als Grund für das hohe Wachstum beim Ökofleisch nannte der BÖLW, dass sich die Verbraucher zunehmend für die Haltungsbedingungen von Tieren interessierten. Hintergrund dürften die Skandale um Verstöße gegen den Tierschutz in industriellen Massenställen sein. Eine Rolle spielt laut Branchenverband auch, dass Biofleisch immer besser verfügbar ist.
Allerdings wächst der Markt auf nach wie vor niedrigem Niveau: Der Biomarktanteil schwankt je nach Fleischart zwischen 0,5 Prozent bei Geflügel und knapp 3 Prozent bei gemischtem Hackfleisch. Der Anteil aller Ökolebensmittel am Nahrungsmittelmarkt insgesamt ist um 0,2 Prozentpunkte auf nur 3,9 Prozent gestiegen.
Geringer Zuwachs an Bio-Flächen
Langsamer als der Markt wächst die Zahl der Flächen in Deutschland, die biologisch bewirtschaftet werden. Der BÖLW schätzt, dass 2012 rund 2,7 Prozent dazu kamen, so dass jetzt etwa eine Million Hektar öko sind – 6,3 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen.
BÖLW-Vorstandsvorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein machte dafür unter anderem „die Konkurrenz um Pachtflächen“ vor allem durch stark subventionierte Biogasbauern verantwortlich. Eine Rolle habe auch gespielt, dass 2012 die Preise für konventionelle Agrarprodukte sehr hoch waren, so dass eine Umstellung auf bio weniger attraktiv wurde. „Außerdem fehlen verlässliche Aussagen zur Ökolandbauförderpolitik.“
Wachstumsprobleme hat auch die BioFach. Sie ist zwar immer noch die weltweit größte Messe für nach Ökoregeln produzierte Lebensmittel. Doch 2013 schrumpfte die Zahl der Aussteller inklusive der Stände auf der angeschlossenen Messe für Biokosmetik, Vivaness, erneut: um 1 Prozent auf 2.396. Die „Textil-Area“, in der während der vergangenen drei Jahren Biomode präsentiert wurde, hat die Messe gleich ganz eingestellt. Sie habe mit rund 50 Ausstellern weniger geboten für Textil-Einzelhändler als andere Messen wie die Innatex im Rhein-Main-Gebiet, sagte Claus Rättich von der Geschäftsleitung der NürnbergMesse der taz.
Der Rückgang der Ausstellerzahlen liegt Rättich zufolge aber auch an der Konkurrenz durch regionale Ökomessen. Zudem hätten mehrere Mittelmeerländer wegen der Wirtschaftskrise Subventionen für Messestände gestrichen.
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